Veitserlbacher sollen nochmal wählen

14.1.2017, 06:00 Uhr
Die Veitserlbacher wollen statt einem Ortsbeauftragten einen Ortssprecher. Pleinfelds Bürgermeister Markus Dirsch steht beim Besuch in dem Ortsteil wohl ein Gang nach Canossa bevor.

© Dressler Die Veitserlbacher wollen statt einem Ortsbeauftragten einen Ortssprecher. Pleinfelds Bürgermeister Markus Dirsch steht beim Besuch in dem Ortsteil wohl ein Gang nach Canossa bevor.

Die Geschichte wirkt für Außenstehende auf den ersten Blick wie Erbsenzählerei. Ortsbeauftragter oder Ortssprecher – wo bitte soll da der große Unterschied sein? Für die Veitserlbacher ist die Frage dagegen wichtig. Vor allem, weil sie von 1978 bis 2014, also gut 36 Jahre lang im Gemeinderat von einem Ortssprecher vertreten wurden. Durch eine Änderung der Geschäftsordnung im Oktober 2014 wurde dagegen festgelegt, dass der Pleinfelder Ortsteil nur noch einen Ortsbeauftragten wählen kann, der weniger Rechte als ein Ortssprecher hat. Seitdem kocht in dem Ortsteil die Volksseele, und man weigerte sich standhaft, den Status quo aufzugeben.

Ein Umstand, der jetzt in der jüngs-ten Gemeinderatssitzung endlich behoben werden sollte: durch eine abermals geänderte Geschäftsordnung. Bürgermeister Markus Dirsch (CSU) und seine Verwaltung hatten folgenden Vorschlag auf den Tisch gelegt: Aus der gültigen Geschäftsordnung der Marktgemeinde Pleinfeld wird nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht am Landratsamt der Satz „In sonstigen Fällen wird der Ortsbeauftragte in analoger Anwendung der Vorschriften über die Wahl der Ortssprecher“ gestrichen. Dadurch könne auch in Veitserlbach ein Ortsbeauftragter ohne entsprechende Formalien von der Gemeinde bestimmt werden. Das bringe für die Kommune für künftige Bestellungen „erleichterte Handlungsmöglichkeiten“.

Ein Vorschlag, der vor allem bei den Freien Wählern und der SPD auf großen Widerstand stieß. Aber auch die Fraktion der CSU, der Dirsch angehört, wollte sich nicht für den Verwaltungsvorschlag erwärmen. So sprach beispielsweise CSU-Fraktionsvorsitzender Thomas Hueber von einem „Eiertanz“, den man seit zweieinhalb Jahren mache und den man endlich beenden müsse, wolle man in Veitserlbach endlich wieder für Frieden sorgen.

"Pipi-Langstrumpf-Politik"

Wie groß dieser Wunsch ist, zeigt sich darin, dass sich Hueber sogar für den Vorschlag der SPD erwärmen konnte, den Bernhard Endres für seine Fraktion vorgestellt hatte. Der hatte den Verwaltungsvorschlag vor allem wegen der Formulierung kritisiert, dass der Ortsbeauftragte "ohne entsprechende Formalien von der Kommune bestimmt werden" kann. Endres schlug dagegen folgende Formulierung vor: "... in sonstigen Fällen wird der Ortsbeauftragte durch die Bewohner des jeweiligen Ortes vorgeschlagen."

Ein Vorschlag, der wiederum Norbert Schuster (FW) empörte: "Es nimmt mittlerweile groteske Züge an. Die Gemeindeordnung gibt die Rechte und Pflichten und die Wahl eines Ortsbeauftragten vor." Für ihn sei die Gemeindeordnung während der laufenden Wahlperiode "wie die Bibel" , deshalb könne man sie auch nicht beliebig ändern und eine „Pipi-Lang-
strumpf-Politik“ betreiben, gemäß dem Motto: „Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ 

Schuster plädierte dafür, den Verwaltungsvorschlag abzulehnen, weil der Ortsbeauftragte einen starken Rückhalt im Ort brauche und deshalb auch demokratisch gewählt werden müsse: „Deshalb muss der Bürger-meister rausgehen und eine Wahl abhalten, alles andere ist nicht zielführend.“ Bei Dirschs Vorgänger habe es auch geklappt, deshalb wundere er sich, warum man die Wahl noch immer nicht zustande gebracht habe.

Thomas Hueber (CSU) sprang seinem Bürgermeister dagegen zur Seite und meinte: „Das Thema ist uns vor die Füße gefallen.“ Dirschs Amtsvorgänger hätten es jahrelang falsch gemacht, weil Veitserlbach laut Gemeindeordnung eben kein eigener Ortssprecher zustehe, und Dirsch müsse das jetzt ausbaden. Aus diesem Grunde sei er auch für den Vorschlag der SPD, wenn er endlich Befriedung bringe.

Den lehnte aber vor allem Ulrike Alt (FW) ab, weil es ein „unsauberer Weg“ sei, meinte die Juristin. Ihrer Ansicht nach könne man nicht einfach im Nachhinein die Rechtsgrundlage verändern und Unrecht durch eine Rechtsänderung heilen. Deshalb müs-se man einfach noch einmal eine Wahl  durchführen. Schuster argumentierte: „Seit der Änderung der Gemeindeordnung hat ein Ortsbeauftragter ohnehin fast die gleichen Rechte wie ein Ortssprecher, deshalb muss er auch genauso gewählt werden.“

Rainer Braun (CSU) wollte Dirsch einen „kameradschaftlichen Rat“ geben: „Geh’ einfach noch einmal raus und lasse ordnungsgemäß einen Ortssprecher wählen.“ Ein Vorschlag, der ihm selbst von den Freien Wählern Applaus (!) einbrachte. Und Lob von Fraktionskollegen Herzner: „Ich finde den Vorschlag der Freien Wähler und von Rainer Braun sinnvoller als Ihre bockige Vorgehensweise, Herr Bürgermeister.“

Jetzt ist es an Bürgermeister Dirsch, erneut eine Wahl in Veitserlbach zu organisieren. Das wäre bereits der dritte Versuch. Denn schon zweimal verweigerten sich die Veitserlbacher einen Ortsbeauftragten zu wählen, weil sie weiterhin lieber einen Ortssprecher hätten, wie 36 Jahre zuvor. Wie die Wahl ausgeht, bleibt spannend. Für Dirsch wird die erneute Fahrt nach Veitserlbach ein Gang nach Canossa.

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