Fränkisch-bayerische Weltmusik in Weißenburg

17.7.2016, 06:00 Uhr
Fränkisch-bayerische Weltmusik in Weißenburg

© Markus Steiner

Werner Schmidbauer und Martin Kälberer, der eine Momenten- und der andere Instrumentensammler, trennen sich. Wie andere prominente Paare haben auch sie verlauten lassen, dass die Trennung im beidseitigem Einvernehmen erfolgt. Der große Unterschied: Den beiden Vollblutmusikern will man das gerne glauben. Weil beide seit 1993 gemeinsam auf der Bühne stehen und auch heute noch eines besitzen: Authentizität.

Die Liebe zur Musik und zu den Menschen merkt man den beiden 55-Jährigen noch immer an. Der Grund, warum sie sich trennen, ist ein ganz anderer: Schmidbauer will ein Jahr lang eine Auszeit nehmen, um sich neu zu sammeln und neue Kraft zu schöpfen. Zudem hat die Pause einen ganz persönlichen Grund: Schmidbauers Vater starb im Alter von 55 Jahren. Es hat ihn einfach „weggeschnalzt“, wie er der Süddeutschen Zeitung in einem Interview verriet. Die Doppelbelastung als Moderator und Musiker macht sich auch bei Schmidbauer bemerkbar und ist der Grund, warum er erst einmal durchschnaufen will.

Am kommenden Samstag treten Kälberer und er beim Tollwood-Festival das vorerst letzte Mal auf. Insofern durften sich die 1375 Besucher der Nacht der Lieder im Bergwaldtheater wirklich geehrt fühlen. Dieses Konzert gibt es so nur in Nürnberg, im Schlosshof in Tambach, beim Tollwood in München und eben im Bergwaldtheater, das Kälberer und Schmidbauer bereits bestens kennen. Und deshalb wussten, dass man sich hier warm anziehen muss.

Wer es ihnen gleichtat, der wurde nicht abgelenkt von der Kälte und konnte sich voll und ganz auf die Melodien und Texte konzentrieren, die die Momentensammler dabei hatten. Lieder von kleinen und großen Ereignissen. Von Alltäglichem und Außergewöhnlichem. Viele Lieder sind den Weißenburgern und den weiter gereis-ten Fans aus früheren Auftritten bekannt. Wie zum Beispiel „Mandela“, mit dem Schmidbauer sich vor dem großen südafrikanischen Friedenspolitiker und Anti-Apartheids-Kämpfer verneigt. Oder der Song „Die ganz große Kunst“, das allen Flüchtlingen und Flüchtlingshelfern gewidmet ist. Beide Lieder erklingen auch dieses Mal im Laufe des Abends. Aber erst später, wenn es zur Stimmung passt.

Den Anfang bestreitet Schmidbauer, der trotz seiner fast weißen Haare noch immer dieses Lausbubenimage hat, alleine auf der Bühne. Mit Gitarre und dem Lied „I hock drunt an meim Fluss, wo I allweil scho dahoam war.“ Ein Lied, das harmlos daherkommt, aber gut passt, um zu beschreiben, warum Schmidbauer und Buck so gut zusammenpassen. Beide sind auf der einen Seite heimatverbunden, auf der anderen Seite wohnt ihnen aber eine große Sehnsucht nach fernen Ländern inne. Weltmusiker Martin Kälberer, der jedes Instrument zu beherrschen scheint, das man ihm in die begnadeten Hände drückt, ist das Bindeglied.

Oberbayerisch und Fränkisch

Buck tut den beiden Oberbayern gut. Zum einen, weil auch er im breitesten Fränkisch ein paar gute Geschichten beisteuern kann. Zum anderen, weil auch er von Spielfreude getrieben ist. Selbst eine abgehackte Fingerkuppe am linken Zeigefinger hält ihn nicht ab, in die Stahlseiten seiner Gitarre zu greifen und mit den beiden Oberbayern die Abschiedstournee zu spielen.

Gemeinsam singen sie im Wechsel mit dem Publikum Lieder wie „Wo bleibt die Musik“, „Bei Dir“ oder „An an Abend so wia heit“. Dass Buck auf Fränkisch und die beiden anderen auf Oberbayerisch singen, schadet den Liedern in keinster Weise. Völkerverständigung funktioniert erstmalig auch zwischen Franken und Altbayern. „Eigendlich verstenna mir uns ganz gud, odda?“, scherzt Buck und vermutet, dass der Oberbayer generell vermutlich nur ein Problem mit Nürnbergern hat, er selbst ja aber aus Oberfranken kommt. Für ihn, witzelt Buck, ist Heimat dort, „wo’s D’ bleed angwaaft werst.“

Im Laufe des Abends steuert der Bamberger noch ein paar andere tiefe Einblicke in das Wesen des Franken bei und spielt den bluesigen „Hammer-Song“, dessen Refrain für Nichtfranken nicht ganz einfach zu verstehen ist: „An Hammer gibt’s net, an Gips hamma a net.“ Buck hat aber auch tiefgründigere Lieder wie „Aans nachn annern“ (und nedd alles durcheinanda) dabei, in dem er die Gefahr des Burn-Out besingt. Eine Krankheit, die er aus persönlicher Erfahrung kennt und die er besiegt hat, weil er nicht mehr alles alleine macht.

Eine Einsicht, die dem Publikum ein Trio beschert hat, das musikalisch weitaus mehr war als die Summe der drei einzelnen Musiker. Die wird es auch nach dem Abschiedskonzert noch weiterhin geben. Buck tritt am 12. November alleine in Pappenheim auf und Kälberer kommt am 30. November als Solokünstler in die Luna-Bühne. Am schönsten war es aber immer dann, wenn sich Kälberer und Schmidbauer noch einen  begnadeten Musiker hinzuholten und Lieder spielten, die nicht nur ins Ohr, sondern auch in die Seele gehen und warm ums Herz machen.

Erst nach der Zugabe „Mia genga alle unserern Weg“ merkt man die Kälte des Bergwalds wieder, der mit seiner eigenen Mystik und den tollen Lichtprojektionen im Dach des
Tenicklezeltes mit dazu beigetragen hat, dass die Nacht der Lieder trotz einstelliger Temperaturen auch heuer wieder ein einmaliges Erlebnis wurde.

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