Mit dem Postbus-Oldtimer über den Weißenburger Jura

27.6.2016, 12:00 Uhr
Mit dem Postbus-Oldtimer über den Weißenburger Jura

© Markus Steiner

Gegen 14.30 Uhr rollte der sonnengelbe Postbus von Helmuth Radlmeier an. Der Ergoldsbacher hat das Fahrzeug, das bis 1962 im Nürnberger Raum im Linienverkehr eingesetzt wurde, als „Bauruine“ gekauft und dann renoviert. Heute kann der historische Omnibus zu Sonderfahrten gemietet werden. „Ein ideales Geschenk“, dachte sich Enkel Manuel Philipp und schenkte gemeinsam mit anderen Geburtstagsgästen seinem Großvater eine Rundreise auf den Jura.

Walter Philipp staunte nicht schlecht. „Das ist eine Riesenfreude“, sagte der Jubilar, nahm auf dem dunkelbraunen Fahrersessel Platz und legte seine Hände auf das große, weiße Lenkrad, mit dem er bei seinen Fahrten früher die Gäste sicher von Weißenburg bis Gersdorf und dann wieder zurück steuerte. „Ich fühle mich in alte Zeiten zurück versetzt“, sagte er mit leuchtenden Augen.

Neben dem Busfahren hat Philipp noch eine Leidenschaft: Das Radfahren. 29 Jahre lang war Philipp Vorsitzender des Radclubs Germania Weißenburg und organisierte in dieser Zeit 61 radsportliche Großveranstaltungen. Für seine Verdienste um den Radsport erhielt er die Goldene Ehrennadel der Stadt Weißenburg. Bis zu seinem 80. Geburtstag war er mit der historischen Radgruppe seines Vereins aktiv und fuhr auf einem Kangaroo-Hochrad aus den 1880er-Jahren. Mit diesem Rad nahm er auch an drei Jubiläumsveranstaltungen des Münchner Sechs-Tage-Rennens mit jeweils 14000 Zuschauern teil.

Geboren wurde Philipp 1926 im oberfränkischen Münchberg. 1933 siedelte die Familie nach Weißenburg um, wo er eine kaufmännische Lehre absolvierte und danach zur Wehrmacht einrücken musste. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg arbeitete er eineinhalb Jahre im Treuchtlinger Bahnbetriebswerk und wechselte danach als Briefträger zur Deutschen Post, für die er insgesamt 40 Jahre tätig war, 15 davon als Linienbusfahrer. Nebenbei half er bei Weißenburger Busunternehmen als Fahrer aus.

In Stadt und Land bekannt

Kein Wunder also, dass Philipp in Stadt und Land bestens bekannt war. Diesen Bekanntheitsgrad steigerte er noch durch seine radsportlichen Aktivitäten. Viele Jahre fuhr Philipp selbst Rennen. Gemeinsam mit anderen radsportbegeisterten Weißenburgern hatte er dann die Idee, einen eigenen Verein zu gründen und belebte 1950 den RC Germania wieder. Durch ihn und mit ihm wurde insgesamt 59-mal das traditionelle Weißenburger Kirchweihkriterium abgehalten, das 2013 zu Philipps Bedauern eingestellt wurde.

Unter seiner Federführung wurden zwei Bayerische Meisterschaften ausgetragen. Weißenburg war sogar einmal Etappenankunft einer Bayernrundfahrt. Darüber hinaus veranstaltete der RC Germania unter Philipps Leitung zwei Aschenbahnrennen und vier Volksradfahrten durch Weißenburg sowie 15 Rundstreckenrennen in Treuchtlingen. Bei so viel Engagement ließen die Auszeichnungen nicht lange auf sich warten. Neben der Goldenen Ehrennadel der Stadt erhielt Philipp die gleiche Auszeichnung vom Bayerischen Radsportverband, vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und von der Bundes-Ehrengilde des BDR. Der Bayerische Landes-Sportverband würdigte seine Leistungen mit der Goldenen Ehrennadel mit Brillanten.

Neben dem Radsport war Philipp vor allem seine Familie wichtig. Heuer kann der Jubilar mit seiner Frau Karola auf 68 Ehejahre zurückblicken. Das Paar hat drei Kinder, die allesamt im Radsport aktiv waren, fünf Enkel und zwei Urenkel. Die Leitung der historischen Radgruppe des RC Germania hat mittlerweile Enkel Manuel Philipp übernommen und auch die beiden Urenkel Tobias und Luca sind bereits eifrig auf den Kinderhoch­rädern aktiv.

Nach wie vor ist Walter Philipp an den aktuellen Geschehnissen des Radsports interessiert. Ein besonderes Auge wirft der Jubilar natürlich auf den Radprofi John Degenkolb, der bekanntlich bei dem RC Germania groß wurde und mittlerweile als erfolgreicher Rennfahrer deutschlandweit bekannt ist.

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