Repair-Café in Weißenburg eröffnet

19.9.2017, 11:55 Uhr
Repair-Café in Weißenburg eröffnet

© Robert Maurer

„Die Maschine hat den Geist aufgegeben, kurz nachdem die Garantie abgelaufen war. Ich war gerade beim Plätzchen backen“, erzählt die Besitzerin. Sie hat sie zum Hersteller geschickt, doch der wollte oder konnte sie nicht reparieren. Reinhard Ebert schon. Nach einer guten halben Stunde tut die Rührmaschine wieder, was sie soll. Das Problem lag an einer Lötstelle in der Stromversorgung. Ebert „Die war zu dünn.“

Ein Paradebeispiel für die Idee des Repair-Cafés. Kleiner Eingriff, große Wirkung. Weitere zehn Minuten später hat Ebert das Küchengerät wieder zugeschraubt und kann sich der nächs-ten Aufgabe widmen.

Ein Repair-Café ist ein Kaffekränzchen mit angegliederter Werkstatt. Wer fit ist in Sachen Elektronik oder Mechanik stellt sich und sein Know-how zur Verfügung, um Alltags- und Gebrauchsgegenstände wieder flott zu machen. Nachdem Gunzenhausen vor einem halben Jahr vorgelegt hat, zieht nun auch Weißenburg mit einem Repair-Café nach.

Im Oktober und November wird es weitere solche Treffen geben, dann ist erstmal Weihnachtspause. „Vermutlich bis Februar“, sagt Dorothee Bucke. Die Leiterin der Freiwilligeninitiative in Altmühlfranken hat das Projekt auf Anregung der Seniorenberater Gerhard Fürbaß und Bernhard Ernst mit angeschoben und in Tanja Günther und Margit Kleemann Unterstützer gefunden. Kleemann organisiert das Repair-Café in Gunzenhausen, Günther ist Chefin der Kiss und stellt die Räume für das Angebot zur Verfügung.

Zum Auftakt herrscht schon reger Betrieb im Seitentrakt des Postgebäudes in der Westlichen Ringstraße. Besonders hoch im Kurs stehen Kaffeevollautomaten. Angesichts der hohen Preise mögen ihre Besitzer die Geräte nicht wegwerfen, nur weil sie nicht mehr ganz dicht sind. Das Problem hier ist, dass man in der Regel Ersatzteile braucht und die haben die Reparateure natürlich nicht unbedingt dabei.

Müll vermeiden

Das ist nämlich auch nicht unbedingt gewünscht: Man will ja auch den Handwerkern nicht ihr Geschäft wegnehmen, sondern die Dinge machen, die einfach zu erledigen sind – wenn man weiß wie. Das klappt natürlich nicht immer und der eine oder andere muss sein nicht repariertes Stück wieder mitnehmen oder bekommt einen Auftrag. „Da besorgen Sie sich jetzt ein neues Stromkabel und dann kommen Sie wieder und ich mache es Ihnen dran“, sagt Otto Fleischmann einer Dame. Das Originalkabel ist bereits angekokelt. Bei der nächsten Inbetriebnahme gibt es vermutlich einen Schwelbrand.

Neben Reinhard Ebert sind bei der Premiere Anja Sonntag, Otto Fleischmann, Edi Österlein und Willi Halbritter als Reparateure mit von der Partie. Halbritter und Sonntag haben es diesmal recht ruhig: Er ist für Fahrradreparaturen eingeteilt, sie für Textilien. Einen Reißverschluss einnähen wäre eine klassische Arbeit für sie, sagt Anja Sonntag. Doch die meisten denken bei Reparatur eben eher an technische Geräte. Ein Ehepaar kommt herein. Aus ihrer Pastiktüte spitzt eine weitere Kaffemaschine heraus. Die nächste Dame bringt einen Fön mit.

Die Repair-Café-Idee kommt aus den Niederlanden. Die Initiatoren wollten damit der Wegwerfgesellschaft den Kampf ansagen und aufzeigen, das man sich der geplanten Obsoleszenz, also dem beabsichtigten Defekt eines Produkts nach einer bestimmten Zeit, der Industrie nicht beugen muss. „Das vermeidet Müll und ist damit auch gut für die Umwelt“, stellte auch Weißenburgs Bürgermeisterin Maria Schneller in ihrer Begrüßung fest.

Repair-Café in Weißenburg eröffnet

© Robert Maurer

Darüber hinaus war es den niederländischen Initiatoren wichtig, dass auf diese Weise soziale Treffpunkte für Menschen aus den unterschiedlichsten Kontexten entstehen. Das war auch für Tanja Günther ein entscheidender Punkt, warum sie glaubt, dass das Repair-Café in den Räumen der Kiss, die ja eigentlich eine Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen ist, genau richtig aufgehoben ist. „Wir bringen hier Menschen mit gemeinsamen Interessen zusammen. Und genau das passiert hier auch.“

Wer mag, kann natürlich auch einfach nur einen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. Irmgard Berndanner sorgt dafür, dass alle versorgt werden. Der Kaffeebetrieb läuft auf Spendenbasis. Auch die Reparatur
kostet nichts, aber natürlich sind Bucka und ihre Mitstreiter dankbar für den ein oder anderen Euro. „Damit können wir dann Dinge anschaffen, die hier benötigt werden.“

Weitere Helfer stehen bereit

In Deutschland gibt es derzeit rund 500 Reparatur-Initiativen. Weißenburg will sich ebenfalls dauerhaft in dieser Liste etablieren. „Wir haben noch weitere Helfer auf einer Liste“, erklärt Dorothee Bucka. So können bei den künftigen Ausgaben auch andere Schwerpunkte gesetzt werden und es gibt Ersatz, falls mal einer der Reparateure nicht kann. Wer beim jeweiligen Termin im Einsatz sein wird, wird künftig wohl auch auf der Homepage des Repair-Cafés stehen. Die ist aber noch im Aufbau.

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