Umjubelter "Jedermoo" in Weißenburg

5.8.2015, 08:04 Uhr
Umjubelter

© Leykamm

Die Reihe dazu nennt sich „Theater am Markt“. Nachdem es in der Vergangenheit nicht wirklich gelang, eine gute Lösung für Schauspiel auf dem Marktplatz zu realisieren, erweist sich der Hof als ideale Spielfläche mit gu­ter Akustik. Die großzügige Treppe kann zudem als Erweiterung der selbst gezimmerten Bühne genutzt werden. Geht es nach den Initiatoren Thomas Hausner und Brigitte Brunner, die die Veranstaltung zusammen mit der Stadt aufs Gleis gesetzt haben, etabliert sich hier der „Jedermoo“ zum festen Stück – so wie der Brandner im Bergwaldtheater.

Um für Authentizität im Stück zu sorgen, nahm man die Trachtenberatung des Bezirks in Anspruch, Nähkurse wurden absolviert, und schließlich griffen die Darsteller mit Unterstützung von Ingrid Schebitz selbst zu Nadel und Faden. Es hat sich gelohnt – zumindest lässt sich die Reaktion des Publikums klar so deuten. Bei der Premiere gibt es stehende Ovationen der knapp 180 Besucher.

Um was es in dem Stück geht, wird dem Publikum zu Beginn recht intuitiv vermittelt. Geschwungene Spiegel stehen an den Wänden des Hofes gelehnt, Lebkuchenherzen mit der Aufschrift „Dou moußt es spürn“ springen aus einem Korb ins Auge. Jeder kann sich in dem Stück wiederfinden, jeder muss einmal sterben, und jeder tut gut daran, die Zeit davor auf die feine Stimme des Herzens zu hören. So wie eben auch „Jedermoo“ (Stephan Hausner), der aber zunächst eher der Stimme des Geldes folgt.

Von Gier zerfressen

Das kann nicht gut gehen, wie dem Publikum zum Start mehr als deutlich gemacht wird. Denn da stapft ein zorniger Gott (Matthias Böhner) durch die Reihen des Publikums und macht seinem Ärger über die Menschen Luft: „Däi machen sich gegenseidich hie, wenns a su weidamachen!“ Die Erdenbewohner seien von Gier zerfressen und dächten nur noch an eines: „haben, haben, haben!“ Der Heiland ist wütend: „Gar nimmer lang rumdou und glei mim jingstn Gricht ofanga“, lautet erst sein Ansinnen, doch dann will er nur einen vor Gericht sehen – ausgerechnet „Jedermoo“, dessen der „Deifl“ (Harald Nißlein) sich schon sicher wähnt.

Der reiche Franke weiß davon nichts und ergötzt sich lieber der Pläne für ein Gartenschloss, das er errichten lassen will. Sich des „armer Nachber erbarmer“ kommt ihm nicht in den Sinn, und auch die arme Alleinerziehende (Franziska Hüttmeyer) reut ihn nicht. Sie muss ins Gefängnis, weil sie einen Kredit nicht bezahlen kann, den er ihr gewährte – wohl wissend, dass es genau so enden würde. Genüsslich wird in dem Stück aus Schwarz Weiß gemacht. Der Nachbar (Rainer Scheibe) soll sich „schammer“, weil er den großen „Jedermoo“ anbettelt.

Und eine Welt, in der schriftliche Verträge nichts mehr gelten, sei doch wohl keine erstrebenswerte, reibt er der Schuldnerin genüsslich unter die Nase, bevor er gnädigerweise einen Schuppen in seinem Anwesen für deren Kinder freiräumen lässt, denn „däi kenner ja nix dafür . . .“ – natürlich in gebührendem Abstand, denn ihr „saudumms Gejammer“ soll nicht an seine Ohren dringen.

Schon erscheint seine eigene Mutter (Beate Ziegler) auf der Bühne, was den „Jedermoo“ aber keine Einsicht ab­nötigt. Im Gegenteil: Er will sie loswerden und gibt vor, sich nur um ihre Gesundheit zu sorgen. Doch nicht nur diese Argumente scheinen hochmodern, auch die Erklärung des reichen Franken, was sein Reich ihn so alles kostet und dass er nicht jedem „Doldi“ was geben kann, weil er sonst selbst nichts mehr hat, ruft so manche aktuelle Assoziation hervor.

Kein Geld, keine Freunde

Doch mitten in einer Party sieht der „Jedermoo“ jemanden vor seinen To­ren. „Da schleicht doch anner rum!“ Der Tod (Thomas Hausner) ist es, der dem Lebemann seinen verhängnisvollen Irrtum aufzeigt. Wenn er meine, das eigene Leben auf Erden sei sein Eigentum, „no hasd die brellt!“. Eine Stunde Frist nur gibt es, und in der brechen alle falsche Sicherheiten weg: Sein „Freind“ (Kevin Berns) will zwar auf sein Geld und seine „Herzala“ (Nina Gerbig und Diana Sturm) aufpassen, verweigert ihm aber das Geleit, wie auch seine Verwandten.

Denn sie sollten ihm für diese Aufgabe eigentlich zu schade sein, befinden sie und verweisen aufs Publikum: „Dou hockn gnuch Leit!“ Auch der geliebte Mammon (Pia Oßwald) lässt ihn im Stich. Das eigene Gewissen (Brigitte Brunner) nur bietet Geleit an. Es verweist aber auf seine Schwester, den Glauben (Anja Tiede), nämlich den an den stellver­tretenden Opfertod Jesu, der „für Jedermoo gschdorm ist“.

Der wiederum ergreift den Strohhalm und tritt seine letzte Reise an – in den Himmel – , während der „Deifl“ sich um den Lohn seiner „Ärbert“ gebracht sieht und sich fragt, wo denn da die Gerechtigkeit bleibt.

Am Ende darf aufgeatmet werden, dass die Gnade über sie triumphiert hat. Und es erklingt langer, verdienter Beifall für alle Darsteller – neben den erwähnten sind dies Dennis Bock, Michael David, Sebastian Hausner, Arthur Rosenbauer, Conny Rosenbauer, Ingrid Schebitz, Lena Sturm und Anna Uellendahl.  

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