So ein Zirkus!

27.11.2016, 06:00 Uhr
So ein Zirkus!

© Heubeck

An diesem Punkt fiel Oberbürgermeister Jürgen Schröppel dem Linken erstmals ins Wort und bat ihn, sich zum Thema zu äußern. Wenig später  wiederholte er seinen Hinweis. Dinar bekam den Bogen, indem er darauf hinwies, dass die Tierdressurnummern heute im Grunde nichts anderes seien. Sie zeugten ebenso „vom Mangel an Respekt gegenüber anderen Lebewesen“, unterstrich Dinar. Die Dressur eines Wildtieres sei „per se ein Zwang“. Und die Tiere würden unter dem Zurschaustellen leiden. In vielen Ländern gebe es längst ein Wildtierverbot für Zirkusse.

Gerade das Abstimmungsverhalten  einiger SPD-Stadträte und des OB, der bekanntlich auch Sozialdemokrat ist, verstehe er nicht, machte Erkan Dinar deutlich. Es sei ihnen wohl nicht bekannt, was die SPD-Bundestagsfraktion zu dem Thema sage. Die sei nämlich für ein Wildtierhaltungsverbot und beklage die Blockadehaltung der Union. Dieser Haltung könne er nur zustimmen.

Dafür gab es von drei Zuhörern im Sitzungssaal des Gotischen Rathauses Applaus. Sie bat der OB daraufhin, den Beifall zu unterlassen. Sie seien in einer Stadtratssitzung und nicht bei einer Kundgebung.
SPD-Stadtratsfraktionschef Andre Bengel sagte, er kenne sehr wohl die Haltung der Bundestagsfraktion seiner Partei in dieser Frage, aber er kenne auch den Bericht der Bundes­regierung zum Tierschutz. Und der zeige auf, dass es deutlich größere Missstände bei der Massen- und der privaten Tierhaltung gebe als in Zirkussen. Außerdem gehe es im Stadtrat darum, kommunale Entscheidungen zu treffen.

Sein Parteifreund Uwe Döbler sieht dies genauso: „Wir sind hier wirklich nicht im Bundestag“, meinte er. Ihm gefielen Massentierhaltung und Tierrechtsverstöße auch nicht. „Dies hier zu diskutieren, halte ich aber für völlig falsch.“ Dem pflichtete auch Alexander Kohler bei. Das Thema müsse auf „gesetzgebender Ebene und nicht bei uns geklärt werden“, sagte der Freidemokrat. Es seien dazu eine Vielzahl an Petitionen am Laufen. Außerdem halte er nichts von einer „Vorzensur“, denn es gehe auch um die Exis­tenz der Zirkusbetriebe. Und würde man sie nicht mehr auf öffentliche Flächen lassen, würden sie sich private Stellplätze suchen, was es nur schwerer mache, sie zu kontrollieren.

„Scheinheilig“

Dinar wollte dies so nicht gelten lassen. Es sei „scheinheilig“, immer nur auf die Zuständigkeit der Bundespolitik zu verweisen. „Wir haben als Kommune sehr wohl Möglichkeiten“, sagte er.

Heinz Gruber hingegen ist überzeugt, dass „Zirkustierhaltung einmal ein Thema war, aber keines mehr ist“. Es gebe kaum mehr Zirkusse in Deutschland, und die Zahl der von ihnen gehaltenen Wildtieren sei gering, merkte der Freie Wähler an, der seit Jahrzehnten im Tierschutz aktiv ist.
CSU-Stadtratsfraktionsvorsitzender Klaus Drotziger machte zudem deutlich, dass es „für Wirtschaftsbetriebe in Deutschland „Gesetze und Verordnungen“ gibt sowie Stellen, die deren Einhaltung kontrollieren. Und ein Zirkus sei nun mal ein Wirtschaftsunternehmen.

Katrin Schramm (Bündnis 90/Die Grünen) verwies ebenfalls auf die Kontrollen der Veterinärämter. Im Falle seines jüngsten Gastspiels in Gunzenhausen sei dem Circus Krone beispielsweise bescheinigt worden, dass „alles in Ordnung“ sei. Sie halte nichts davon, „vorzupreschen und zu sagen, Zirkusse wollen wir hier nicht haben“. Außerdem seien Zirkusse tatsächlich „ein auslaufendes Modell“.

Für Dinars Antrag stimmten Martin Britz und Harald Dösel (beide SPD) sowie Maximilan Hetzner. Der Grüne ist überzeugt, dass „bei der Tierhaltung im Zirkus von artgerecht keine Rede sein kann“. Dies wolle er nicht unterstützen. Außerdem könne man als Kommune durchaus „hier ein Zeichen setzen“. Er stimmte für den Antrag, machte aber gleichzeitig deutlich, das ihm in Dinars Worten „der Pathos nicht gefällt“.

Ähnlich ging SPD-Mann Dösel auf Distanz zu dem Linken. Er kritisierte seine „weitschweifenden Äußerungen“. Trotz seiner Zustimmung wolle Dösel nicht in das „propagandistische Fahrwasser“ des Antragstellers geraten.

Oberbürgermeister Schröppel machte abschließend deutlich, dass „die SPD eine pluralistische Partei“ sei und er sich eine eigene Meinung leiste. Bei der Linken hingegen müsse wohl wie zu Zeiten der SED als einer der Vorgängerorganisationen alles parteikonform gehen, schoss er scharf.
Übrigens: An der Umfrage „Soll es weiterhin in Weißenburg Zirkusaufführungen geben?“ auf der Internetseite unserer Zeitung haben von Mittwochnachmittag bis gestern Mittag 260 Leser teilgenommen. 58 Prozent von ihnen klickten „Ja, Zirkus hat in Deutschland eine Tradition!“ an. 42 Prozent votierten für: „Nein, für mich ist Zirkus mit Tieren Tierquälerei und sollte deshalb verboten werden.“

 

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