Rehen im Stadtwald geht es an den Kragen

17.10.2017, 11:50 Uhr
Rehen im Stadtwald geht es an den Kragen

© Robert Renner

Das Beispiel war eindrucksvoll. Auf der einen Seite junge Buchen, die hinter einem Schutzzaun groß wurden, auf der anderen Seite junge Buchen, die ohne Zaun klein blieben. Die beiden etwa gleich alten Bestände unterschieden sich erheblich. Im einen Fall waren die Buchen mehrere Meter in die Höhe gewachsen. Im anderen Fall sahen die Pflanzen aus wie kränkliche Bodendecker, die ihren Namen nicht verdienen.

Der Unterschied ist einer des Rehs, erklärten Weißenburgs Forstamtsleiter Jürgen Fischer und sein Kollege Maximilian Plabst. Für die Rehe sind die jungen Triebe der Bäume ein Leckerbissen. Ohne Schutzmaßnahmen vor dem Wild sei es kaum mehr möglich, Bäume nachzuziehen, zeigten sich die beiden Förster besorgt.

Und das sorgt für ein ökonomisches und ein logistisches Problem. Die Schutzmaßnahmen kosten Geld, und zwar erheblich mehr als die Pachteinnahmen durch die Jäger bringen. Zudem gibt es keine Schutzmaßnahme, die dauerhaft vor dem Reh schützt. „Wir haben immer wieder Rehe im Zaun, oft ohne dass wir das Loch finden, durch das es hereingekommen ist“, erklärte Plabst. Abgesehen von den Kosten, die diese Schutzmaßnahmen mit sich bringen, sei es auch logistisch unmöglich, alle Bereiche des Waldes unter dem Schutz des Menschen nachzupflanzen, stellte der Förster fest.

„Das schreit nach einer Lösung“, fasste Forstamtsleiter Jürgen Fischer zusammen. Und seine Lösung bedeutet für die Rehe in der Region nichts Gutes. Die Abschusszahlen müssten im Grunde verdoppelt werden, ist Fischer überzeugt. Nur so ließe sich eine Reduzierung des Rehbestands erreichen, der die natürliche Verjüngung des Waldes durch Samenflug wieder möglich mache. Derzeit liege man quer durch die Reviere im Schnitt bei etwa sieben Rehen, die pro 100 Hektar geschossen werden sollten. Fischer glaubt, dass dauerhaft 12 bis 13 Tiere auf dieser Fläche zu bejagen seien.

330 Abschüsse im Stadtwald

Für die rund 2500 Hektar des Weißenburger Stadtwalds würde das dann nicht mehr rund 180 abgeschossene Rehe pro Jahr bedeuten, sondern rund 330 getötete Tiere. „Mir ist bewusst, dass das noch ein zäher Weg wird“, stellte Fischer klar, aus seiner Sicht gebe es aber keine andere Möglichkeit. Grundlage für die von den Jägern geforderten Abschüsse ist der Abschuss-plan, der für jeweils drei Jahre von Jagdbehörde, Hegegemeinschaft und Jäger gemeinsam festgelegt wird. Hier gab es in den vergangenen Jahren bereits eine leichte Erhöhung, die aber keine nennenswerten Fortschritte gebracht habe, so die Förster.

Die haben bei ihrer Forderung ein starkes rechtliches Argument auf ihrer Seite. Der Freistaat hat dem Prinzip Wald vor Wild Gesetzesstatus verliehen. Das bedeutet, dass eine natürliche Waldverjüngung durch die eigenen Samen der Bäume überall möglich sein soll. Ist dies nicht der Fall, geht es dem Wild an den Kragen. So zumindest die Theorie. In der Praxis streiten sich Jäger und Förster seit Jahrzehnten über die Höhe der Abschusszahlen. Die Jäger haben ein Interesse an einer starken Wildpopulation in ihren Revieren, wo dann leichter gejagt werden  kann. Zudem bedeuten hohe Abschusszahlen auch viel Arbeit für die Jäger.

Die werfen den Forstleuten ihrerseits Profitstreben vor. Denn der Wald käme mit dem Verbiss schon zurecht, so das Argument der Jäger, nur nicht die Förster. Denn die wollten nicht irgendwelche Bäume, sondern perfekt und schnell gewachsene, die sich gut verkaufen ließen.

Beim Waldbegang des Weißenburger Stadtrats, der den Hintergrund für den Appell des Weißenburger Forstamts lieferte, taten die Weißenburger Stadträte jedenfalls das Ihre, um der Rehpopulation Herr zu werden. Das Forstamt hatte im Anschluss an den Begang nämlich zu Rehbraten geladen.

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