„So unbekannt wie ein Urwalddorf”

20.2.2019, 08:32 Uhr
„So unbekannt wie ein Urwalddorf”

© Tabea Goppelt

„Ich weiß genau, dass ihr alle gekommen seid, nur um zu schauen, dass ich auch wirklich gehe“. So begann Doerfer seine Abschiedspredigt und erntete gleich einige Lacher aus Richtung der vollbesetzten Kirchenbänke. „Das freut mich sehr“, fügte er mit einem Grinsen im Gesicht hinzu. Er habe in seinem Leben bisher an keinem Ort am Stück so lange gelebt wie in Langenaltheim. „Und warum?“, fragte er in die Gemeinde. „Weil's mir so g'fällt“, antwortete er selbst mit einem kleinen Versuch, ein bisschen zu „fränkeln“.

Schnell stellte sich dann auch heraus, warum es am Eingang die Sonnenbrillen gegeben hatte: Nicht, weil ihn auf seinem neuen Posten mit vielen Dienstreisen nur noch Urlaub erwarten werde, wie die Grußwort-Redner später witzelten – sondern, weil sich seine Abschiedspredigt vor allem um die vielen Brillen drehte, die jeder in seinem Leben tragen würde, verdeutlichte der Pfarrer. So mussten erst einmal alle Gemeindemitglieder ihre Sonnenbrillen aufsetzen. Und auch Doerfer machte mit – fast die ganze Predigt hindurch.

Damit warf er zunächst einen Blick zurück zum Januar 2010, als er in Langenaltheim ankam. Seine erste „Brille“ gegenüber Langenaltheim musste der heute 54-Jährige  schnell ablegen: Zuvor war er Pfarrer in Brodswinden bei Ansbach gewesen. Daher dachte Doerfer sich, dass er die Arbeit in einer mittelfränkischen Gemeinde ja schon kenne, große Unterschiede werde es schon nicht geben. Andersherum hätten manche Langenaltheimer ihm gegenüber ebenfalls eine Brille gehabt, vor allem, weil er schon an so vielen Orten gelebt hatte: In Papua-Neuguinea geboren, wuchs er in Australien auf und kam erst als Jugendlicher nach Deutschland. Da habe es zum Beispiel geheißen: „Was, da kommen Sie aus der Südsee bis nach Langenaltheim? Das muss ja langweilig für Sie sein hier!“. Beide Brillen widerlegte Doerfer: „Für mich war Langenaltheim genauso unbekannt wie ein Urwalddorf in Papua Neuguinea“, scherzte er, „und die Eingeborenen nennen sich hier Schafbraune“.

Nach seiner Abschiedspredigt wurde Doerfer von Dekan Wolfgang Popp offiziell verabschiedet und von seinem Dienst für die Gemeinde entpflichtet. In einer kleinen Ansprache fand Popp lobende Worte für Doerfer: Er sei „ein Pfarrer, der anpackt“ und während seiner Dienstzeit in Langenaltheim über seine normalen Aufgaben hinaus engagiert gewesen.

as sei keine Selbstverständlichkeit, erklärte der Dekan. Dabei erwähnte er Momente wie eine Andacht mit Gummientchen oder Eintopfessen in der Kirche, aber auch die Renovierungsarbeiten an der St. Willibaldskirche. „Wir, das Dekanat und die Langenalt-heimer, haben Sie ins Herz geschlossen“ beendete Popp seine Abschiedsrede. Ein Geschenk für Doerfer hatte er auch dabei: Eine Hängematte. „Denn so stellen wir alle uns Ihre zukünftige Arbeit vor“, bemerkte er scherzhaft.

Unvergessene Erlebnisse

Nach der Entpflichtung sprachen noch weitere Redner ihre Gruß- und Dankesworte aus. Darunter Pfarrerin Manuela Reißig, die feststellte: „Es war eine gute Zeit, wir lassen dich ungern ziehen. Schätzelein haben wir dich unter den Kollegen immer genannt“. Aus dem Kirchenvorstand erklärte Thomas Daeschler: „Du warst für LA ein prima Missionar!“ und Peter Loy verriet: „Wir nannten uns von Anfang an immer 'Bruder'. Viele Erlebnisse mit dir werden uns unvergessen bleiben“. Zum Abschied ließ der Kirchenvorstand dem Pfarrer ein Schild mit seiner Langenaltheimer Hausnummer aus Juramarmor anfertigen.  Sein zukünftiger Vorgesetzter, Thomas Paulsteiner, freute sich darüber, „wie sich oft die Kreise schließen“. Die beiden hatten bereits in den 90er Jahren zusammen in Papua Neuguinea gearbeitet.

Musikalisch begleitet wurde die Verabschiedung gleich mehrfach: Den Ein- und Auszug in und aus der Kirche spielte die Feuerwehrkapelle Langenaltheim. Zu Beginn und zum Abschluss des Gottesdienstes erklangen dann Chorstücke des Singkreises Langenaltheim unter der Leitung von Christiane Kraft, die auch die Gottesdienstlieder an der Orgel begleitete. Ein Teil der Feuerwehrkapelle trat als Band unter der Leitung von Bürgermeister Alfred Maderer ebenfalls auf – mit Stücken wie dem Abschiedsklassiker „One moment in time“ oder dem Gospelklassiker „Amen“.

Beim anschließenden Empfang im Gemeindezentrum gab es ein großes Abschiedsbuffet und noch mehr gute Wünsche. So trat dort die Sängerschaft Langenaltheim auf und auch die Kindergartenkinder präsentierten ein Abschiedslied. Die Kinder hatten ein besonderes Geschenk dabei: Einen Rucksack voll mit Proviant und Ausrüstung für die kommenden Reisen nach Neuguinea; darunter Schokolade, Chips und einen Hammer. Der Bürgermeister Langenaltheims, Alfred Maderer, sprach die neuen Ideen und Impulse an, die Doerfer in die Gemeinde gebracht habe. Er hatte sogar angefangen, mit der dortigen Bläserklasse das Waldhornspielen zu lernen. „Das meiste wurde ja auch umgesetzt“, wandte Maderer sich an den Pfarrer, „aber du musstest auch feststellen: In Langenaltheim geht nicht alles“. 

Auch Altbürgermeister Friedrich Schlegel bedankte sich herzlich für Doerfers Dienst in Langenaltheim: Doerfer sei glaubwürdig und lebendig. Das sei wichtig für Pfarrer, dass „man spürt, sie meinen's ernst“. Als Abschiedsgeschenk hatte er eine eigenhändige Nachbildung des Kreuzes neben der Kanzel der Langenaltheimer St.Willibaldskirche dabei.

Nach dieser sichtlich ergreifenden Dankesrede endete das offizielle Verabschiedungsprogramm. Aus dem Verabschieden kam Doerfer selbst jedoch noch nicht so schnell heraus. Das wird aber wohl noch bis zum Antritt seiner neuen Stelle in Neuendettelsau ab dem 1. März andauern und sich sicherlich noch bis in den Sommer ziehen, wenn Doerfer mit seiner Familie das Pfarrhaus Langenaltheim dann endgültig verlassen wird.

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