Juz in Weißenburg: 40 Jahre und keine Altersschwäche

21.7.2016, 08:31 Uhr
Juz in Weißenburg: 40 Jahre und keine Altersschwäche

© Jan Stephan

Ein gigantischer Auftritt, mit dem so niemand ernsthaft gerechnet hatte, als zwei Jugendliche 2012 eine Be­werbung losschickten. Eine von über 4500. Doch sie kamen, die Toten Ho­sen, am 29. April 2012. Das Juz bebte und schrieb Geschichte. „Keine Ahnung, wie wir das jemals wieder toppen sollen“, lacht Roger Dasenbrock, der hauptamtliche Sozialpädagoge im Juz. 

Aber auch ansonsten hat das Jugendzentrum viel erlebt. „Vor allem aber Highlights“ meint Dasenbrock, der das Urgestein der Einrichtung ist. Seit 1989 ist er schon dabei. Seine Pläne durchliefen mehrere mentale Stationen von „ich werde das Angebot ablehnen“, über „ich bleibe höchstens ein bis zwei Jahre“ bis hin zu „jetzt schreibe ich tatsächlich schon mein 27. Jahr“.

Bis Anfang der 1980er regelte sich im Juz noch alles über reine Selbstverwaltung. Erst seit 1984 ist ein hauptamtlicher Pädagoge eingestellt. Diese Veränderung sieht Dasenbrock als Meilenstein, denn gerade in Zeiten, in denen sich mal wieder eine ganze Generation davonmacht, bräuchte man einen Koordinator. Oberste Priorität ist es seit Beginn geblieben, dass Jugendliche viel gestalten können und lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Fehler machen sei ausdrück­lich erlaubt. Das gehöre schließlich zum Leben, betont Dasenbrock.

Und zur Lebensbildung gehört auch eine Meinung in der Politik. Die wurde und wird stets durch Veranstaltungen geschärft, die jugendpolitische Themen wie Neonazis, Drogen, Rassismus, Tierschutz oder Gentrifizierung behandeln. Lebensbildung wird aber auch erreicht durch Kooperationen. Beispielsweise mit den Flüchtlingen aus Weißenburg, von denen täglich einige das Juz aufsuchen, um mitzuhelfen oder auch nur zum Kontakte knüpfen.

Juz in Weißenburg: 40 Jahre und keine Altersschwäche

© Leah Mühlöder

Viele Vorurteile

Viermal jährlich organisiert das Jugendzentrum schon seit ein paar Jahren die „Integrationsdisco“. Menschen mit Behinderung treffen auf Menschen ohne Behinderung. „Das funktioniert ohne Berührungsängste“ verkündet der Sozialpädagoge zufrieden. Ebenso positiv sei die langjährige Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe. Platz ist jedenfalls für jedermann. Durch diese Kooperationen lerne jeder, frei von Vorurteilen auf andere Menschen zuzugehen.

Zurück zu den Toten Hosen. Diese loben auf ihrem Youtube-Channel explizit die „erstklassige vegane Volxküche“, die zum Auftritt 2012 in den eigenen Wänden gekocht wurde. Zuständig für die Verpflegung ist der AK Teufelsküche. Meist wöchentlich im eigenen Kreis, aber eben auch zum Catering bei den Veranstaltungen.

Weitere AKs sind beispielsweise AK Fantasy, AK Rollenspiele oder aus aktuellem Anlass der AK Jubiläum. Die ersten Poetry-Slams des Landkreises sind auf den damaligen AK Poesie zurückzuführen. Das Juz lebt von engagierten jungen Menschen. Und wenn diese fehlen, dann kann das schon mal einen Tiefpunkt bedeuten. Wie Mitte der Neunziger, als nur fünf Ehrenamtliche mithalfen, erinnert sich Roger Dasenbrock. Aktuell sind es zum Glück wieder 17 Ehrenamtliche. Mitglieder hat das Juz meist zwischen 110 und 125.

Ein Problem ist die oft sehr vorurteilsbehaftete Wahrnehmung von Au­ßenstehenden, findet Dasenbrock. „Oh Gott, da sind ja lauter Linke!“ oder „Da wird ja eh nur gesoffen!“, hört er oft und kann beides mit gutem Gewissen verneinen. Er fände es schade, dass positives Engagement dann doch wieder irgendwie negativ hingedreht würde.

Mit zu den Veranstaltungshighlights gehörte sicherlich das Open Air im Bergwaldtheater, das während der 1980er einige Male stattfand, bis man schließlich die Location wechselte und hinter dem damaligen Juz-Gebäude in der Schulhausstraße während des Altstadtfestes Grabenfeste mit Livemusik ausrichtete. Bis zu 500 Zuhörer konnte man so herbeilocken.

Feuchte Augen beim Umzug

Auch die Bananafishbones waren zu Gast im Juz. „Unser Raum war damals so eng, ein Mitglied der Band ist sogar zusammengeklappt wegen des Rauchs und der vielen Menschen.“ „Biermösl Blosn“ oder das „Totale Bamberger Cabaret“ brachte das Juz in die Karmeliterkirche, um nur einige Highlights zu nennen.

Geändert hat sich während der vergangenen Jahre einiges. Zum Beispiel der Musikgeschmack. Von Folk und Blues bis Punk und Metal habe man viele Stationen durchlaufen. Und auch der Juzler an sich sei jünger geworden. Bedingt durch die Abschaffung des Zivildienstes oder die Einführung des achtjährigen Gymnasiums. Der Wechsel betraf aber auch vier Umzüge.

Teilweise mit dramatischem Beigeschmack. Das ehemalige Gebäude „Doerflervilla“ hat es unter anderem den Juz-Aktivisten zu verdanken, dass es beim Bau des Parkhauses nicht dem Erdboden gleichgemacht wurde. Umziehen in das Schwegler-Haus musste man trotzdem. Dieses traute Heim wurde dann aber bei feuchten Augen 2010 abgerissen. Seitdem war erst mal Schluss mit dem Umzugsdrama, die jetzige Juz-Heimat ist in der Eichstätter Straße. Welche Veränderungen die Zukunft noch mit sich bringen wird? Man wird sehen. Roger Dasenbrock wird es vermutlich miterleben, denn das Jugendzentrum ist für ihn viel mehr als ein Job. „Ich liebe das Juz mit Leib und Seele, wie ein Kind von mir.“

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