Lichter für Toleranz in Weißenburg

12.12.2014, 08:02 Uhr
Lichter für Toleranz in Weißenburg

© Renner

Seit 2012 laden die Glaubensgemeinschaften in der Stadt zum Tag der Menschenrechte ein. Erinnert werden soll damit an die Menschenrechts-charta der Vereinten Nationen. Sie wurde am 10. Dezember 1948 in Paris von Eleanor Roosevelt, der Witwe des früheren US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, verkündet. Darauf wies die evangelische Dekanin Ingrid Gottwald-Weber hin und dankte den Teilnehmern der Lichterkette für ihr Kommen. „Sie zeigen damit, dass Ih­nen der Schutz der Menschenrechte ein Anliegen ist“, rief sie ihnen zu.

Die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde sei aber auch im 21. Jahrhundert „alles andere als selbstverständlich“. Es gebe derzeit weltweit Krisenherde, wo Menschen nicht in Frieden leben könnten, um ihr Leben fürchten müssten und sich vielfach zum Fliehen aus ihrer Heimat veranlasst sähen. Daher sei das Thema Flucht auch für die Veranstaltung gewählt worden.
Als sich der Runde Tisch zur Vorbesprechung im Frühjahr traf, habe noch niemand die jetzige „Aktualität und Dramatik“ absehen können. Nun sei es nötig, „Licht ins Dunkel der Unwissenheit“ zu bringen. Denn viele Menschen hätten Vorurteile und Ängste gegenüber Flüchtlingen oftmals nur, weil es ihnen an Informationen fehle.

Landrat Gerhard Wägemann, die Stadt Weißenburg, vertreten durch Oberbürgermeister Jürgen Schröppel, das Landkreisbündnis gegen Rechts, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verein „So fremd? – So nah?“, der Freundeskreis Jugendzentrum und die Polizeiinspektion Weißenburg, vertreten durch Dienststellenleiter Peter Aschenbrenner, angehören, wurde auf Initiative von Ingrid Gottwald-Weber nach den rechtsradikalen Übergriffen in Weißenburg 2011 gegründet.

Lichter für Toleranz in Weißenburg

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Die Dekanin machte auch diesmal deutlich, dass sich der runde Tisch sowie die Teilnehmer der Lichterkette gegen menschenverachtende Weltanschauungen aussprechen. „66 Jahre nach der Erklärung der Menschenrechte treten wir mit unseren Lichtern ein für Toleranz, für demokratische Werte, wie freie Meinungsäußerung, Gleichheit vor dem Gesetz und ein humanes Flüchtlingsgesetz“, unterstrich sie und sagte weiter: „Wir sind gegen Weltanschauungen, die Dunkel in die Welt und zwischen die Menschen bringen. Wir leben gerne in dieser Stadt, die multikulturell ist.“

Vielmehr setzten sie sich für Menschen ein, die in Not seien, Lebensräume finden, ihre Kultur mitbringen  und sich integrieren dürften. Dazu sei es aber nötig, seine Meinung frei äußern zu können. Das sei „in vielen Ländern und Systemen auf unserem Globus“ keinesfalls gewährleistet. Mancher müsse „Repressalien bis hin zur Folter in Kauf nehmen“. Gottwald-Weber: „Deswegen wird es im­mer dunkel, wenn der Mensch nicht mehr sagen darf, was er denkt.“

Die Lichterkette wurde musikalisch von Kantor Michael Haag an der Gitarre und Harald Dösel am Saxofon sowie von einer Musikergruppe aus München um Mecit Bakir begleitet. Bakir hat bis 2008 in Weißenburg gelebt und hier Abitur gemacht. Er studiert derzeit in München. Zusammen mit seinem Ensemble hat er sich der Gnaoua verschrieben. Dieser Musikstil stammt aus Marokko, hat aber schwarzafrikanische Wurzeln und diente ursprünglich auch zur Geisterbeschwörung.

Mecit Bakir, Mohcine Ait Ramdan, Abdurahim Sufi und Ibrahim Schafub umrahmten auch die Vortragsveranstaltung, die sich im Rathaussöller an die Lichterkette anschloss. Dort gab es zunächst zum Aufwärmen warme Getränke und einen Imbiss, den das Weißenburger Jugendzentrum und der Verein „So fremd? – So nah?“ vorbereitet hatten. 

Der Erlös soll den jugendlichen Asylbewerber, die ab Januar auf der Wülzburg untergebracht werden, zugutekommen. Es sind Jugendliche, die ohne ihre Eltern nach Deutschland kamen. Sie werden auf der Wülzburg von den Rummelsbergern betreut und sind dort also „nicht sich selbst überlassen“, berichtete OB Schröppel. Außerdem gelte für sie die Schulpflicht, sodass sie in den Unterricht in den hiesigen Schulen integriert werden müss­ten, erklärte das Stadtoberhaupt ergänzend zum Vortrag von Katharina Meister und Wolfgang Knapp.

Die beiden Asylsozialarbeiter des Diakonischen Werks Weißenburg-Gunzenhausen stellten ihre Arbeit mit Flüchtlingen und den Ablauf von Asylverfahren ausführlich vor. Im Landkreis gibt es Unterkünfte für bis zu 550 Asylbewerber. Die kleinste ist in Muhr am See zu finden, wo eine Familie untergebracht ist, die größten befinden sich in Heidenheim (135 Menschen) und in Mackenmühle.

In dem Pleinfelder Ortsteil ist, wie mehrfach berichtet, eine Außenstelle der Zentralen Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf angesiedelt worden, in der aktuell rund 60 Flüchtlinge untergebracht sind. Die Zahl der Bewohner variiert, weil die Aufenthaltsdauer dort relativ kurz ist. Die über 100 Bewohner, die in der ersten Woche nach der Eröffnung Anfang November dort ankamen, sind allesamt schon auf andere Asylbewerberunterkünfte verteilt.

Eindrucksvoll waren die Schilderungen von F. Idrisov, die bereits 2001 aus Tschetschenien mit ihrer Familie floh und über Kontakt zu einem Onkel in Nürnberg schließlich nach Weißenburg-Gunzenhausen kam. Die Idrisovs hatten damals 60 D-Mark in der Tasche und einen Rucksack und drei Kinder dabei. Sie lebten zunächst für anderthalb Jahre in der Asylbewerberunterkunft in Solnhofen. Erst nach zwei Jahren bekam ihr Mann Arbeit. Mittlerweile spricht die 31-Jährige gut Deutsch und hilft Landsleuten über Sprachbarrieren hinweg.

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