Ellinger ist ein guter Hacker

29.6.2016, 10:22 Uhr

„Also ein Nerd bin ich schon“, gibt Timo Teufel zu. Der Ellinger sitzt an seinem Küchentisch, vor sich den Laptop, und erzählt von seiner Leidenschaft, dem Programmieren. Für das verzichtet er im Zweifelsfall schon mal auf den Besuch einer Party. „Also eigentlich der klassische Nerd“, wie sein Vater Marc Teufel grinsend anfügt. Auch sonst erfüllt Timo Teufel die Klischees: schlichtes, schwarzes T-Shirt, mehrere Computer im Zimmer. Einziges Manko: Die Brille fehlt.

Natürlich kommt es auch das ein oder andere Mal vor, dass er bis spät in die Nacht programmiert, wenn er sich zum Beispiel seine Computer aus Einzelteilen zusammenbaut. Nebenbei spielt der Jugendliche in einer Faschingsband in Wendelstein und engagiert sich beim UFC Ellingen. Seine Lieblingsfächer in der Fachoberschule Weißenburg sind – wie sollte es anders sein? – Informatik und Physik. Nach der FOS möchte er Informatik mit Schwerpunkt Software studieren – ganz wie sein Vater.

Experte für Windows-Apps

Vor Kurzem hat der Jugendliche mit dem Gruppenprojekt „Better Traffic“ den ersten Platz beim Wettbewerb Jugend hackt in der Kategorie „Aha-Moment“ belegt. Trotzdem gibt er sich bescheiden: „Von den Fähigkeiten her kann ich schon einiges, aber es gibt noch viel zu lernen und weitaus bessere Leute.“ Aufgrund des breiten Feldes der Informatik muss man sich allerdings in irgendeiner Weise spezialisieren. Bei Android-Apps kennt sich Teufel beispielsweise überhaupt nicht aus, dafür ist er ein Experte für Windows-Apps für Computer. Da dieses Gebiet bei Jugend hackt jedoch kein Thema war, musste er sich etwas umstellen und sich für das Gruppenprojekt die Programmiersprache Python aneignen.

Aber von vorne: Als Timo Teufel mit seinem Vater die Linux-Tage in Chemnitz besucht, stößt er zufällig auf die Vertreter von Jugend hackt, deren Vortrag ihn sofort anspricht. Bereits drei Tage nach seiner Anmeldung bekommt er den Bescheid, dass er am Wettbewerb teilnehmen darf. Man muss hier von „dürfen“ sprechen, da es jedes Jahr mehr Bewerbungen als Plätze gibt. Ein spezielles Auswahlverfahren verfolgt die Organisation nicht, laut Teufel habe man jedoch darauf geachtet, die Plätze möglichst ausgeglichen an die Regionen zu verteilen.

Anfang Juni war es dann soweit: Teufel macht sich auf den Weg nach Ulm, wo Jugend hackt Süd an der Universität stattfindet. Von Beginn an fühlt sich Teufel wie in „seiner“ Welt und ist begeistert von den sehr freundlichen Menschen, besonders von den 20 Mentoren. Letztere unterstützen die Jugendlichen in der Projektarbeit und bieten zudem ihr technisches Know-how in verschiedenen Bereichen (Hardware, Visualisierung, etc.) an.

Ampeln kommunizieren mit Autos

Die Ideen zu den Projekten stammen jedoch ausschließlich von den Teilnehmern selbst, die als einzige Vorgabe die Themen Bildung, Gesundheit, Gesellschaft, Überwachung, Zukunftsstadt und Umwelt erhalten. Allein in der Auswahl der Bereiche sieht man die Zielsetzung von Jugend hackt („Mit Code die Welt verbessern“) verwirklicht. Am Freitagabend noch begannen die Jugendlichen damit, sich Projektideen zu den eben genannten Themen zu überlegen. Am folgenden Tag dann bildeten sich die Gruppen. Teufel entschied sich für das Projekt „Better Traffic“, das ein Modell für eine Zukunftsstadt darstellt.

Die Idee dahinter ist, dass Ampeln und selbstfahrende Autos miteinander kommunizieren und sich aufeinander abstimmen. Wenn zum Beispiel die Ampel auf rot umschaltet, schickt sie eine Nachricht an das Auto, das automatisch langsamer fährt. Und zwar so langsam, dass es nicht stehen bleiben muss. Die Ampel kann dem Auto also beispielsweise mitteilen, dass sie in zehn Sekunden auf grün umschaltet. Daraufhin berechnet das selbstfahrende Auto die nötige Geschwindigkeit, um genau rechtzeitig an der Ampel anzukommen. In dem Modell werden selbstfahrende Autos und Kolonnen bevorzugt gegenüber normalen Autos.

Zum Projekt hat die Gruppe von Teufel eine Simulation programmiert und anschließend präsentiert (Video auf https://media.ccc.de/v/jh16-1005). Die technische Realisierung des Projekts wäre für die Hacker zu weit gegangen, da die Zeit mit 48 Stunden sehr begrenzt ist. Außerdem steht bei Jugend hackt weniger die Umsetzung als die Idee im Vordergrund. Ähnliches gilt für den „Wettkampf“ an sich, da der Spaß und die Arbeit mit Gleichgesinnten Priorität genießen. Für Teufel selbst war es am wichtigsten, seine technischen Fähigkeiten zu verbessern und sich mit anderen zu vernetzen.

Für die Hauptveranstaltung in Berlin sind Teufel und Co. nicht auto­matisch qualifiziert. Die vier Jugendlichen müssen sich noch einmal neu anmelden, da es sich um zwei von­einander unabhängige Veranstaltungen handelt. Da ihm das Wochenende in Ulm so gut gefallen hat, meldet sich Timo Teufel auch für Jugend hackt in Berlin an. Dort werden neu formierte Gruppen wieder neue Projekte entwerfen. Genau wie einer der Mentoren in Ulm das „Hacken“ definiert hat: „Hacken heißt, man nimmt etwas und macht etwas völlig Neues daraus. Hacker wollen Dinge optimieren.“

Hackerethik thematisiert

Neben der reinen Arbeit am Projekt, für das knapp 20 Stunden draufgingen, konnten die jungen Programmierer am Jugend-hackt-Wochenende auch Info-Veranstaltungen zu unterschiedlichsten Themen besuchen. So wurde beispielsweise die Hackerethik thematisiert.

Hacker und Ethik? - Für viele zwei unvereinbare Begriffe. Doch wie sonst auch weicht die Organisation hier vom Klischee ab. In der Hackerethik sind allgemeine Verhaltensweisen für Hacker verankert. Es geht von ganz grundlegenden Dingen wie „keine Benachteiligung von anderen Personen wegen ihrer Herkunft“ bis hin zum Mantra „alle Daten müssen frei sein“ (Open Data). Ziemlich am Ende findet man einen Satz, der all diejenigen zum Nachdenken bringt, die das Wort „Hacker“ automatisch mit Krimina-lität verbinden: „Man kann mit Computer Kunst und Schönheit erschaf-fen.“

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