Tritte gegen den Kopf bringen Weißenburger ins Gefängnis

29.1.2016, 14:00 Uhr

Damit lag die Kleine Jugendkammer am Landgericht zwar deutlich unter der Forderung von Staatsanwalt Florian Beer, aber eben noch so hoch, dass eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung nicht mehr möglich ist. Es sei die klare Linie der Ansbacher Justiz und auch des Oberlandesgerichtes Nürnberg derartige „brutale Übergriffe im öffentlichen Raum“ mit harten Urteilen zu begegnen, sagte Vorsitzender Richter Jürgen Krach.

Die beiden Berufs- und Laienrichter hätten sehr wohl die vielen positiven Entwicklungen von Mehmed U. (Namen der Beteiligten geändert) in den vergangenen Monaten gesehen. Doch die Schwere der Tat und die Tatsache, dass neben der Schlägerei noch Diebstahl und Handeln mit Haschisch zur Verhandlung standen, hätte durchaus auch eine dreijährige Haftstrafe möglich gemacht. „Das ist das unterste dessen, was wir für Sie tun können“, sagte der Richter zu dem sichtlich erschütterten Mehmed U.

Rückblende: Am 7. Dezember 2014 gegen 5.00 Uhr morgens waren vier Freunde auf dem Heimweg von der Weißenburger Disco. Sie trafen auf Mehmed U. und dessen Kumpel Alexander C. Ohne besonderen Grund verwickelte Alexander C. die Gruppe in eine Schlägerei. Und statt ihn zurückzuhalten, stand ihm Mehmed U. bei. Er raufte sich mit Marcel P. Und als dieser am Boden lag, zog er mit dem Fuß aus und trat gegen dessen Kopf. Mindestens vier Mal.

Derartige Tritte können leicht tödlich sein, erläuterte in der gestrigen Berufungsverhandlung ein Sachverständiger. Dabei ist es übrigens unerheblich, welches Schuhwerk der Zutretende trägt. Entscheidend ist die Wucht, mit der er den Kopf trifft. Marcel P. hatte riesiges Glück. Er kam mit Schürfwunden, Prellungen und einem lädierten Kiefer davon.

Darüber hinaus legte die Staatsanwaltschaft Mehmed U. zur Last, dass er im Dezember 2013 etwa 50 Gramm Haschisch kaufte. Einen Teil konsumierte er selbst, den Rest verkaufte er weiter. Der dritte Punkt der Anklageschrift drehte sich um einen Diebstahl. Auf der Party eines Freundes im August 2014 schlich sich Mehmed U. in die Räume der Eltern und steckte diversen Schmuck sowie einen iPod im Gesamtwert von 4300 Euro ein.

Nach der Schlägerei vom Dezember 2014 wurde er festgenommen. Mit einer kurzen Unterbrechung nach der Verhandlung vor dem Amtsgericht saß Mehmed U. etwa acht Monate in Untersuchungshaft. Die Zeit dort hat er genutzt, ist die Jugendgerichtshilfe in Weißenburg überzeugt. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes erläuterte ausführlich, wie sich aus dem Jugendlichen, der sich nichts mehr sagen ließ und der immer wieder mit der Polizei zu tun hatte, ein junger Mann wurde, der wieder eine Bindung zu seiner Familie aufbaute, sich für seine Taten schämte, zur Arbeit ging, eine Ausbildung machen wollte und ein straffreies Leben anstrebte. In der Untersuchungshaft habe eine Reifeentwick­lung eingesetzt, die für „eine hohe Bindung an Normen und Werte unserer Gesellschaft“ gesorgt habe.

Die Erklärung blieb aus

Schon in erster Instanz hatte sich Mehmed U. bei seinem Opfer entschuldigt. Nun legte er auf Vorschlag seines Rechtsanwaltes Falk Stange noch eins drauf und bot ihm sogar 500 Euro Schmerzensgeld an. Marcel P. hatte schon im Sommer vergangenen Jahres die Entschuldigung angenommen. Vor Gericht bemühte er sich zu zeigen, dass er seine Taten tatsächlich bereut. „Die Sache tut mir wirklich leid“, wiederholte er mehrfach – und wirkte dabei ein wenig unbeholfen. „Ich war in Untersuchungshaft und habe viele Erfahrungen gemacht und viel gelernt.“

Mehmed U. zeigte sich vollauf geständig. Eine echte Erklärung für seine Taten konnte er allerdings nicht liefern. Beim Diebstahl sei er stark betrunken, bei der Schlägerei angetrunken gewesen und er wisse nicht, was ihn da geritten habe. Von Drogen lasse er seit seiner Inhaftierung komplett die Finger. Das belegte auch ein Drogenscreening des Weißenburger Gesundheitsamtes.

So ging es am Ende um die Frage, wie die Taten zu werten sind. Staatsanwalt Beer forderte aufgrund der Schwere der Schuld drei Jahre und drei Monate Haft. Damit blieb er unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft im Prozess vor dem Amtsgericht (drei Jahre und neun Monate), weil auch er die positive Entwicklung des jungen Mannes würdigen wollte. Die beiden Rechtsanwälte von Mehmed U. gaben kein konkretes Strafmaß vor, wollten aber unbedingt im Rahmen einer Bewährungsstrafe bleiben. „Wenn er sich dann nicht bewährt, dann rappelt es tatsächlich“, sagte Anwalt Stange.

Doch die Richter sahen mehr Härte als angemessen an. Sie legten sich auf zwei Jahre und drei Monate fest. Die acht Monate Untersuchungshaft werden angerechnet und bei guter Führung ist eine Haftentlassung nach der Hälfte der Gesamtstrafe möglich. Somit könnte Mehmed U. im Herbst die Lehrstelle antreten, die er in Aussicht hat – vorausgesetzt er lässt sich von diesem Rückschlag nicht aus der Bahn werfen.

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