Geislohe feierte seinen 60. Geburtstag

21.11.2016, 08:29 Uhr
Geislohe feierte seinen 60. Geburtstag

© Leykamm

Ruhestandspfarrer Johannes Sperl, der erst vor sechs Jahren nach Geislohe zog, stieß zufällig in einem Buch über die Pappenheimer Grafendörfer auf das Datum und wollte das Jubeljahr „nicht einfach so spurlos vorübergehen“ lassen, wie er nun am Festabend betonte. Als Festredner sei eigentlich nur der Autor des besagten Werkes infrage gekommen. Bald ergab sich in Absprache mit Professor Eigler der passende Termin, und es fanden sich noch Bilderwände, die zum Jubiläum der Grafendörfer vor ein paar Jahren zusammengetragen worden waren.

Geschichte prägt

„Eine echte Fundgrube“ mit Fotos aus vielen Jahrzehnten, einige Aufnahmen reichten sogar noch vor den Ersten Weltkrieg zurück. Sperl zeigte sich fasziniert von alten Kirchweihbräuchen wie Hammeltanz oder Ochsenrennen. Die Erinnerung an die eigene Geschichte bestärke die Identität eines Orts, bekräftigte Pappenheims Bürgermeister Uwe Sinn. Und versprach, den Worten des Professors und einstigen Lehrers aufmerksamer zu lauschen als damals in der Schule.

Eigler selbst blickte in seinem Vortrag bis in die Zeit Karls des Großen zurück. Dieser teilte die Waldflächen in Forst und Mark ein. Im ersten durfte nicht, in der zweiten sollte gerodet werden. Diesem Umstand „verdankt Geislohe seine Entstehung“, so der Redner. Denn so wurde hier ein Rodungsmeister tätig und machte den einstigen Wald besiedlungsfähig.

Zum Dank bekam er die niedere Gerichtsbarkeit übertragen und durfte kleine Vergehen wie Beleidigungen ahnden. Jemanden „Schelm“ zu nennen, kostete damals drei Pfennige, ebenso wie die Betitelung als „Schalk“ – für den „Schalkschelm“ musste dann logischer das Doppelte bezahlt werden, so Eigler.

Geislohe sei mit Bauernsöhnen, die nicht geerbt hatten, besiedelt worden. Als Anreiz diente eine siebenjährige Abgabenfreiheit. Per Losentscheid wurden die Grundstücke um die langgezogene Dorfmitte vergeben, denen sich jeweils ein Flurstreifen als Lehen anschloss. So entstand ein sehr geordnetes Straßenangerdorf.

Geislohe feierte seinen 60. Geburtstag

© Leykamm

Ganz im Gegensatz zu jenen Dörfern, die auf einen großen Hof zurück-gehen, der im Lauf der Jahrhunderte einer zersplitterten Ansiedlung wich. Wie etwa Sappenfeld mit laut Eigler einem „Durcheinander, wie es schlimmer nicht geht“. Auch Emetzheim sei von einem solchen geprägt, und der Anger im Nachbarort Holzingen sei „mehr oder wenig zufällig entstanden“, stellte der Referent fest. Bei der Vermessung der Flurstücke in Geislohe wiederum galt die Maßeinheit „Karlsfuß“, was 33,34 Zentimetern und damit einer Schuhgröße von mindestens 48 (!) entspricht.

Geislohe hat in seiner Geschichte bereits Wandlungen durchleben müssen, die sehr an die Jetztzeit erinnern. Denn schon vor Jahrhunderten „gingen die Erträge durch den Klimawandel zurück“, wusste der Referent, die Bauern verdingten sich in den damals neu entstandene Städten als Tagelöhner, viele Höfe waren zeitweise unbewirtschaftet.

Den Namen des Ortes führte Eigler auf die Bezeichnung „Loch“ für Gehölz oder Wald zurück. In schweren Zeiten habe die Geiß also hier die Waldweide genossen. Sie wurden besser durch die Dreifelderwirtschaft, als die Brachflächen zum Anbau unter anderem von Futter genutzt wurden. Infolgedessen stieg der Viehbestand und es entstanden in Geislohe „enge Ställe über das gesamte Grundstück“. Lange habe der „Flurzwang“ gegolten – alle Feldnachbarn mussten das Gleiche anbauen.

Aktuelle Bezüge

Ein Coup gelang Eigler selbst im Rahmen der Flurbereinigung. Er konnte erwirken, dass in einigen Bereichen der Grafendörfer die alte Flureinteilung und damit eine ganze Epoche der Siedlungsgeschichte weiterhin sichtbar blieb. Aus aktuellem Anlass, so ein Besucher des Festabends, dränge sich die Frage auf, ob es denn in früheren Zeiten Spannungen zwischen dem Grafen und seinen Grafendörfern gegeben habe. Die Bewohner dort hätten bei jedem Besuch der Altmühlstadt „ein Stück Straße gekauft“, antwortete Eigler spitzbübisch.

Den Bogen von der alten zur neuen Zeit spannte an dem Abend gekonnt die „Geisloher Band“ mit einigen Liedern von Hubert von Goisern, der musikalische Elemente traditioneller und Rockmusik verbindet.

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