Durchs Leben gegaunert

22.9.2018, 07:57 Uhr
Durchs Leben gegaunert

© Claudia Hautumm/pixelio.de

Das Gericht möchte noch einen Sachverständigen hören, der sich zur angeblichen Medikamentensucht des Mittvierzigers äußern soll. Achim K. (Name geändert) hat ein gewinnendes Auftreten. Er lacht breit, ist freundlich, höflich und versprüht Charme, wenn er mit dunkler Hose, weißem Hemd und zurückgegelten Haaren im Gerichtssaal steht und sich in den Verhandlungspausen mit den Justizvollzugsbeamten unterhält, die ihn zur Verhandlung gebracht haben, oder freudig seine Angehörigen begrüßt. Es fällt nicht sonderlich schwer, sich vorzustellen, dass so mancher leichtgläubige Zeitgenosse auf dieses Bild hereingefallen ist.

Eine Treuchtlingerin beispielsweise gab ihm immer wieder Geld, weil er ihr versprach, das Geld gewinnbringend für sie anzulegen. Insgesamt kamen mehr als 50000 Euro zusammen. Der größte Brocken in der Anklageschrift. Er kaufte Autos und bezahlte sie nicht, verkaufte Wohnwagen und lieferte sie nicht und er mietete sich mal als Untermieter, mal als Campingplatznutzer ein und zahlte allenfalls eine minimale Anzahlung. Von Bekannten borgte er sich Geld, das sie nicht zurückbekamen. Einmal fälschte er Unterlagen für ein Auto, um den Eindruck zu erwecken, das Fahrzeug hätte noch TÜV. Ein anderes Mal fuhr er ohne Führerschein durch die Gegend. Das System der immer neuen Geldquellen ging ein paar Jahre mehr oder weniger gut.

Der Schaden in den 19 Fällen, die Staatsanwalt Jonas Heinzlmeier in seiner Anklageschrift aufgelistet hat, summiert sich auf etwas mehr als 100000 Euro. Einer der Punkte fällt im Zuge der Verständigung unter den Tisch – das Verfahren in diesem Punkt stellt das Gericht ein.
Doch Achim K. steht nicht das erste Mal vor Gericht. Schon mehrfach ist er in der Vergangenheit wegen Betrug, Unterschlagung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis aufgefallen und verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter Claus Körner verliest mehrere entsprechende Urteile. Die Einträge ins Bundeszentralregister werden Thema des nächsten Verhandlungstages sein. Das Verlesen wird wohl ein wenig dauern. Denn nicht zuletzt wegen seiner Vorstrafen sitzt Achim K. seit 14 Monaten in Untersuchungshaft in Nürnberg. Die Zeit wird ihm zwar auf seine Haftstrafe angerechnet werden, doch angesichts des im Raum stehenden Strafmaßes wird der Weißenburger noch einige Zeit Gast in der JVA bleiben.

Wegen familiärer Probleme sei er in eine Medikamentenabhängigkeit gerutscht. Das sei die Ursache für seine Betrügereien gewesen, lässt der An­geklagte seinen Anwalt Christoph Johannsen (Kanzlei Demin & Koll., Nürnberg/Ingolstadt) erklären. Er sei in Geldnöte geraten, weil er sich die Tabletten nicht nur vom Arzt verschreiben ließ, sondern auch anderweitig beschaffte. Zudem habe die Abhängigkeit „seine Wahrnehmungs­fähigkeit beeinträchtigt“. Auch habe er über seine Verhältnisse gelebt. Aber er bereue sein Verhalten und sei um Wiedergutmachung bemüht, versicherte Anwalt Johannsen. „Er weiß, dass er Mist gebaut hat.“

Einigung ist in Sicht

Es gebe auch schon erste Gespräche, um die betrogene Treuchtlingerin zu entschädigen, versichern Johannsen und der zweite Anwalt, Norbert Geis aus Aschaffenburg. Noch gebe es kein Ergebnis, aber beide Anwälte zeigen sich zuversichtlich, dass man sich einigen kann. Die Familie will Achim K. hierbei unterstützen. Schon im Gerichtssaal verfolgen Verwandte und Freunde den Prozessauftakt im Ansbacher Landgericht.

Viel erlebt haben sie dabei aber nicht. Denn die Verhandlung besteht zum Auftakt vor allen Dingen aus Sitzungsunterbrechungen. Immer wieder ziehen sich die Prozessbeteiligten zurück, um sich abzustimmen und zu
beraten. Spannend wird nun bei der Fortsetzung die Aussage des Sach­verständigen, der sich zur Medikamentenabhängigkeit äußern soll. Er ist als einziger von ursprünglich 24 geladenen Zeugen übrig geblieben. Das Geständnis von Achim K. hat das Verfahren erheblich beschleunigt. Denn ursprünglich waren einmal vier Verhandlungstage angesetzt. Davon bleiben zwei – die auch nicht voll ausgenutzt werden. Damit ist die gefundene Verständigung ganz im Sinne solcher Absprachen. Sie sollen Gerichtsprozesse schneller und effizienter machen.

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