Nach 36 Jahren Abschied vom Salonorchester

14.1.2019, 08:51 Uhr
Nach 36 Jahren Abschied vom Salonorchester

© Jürgen Leykamm

Den ersten Akzent setzte im mit gut 350 Gästen gefüllten Kulturzentrum Karmeliterkirche der Römerstadt bereits der Nachfolger Roman Strößner, Sohn des scheidenden Chefs. Der Filius, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht als neuer Orchesterleiter vorgestellt worden war, mimte in einem kleinen Sketch den Konzertbesucher auf der Suche nach einem freien Platz, schnappte sich eine rote Rose und übergab sie einer Mitmusikerin. Bevor der Vater davon sprach, den Gästen mit ihren „spitzen Ohren und vibrierenden Knien“ das zu geben, was sie wollten.

Was das ist, umschrieb Hans Strößner auch beim 19. Salonkonzert mit jenen Worten, die er auch in den 18 bisherigen Auftritten jenes Ensembles ihnen voranstellte: „Salonmusik kommt von Herzen und geht zu Herzen – sie ist besser als Medizin und heilt jeden kranken Knochen.“ Sprachs und kündigte den ersten Marsch an, zu dem er als Stehgeiger zu seinem Instrument griff. In typischer Pose mit gebeugten Knien, die bei ihm allerdings nicht vibrierten.

Nach 36 Jahren Abschied vom Salonorchester

© Jürgen Leykamm

Es war dieser perfekte und doch runde, samtige Klang, der auch dieses Mal das Publikum sofort in seinen Bann zog. Zwischen den Stücken erfrischte Strößner mit zahlreichen Anekdoten, lustigen Geschichten und nicht zuletzt Musikerwitzen. Über den jungen Verlobten, der sich keine Sorge machte, eine Familie „unterhalten“ zu können – beim Publikum klappe es ja auch. Oder über ein junges Liebespaar, dessen weibliche Hälfte sich über den „Blechgeschmack beim Küssen“ beschwert, den ihr Freund ihr als Posaunist beschere. Das „Schwarzwaldmädl“ sei das bestimmt nicht gewesen, so Hans Strößner. Zum Klang dieses beliebten Stücks forderte er auf: „Lächeln Sie Ihren Nachbarn an und fuseln Sie ruhig“ – er selbst warf ein- ums andere Mal Küsschen in den Saal. Den „Weibermarsch“ aus der „Lustigen Witwe“ gab es gleich hinterher.

So alt wie der neue Leiter

Nicht ganz ohne Bezug zur eigenen Taktstockübergabe und fortgeschrittenem Lebensweg des 82-Jährigen erklang darauf eine wunderschöne, sensible Version von Paul Linckes „Wenn auch die Jahre enteilen“. Beim nächs-ten Stück, dem „Liebesgruß“, der sowieso eher etwas für die Jugend sei, überließ Strößner dann bereits Sohn Roman den Platz als Stehgeiger, was sich im Laufe des Abends immer öfter wiederholen sollte. Das Salonorchester, das vom Vater gemeinsam mit Josef Kerl ins Leben gerufen worden war, ist mit 36 Jahren übrigens genauso alt wie der neue Leiter.

Zu welchen Leistungen er es antreiben kann, bewies er bei „Piroschka“: ein Stück voller Gefühl, mitreißend, mit atemberaubend schnellen Melodieläufen und einem aufpeitschenden Ende. Ein gelungener Einstand für den „Neuen“. Nochmal gesteigert wurde die Stimmung mit einem Paul-Lincke-Medley inklusive „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe“ und einem guten Schuss „Berliner Luft“. Das Stück „Unter den Linden“ verwandelte Hans Strößner in ein witziges Zwiegespräch zwischen Sänger und Besungener.

Dann wurde er kurz ernst. „Ein jeder ist ersetzbar“, erklärte er und verwies darauf, dass „die Jugend auf musikalische Großtaten brennt“. Es folgte die offizielle Stabübergabe an den Sohn mit der Aufforderung „walte Deines Amtes!“. Es sei ein „folgenschweres Erbe“, dass er da antreten dürfe, so Roman Strößner, der gleich eine optische Änderung ankündigte. „Mit weißem Schal und Sakko werde ich nicht auftreten“. Das Markenzeichen des Vaters bleibt also ihm allein vorbehalten. Dass er die Massen nach wie vor in der Hand halten kann, bewies er bei „Teure Heimat“ ebenso wie bei „Wien bleibt Wien“ und einem Tango, was alles drei vom Publikum bejubelt wurde. Beim „Can Can“ wurde das Tempo nochmal angezogen.

Großes Lob gab es dann von offizieller Seite durch Weißenburgs VHS-Vorsitzenden Andreas Palme. „Meister Hans“, so der Laudator in Anlehnung an eine Anekdote, habe „das musikalische Geschehen der Region über Jahrzehnte geprägt und bereichert“. Den endgültigen Schlusspunkt setzte dann - natürlich – der Radetzkymarsch. Der eben noch Gewürdigte blühte dabei völlig auf, gestikulierte, animierte, spielte mit dem Publikum, das ihn schließlich mit stehenden Ovationen begeistert feierte.

Zum endgültigen Abschied ließ Hans Strößner selbst schließlich die Grundtöne zweier Saiten seiner Geige auf fränkisch sprechen und sagte damit „A D“.

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