Luna Bühne begeistert mit "Blutsbrüder"

18.11.2014, 13:00 Uhr
Luna Bühne begeistert mit

© Barbara Struller

Vor allem von Diana Sturm in der Rolle der Mrs. Johnstone wurde diese besondere Situation gesanglich gut gemeistert. Sie legt in ihre Stimme derart viel Gefühl und setzt auch emotionale Akzente, dass ihre gesprochenen Parts in direktem Vergleich beinahe platt wirken. Mrs. Johnstone verkörpert das Klischee einer Mutter aus der Unterschicht: viele Kinder und mehrere Kindsväter, von denen keiner lan­ge bei der Familie bleiben mag. Armut und Schulden sind allgegenwärtig. Die Kinder sollen es einmal besser haben, und so verdingt sich Mrs. Johnstone bei den reichen, kinderlosen Lyons als Hausmädchen.

Brigitte Brunner spielt eindrucksvoll die Rolle der von Sehnsucht zerfressenen und tiefer Traurigkeit er­fassten Mrs. Lyons. Nichts wünscht sie sich mehr als ein Kind, und als Mrs. Johnstone mit Zwillingen schwanger wird, fassen die Frauen einen verzweifelten Plan: Mrs. Lyons soll nach der Geburt eines der beiden Kinder bekommen. Mr. Lyons ist auf einer langen Geschäftsreise und wird den „Betrug“ nicht erfahren. Und beiden Seiten ist damit gedient: Mrs. Johnstone hat ein Maul weniger zu stopfen und die Lyons haben endlich einen Nachkommen.

Mrs. Johnstone ist voller Reue und Zweifel, als sie einen ihrer Söhne an Mrs. Lyons abgibt. Jedoch steht fest: Die Buben sollen niemals von der
Existenz des jeweils anderen erfahren. Zwischen den Familien wird der Kontakt abgebrochen. So meiden sich zwar die beiden Mütter, doch das zufällige Aufeinandertreffen der Kinder kann nicht unterbunden werden.

Der eine, Mickey, bei den Johnstones verblieben, ist zu einem umtriebigen Rabauken herangewachsen, wie ihn wohl keiner besser als Dennis Bock spielen könnte: Voller Energie und mit einer wahnsinnigen Bühnenpräsenz spricht er als Mickey, wie ihm das Maul gewachsen ist, und besitzt ein Repertoire an Schimpfwörtern, das einen erschaudern lässt. Sein Bruder Edward hingegen ist das Abbild eines Kindes aus reichem Elternhaus: Zurückhaltend, wohlerzogen und geschniegelt sind ihm jegliche Flüche fremd. Die Rolle steht Alexander Höhn wirklich gut zu Gesicht.

Luna Bühne begeistert mit

© Barbara Struller

Trotz der Unterschiede sind sich die Jungs auf Anhieb sympathisch und schwören sich Blutsbrüderschaft, als sie herausfinden, dass sie am selben Tag Geburtstag haben. Für die Mütter ist die Freundschaft eine Katastrophe, und auch ein Umzug der Lyons ändert nichts an der Situation, denn aufgrund von Umsiedlung landen die Johnstones einige Zeit später wieder im Umfeld der Lyons. Die Freundschaft blüht erneut auf, und zusammen mit Linda (Lena Sturm bravourös bei ihrem Bühnendebüt) erleben sie zu dritt die schönen, unbeschwerten Jahre aller Teenager.

Hart werden die Jahre als junge Erwachsene. Bei Mickey, stets zwischen Arbeitslosigkeit und schlecht bezahlten Jobs, ist der Weg zur Kriminalität nicht weit. Edward, als vermeintlicher Spross wohlhabender Eltern, besucht die Universität und macht Karriere als Stadtrat. Dazwischen Linda, heimlich geliebt von Edward, aber verheiratet mit und schwanger von Mickey.

Der dramatische und unausweichliche Ausgang beginnt sich abzuzeichnen. Mickey, von einem Gefängnisaufenthalt gezeichnet, ist ein gebrochener Mann, und obwohl Linda über lange Zeit zu ihm gehalten hat, kann sie sich ihrer Gefühle für Edward nicht mehr erwehren. Wie nicht anders zu erwarten, kommt Mickey dahinter, und voller Eifersucht stürmt er mit einer Waffe eine Stadtratssitzung. Nicht wenige zucken zusammen, als es laut aus Platzpatronen knallt. Zuerst sinkt Edward zu Boden. Es knallt ein zweites Mal. Jetzt hat Mickey die Pistole gegen sich selbst gerichtet – und fällt. Stille. So endet die Geschichte der John­stones – und die der Lyons.

Auch wenn es wahrscheinlich keiner der Darsteller bei den zahlreichen Gesangstalent- und Castingshows in die nächste Runde geschafft hätte: Der Qualität der Aufführung tat das keinen Abbruch. Denn die ausgezeichnete darstellerische Leistung des Ensembles belohnte das Publikum mit tosendem Applaus.

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