Schnakenplage

Hoffnung auf weniger Mückenstiche in den Altmühl-Gemeinden

7.1.2022, 05:50 Uhr
Hoffnung auf weniger Mückenstiche in den Altmühl-Gemeinden

© Ralph Goppelt/vifogra, NN

Die Gemeinde Dittenheim, zu der Windsfeld gehört, will die Schnaken möglichst bald aktiv, aber ohne den Einsatz von Chemie bekämpfen. In Alesheim ist man noch zurückhaltend und verzichtet auf Maßnahmen. In einer Sondersitzung hat sich der Gemeinderat kürzlich dagegen ausgesprochen, aktiv werden zu wollen.

„Wir waren unterschiedlich stark betroffen, sogar in Trommetsheim gab es große Unterschiede“, berichtete Bürgermeister Manfred Schuster. Der Tenor sei aber gewesen, dass es zwar nicht besonders schön, aber noch auszuhalten war.

„Wir werden was tun müssen“

In Theilenhofen hat man sich noch nicht festgelegt, wie es weitergehen soll. Zunächst will man ein konkretes Angebot, was die Bekämpfung der Schnaken kosten wird, erläuterte Bürgermeister Helmut König auf Anfrage des Weißenburger Tagblatts. „In Gundelsheim war es wirklich gravierend. Also irgendwas werden wir machen müssen“, räumte König ein.

Doch zunächst brauche es konkrete Zahlen. Sobald diese vorliegen, soll sich der Gemeinderat möglichst umgehend erneut mit dem Thema beschäftigen.

Dittenheim ist schon einen Schritt weiter. Die sogenannte Kartierung läuft. Das kann man besonders gut in den Wintermonaten machen, wenn Schnee liegt. Denn es geht darum, die Senken auszumachen, die sich bei einem Starkregen mit Wasser füllen und hinterher wieder austrocknen, erklärte Dr. Norbert Becker im Gespräch mit dem Weißenburger Tagblatt.

Brutareale ausfindig machen

„Das sind die bevorzugten Brutareale“, erklärte der Mann, der gerne auch als Deutschlands Schnakenpapst bezeichnet wird. Becker ist Biologe und Direktor des Instituts Stechmückenbekämpfung in Heidelberg. Auch war er fast 20 Jahre als Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage am Oberrhein tätig. Dort praktiziert man das gezielte Abtöten der Stechmückenlarven auf biologischer Basis seit Jahrzehnten erfolgreich.

Hoffnung auf weniger Mückenstiche in den Altmühl-Gemeinden

© Ralph Goppelt/vifogra, NN

Ende August war er an der Altmühl und hat sich ein Bild gemacht. Die Stechmückenplage wird sich aus seiner Sicht nicht in Wohlgefallen auflösen. Die Erkenntnisse, die er bei seinem Besuch gewonnen hat, lassen darauf schließen, dass die Überschwemmungsflächen der nahen Altmühl und die wassergeprägten Biotopstrukturen rund um Windsfeld bei der Schnakenplage eine Rolle gespielt haben.

Anwohner hatten schon länger kritisiert, dass die Renaturierung der Altmühl zu einer Zunahme der Stechtiere geführt habe. Was kann man nun tun, ohne gleich die giftige Chemiekeule zu schwingen? Schließlich geht es heute auch um Artenvielfalt.

Bekämpfung mit einem Bazillus?

In den 70er-Jahren haben Wissenschaftler einen sporen- und kristallbildenden Bazillus entdeckt, den ganz gezielt die Larven der Stechmücken und der Kriebelmücken fressen. In deren alkalischem Darmmileu entwickelt sich aus dem Eiweißkörper ein Gift, das die Mücken in weniger als zwei Stunden abtötet. Bacillus thuringiensis israelensis – kurz: Bti – heißt das Bakterium, das man großtechnisch züchten kann.

Hoffnung auf weniger Mückenstiche in den Altmühl-Gemeinden

© Ralph Goppelt/vifogra, NN

Durch eine Bestrahlung werden die Bazillen abgetötet. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass eine Gefährdung von anderen Organismen und vor allem von Menschen ausgeschlossen werden kann. „Es ist kein Gift. Die Biodiversität bleibt erhalten“, versicherte Becker. „Die Methode wird weltweit eingesetzt.“

Andere Insekten wie die nicht stechenden Zuckmücken ignorieren das Eiweiß und stehen damit Vögeln und Fischen auch weiterhin als Nahrung zur Verfügung. Und man hat am Oberrhein mit dem gezielten Vorgehen nicht nur die nervtötende Stechmückenplage verhindert, sondern auch die Übertragungen gefährlicher Krankheiten wie Malaria.

Dittenheim will biologische Bekämpfung

Das Verfahren der biologischen Stechmückenbekämpfung will Dittenheim mithilfe der Icybac Mosquitocontrol GmbH aus Speyer an die Altmühl holen. Aktuell erstellt das Unternehmen ein 3-D-Modell der Landschaft. Das ist wichtig, um zu wissen, wo sich die bevorzugten Brutareale befinden. Parallel dazu laufen die Gespräche mit der Unteren Naturschutzbehörde und der Regierung von Mittelfranken, um die Genehmigung zu bekommen.

Liegt diese vor, wird ein bisschen Ghostbusters-Feeling im Altmühltal aufkommen, wenn Frauen und Männer mit Tornistern auf dem Rücken und Spritzen in den Händen durch die Flussauen ziehen und das Eiweißpuder gezielt verteilen. Becker kann sich gut vorstellen, dass die Feuerwehrler geschult werden und diese Aufgabe übernehmen.

Das sollte idealerweise im März passieren. Denn sobald es wärmer wird, schlüpfen die Larven. Das ist in der Regel von April bis Oktober der Fall. Bereiche, in denen Vögel nisten oder spezielle Orchideenarten wachsen, werden ausgespart, so Becker. Mit einer Spritztour wird es aber nicht getan sein, macht der Schnakenpapst deutlich. Die Aktion wird man je nach Hochwassersituation mehrfach wiederholen müssen. Es wird auch nichts helfen, wenn es mal ein oder zwei Jahre ohne Hochwasser geben sollte. Die Eier können drei Jahre überleben.