"Die Weißenburger SPD zockt"

7.7.2015, 11:29 Uhr

In der jüngsten Stadtratssitzung hatte Stadtkämmerer Konrad Bender – ebenso wie in der vorberatenden Hauptausschusssitzung – die Jahresrechnung für 2014 vorgestellt. Die guten Steuereinnahmen und der nochmals sehr gute Holzverkauf hatten insgesamt einen Abführungsbetrag – das ist der Überschuss aus dem laufenden Betrieb – von 6,25 Millionen Euro an den Vermögenshaushalt ermöglicht. Aus diesem werden bekanntlich die Investitionen bestritten.

Das hatte geholfen, den prognostizierten Darlehensbetrag von über 9,8 Millionen Euro deutlich zu mindern. Neben dem Kredit für die Mittelschule in Höhe von zwei Millionen Euro musste bei der Rechnungslegung auch ein sogenannter Darlehens-Kasseneinnahmerest von 2,1 Millionen Euro eingebucht werden. Diese Summe kann rückwirkend für 2014 als Kredit  folgen. Denn einige Projekte, die mit dem Haushalt 2014 beschlossen wurden, sind noch nicht beendet.

Damit das Geld weiterhin zur Verfügung steht, wurden die Haushalts­reste gebildet und die Kreditaufnahme kommt nachträglich. Der tatsächliche Schuldenstand der Stadt beträgt aktuell rund 2,3 Millionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 129,22 Euro entspricht. Der Durchschnitt vergleichbarer Städte in Bayern liegt bei 695 Euro.

Die CSU hatte schon vor der Vorstellung der Zahlen mehrfach vor ei­ner Überschuldung gewarnt. Im März noch lehnte die Union in großer Zahl die Finanzplanung für die Jahre bis 2018 ab. Sie hätte gerne den Bau der Vierfachturnhalle um zwei Jahre verschoben, um die Großinvestitionen zu entzerren. Als dann die tatsächlichen Zahlen für 2014 bekannt wurden, hielt ihr SPD-Fraktionsvorsitzender Andre Bengel „finanzpolitische Schwarzmalerei“ vor (wir berichteten).

Das will CSU-Fraktionschef Klaus Drotziger so nicht stehen lassen und entgegnete in der jüngsten Stadtratssitzung, dass die „Fakten schwarzgemalt“ seien, nämlich in Form der Rechnungslegung sowie des Haushalts- und Finanzplans. Tatsächlich habe die Stadt mehr Einnahmen als
je zuvor, dennoch seien „die Rücklagen fast komplett aufgebraucht“.
Der Fraktionschef erinnerte dabei an die Aussage von Kämmerer Konrad Bender in der vorberatenden Hauptausschusssitzung, dass die Stadt in den vergangenen fünf Jahren 13 Mil­lionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen habe. Drotziger: „Und die Beschlüsse für weitere Ausgaben ha­ben wir schon gefasst.“

Es sei „ein ziemliches Risiko, darauf zu zocken, dass die Einnahmen künftig noch besser“ würden oder zumindest so blieben. In einem Pressegespräch im Vorfeld der Stadtratssitzung sagte der Christsoziale plakativ: „Wenn wir die Schwarzmaler sind, dann ist die SPD der Zocker.“

Von Zocken könne keine Rede sein, hielt wiederum Bengel im Stadtrat
dagegen. Er habe auch keine Kristallkugel, in der er die Zukunft sehen könne. „Aber ich schaue raus in die Gewerbegebiete und sehe, dass sich da was tut. Daher bin ich zuversichtlich“, unterstrich er. Fakt sei nun mal, dass die Verschuldung der Stadt zum Jahresende 2014 bei Weitem nicht so hoch ausgefallen sei, wie im Haushaltsplan veranschlagt.

Bernhard Amend (CSU) entgegnete, dass die Stadt inklusive des Darlehens-Kasseneinnahmerests von 2,1 Millionen Euro „schon mit knapp fünf Millionen Euro Schulden in das Jahr 2015 gegangen“ sei. Der Finanzplan für 2015 bis 2018 enthalte darüber hinaus Investitionen in Höhe von 65,3 Millionen Euro. Diesen stünden 18 Millionen Euro an Zuschüssen und geschätzte Eigenmittel in Höhe von 14,8 Millionen Euro gegenüber. Darlehen seien in Höhe von 32 Millionen Euro notwendig.

Im Pressegespräch vor der Sitzung spitzte Amend die Kritik auf OB Schröppel zu. Es werde schwer für den Oberbürgermeister, dann noch zu agieren, denn er habe keine Rücklagen mehr, mit denen er bestimmte Dinge noch finanzieren könne, und brauche für jedes neue Projekt Darlehen. Amend: „Er landet in ganz immensen Schulden.“ Sein Parteifreund Drotziger schob mit Blick auf den ganzen Stadtrat nach: „Wir hinterlassen Schulden, die unser Kinder und Enkel noch abzahlen müssen.“

Wie Amend und Drotziger sieht auch stellvertretender CSU-Fraktionschef Karl Roth die Handlungs­fähigkeit der Stadt in Gefahr – sollte die Verschuldung so kommen wie prognostiziert. „Er hat selber aber immer gesagt, dass er handeln und gestalten will“, kritisierte auch er OB Schröppel.

Dann bestünde auch die Gefahr, dass man sich Sachen, wie die Sonderlösung für Oberhochstatt beim Breitbandausbau für über 160 000 Euro, nicht mehr leisten könne. Dies habe die CSU im Übrigen nie abgelehnt, auch wenn es SPD-Fraktionschef Bengel so darstelle. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass für solche Sonderausgaben künftig kein Spielraum mehr sein könnte, sagte Drotziger.

Auch für seinen Parteikollegen Artur Auernhammer, bekanntlich selbst Oberhochstatter, stand der Breitbandausbau in dem Weißenburger Ortsteil nie zur Debatte, schließlich sollten alle Bürger Weißenburgs gleich gut versorgt werden. Allgemein aber mahnte er „mehr Vorsicht“ bei den Ausgaben an.

Die CSU-Kritik wollten aber auch Uwe Döbler und Harald Dösel nicht gelten lassen. Döbler sagte, es gebe eben, was die Schulden und Ausgaben angehe, Wellenbewegungen. Derzeit gelte es zu investieren, dafür habe man zuvor angespart. Es handle sich hier nicht um ein betriebswirtschaftliches, sondern um ein volkswirtschaftliches Thema, unterstrich Dösel. Der Sozialdemokrat: „Wenn eine Stadt immer nur betriebswirtschaftlich denkt, dann steht sie irgendwann volkswirtschaftlich schlecht da.“ Es gebe Phasen, in denen eben investiert werden müsse.

Jürgen Schröppel war bei der Dis­kussion im Stadtrat mehrfach anzumerken, dass er an sich halten musste. Letztlich ließ er sich aber nur zu einer Bemerkung hinreißen: „2020 ist die nächste Wahl. Dann werde ich den Bürgern eine Bilanz vorlegen.“

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