Weißenburg soll Bausünden vermeiden

1.2.2016, 08:08 Uhr
Weißenburg soll Bausünden vermeiden

© Renner

Hier handelt es sich um die zurück-versetzte Fläche an der Verbindungsgasse zwischen der Schießgrabenmauer und der Äußeren Türkengasse. Dort ist vor ein paar Jahren ein leer stehendes landwirtschaftliches Anwesen ein Raub der Flammen geworden. Doch das Grundstück, noch dazu in unmittelbarer Nähe zur Stadtmauerpartie am Schießgraben, ist städtebaulich sensibel, und die Architekten „haben sich bisher schwer damit getan“, sagte jüngst Stadtbaumeister Thomas Schwarz gegenüber unserer Zeitung.

Jetzt liegt ein Entwurf für die Neubebauung vor, und der Gestaltungsbeirat soll sich damit ebenso befassen, wie mit den Plänen für das sogenannte Bender-Areal. Wie mehrfach berichtet gehört es zu jenen städtebaulichen Filetstücken, die zur Neubebauung anstehen und die erstmals bebaut wurden, als Weißenburg bei der ersten Industrialisierung über seine alten Grenzen hinauswuchs. Ebenso wie beim benachbarten A+B-Grundstück geht es darum, das Areal sensibel und mit Blick auf die benachbarten he-rausragenden Baudenkmäler, wie dem Ellinger Tor, zu gestalten.

Hier zwischen allen Beteiligten – der Verwaltung, dem Bauherrn und dem Stadtrat – zu vermitteln, aber auch Sachverstand von außen einzubringen, ist die Aufgabe des Gestaltungsbeirats. So sollen bei städtebaulich bedeutenden und das Stadtbild prägenden Vorhaben schlimme Bausünden vermieden werden. Ziel ist es aber auch, dass Bauherrn relativ zügig zu einer Baugenehmigung kommen.

Schnelleres Prozedere

Denn die Stadt könnte auch, wenn eine Planung nicht zu ihren Gestaltungsvorstellungen passt, für den jeweiligen Bereich eine Veränderungssperre erlassen. Dann ginge erst einmal gar nichts mehr. Bis schließlich ein Bebauungsplan aufgestellt würde, könnten zwei Jahre vergehen. Da ist es für den Bauherrn eine Überlegung wert, ob er nicht den Weg über den Gestaltungsbeirat wählt. Denn wenn eine allseits tragbare Lösung gefunden wird, ist kein Bebauungsplan nötig und es können wesentlich früher die Maschinen anrücken.

Die Expertisen des Beirats sind übri­gens nicht verbindlich. Sie sollten vielmehr als Ratschläge verstanden werden. Die Entscheidungshoheit liegt nach wie vor beim Stadtrat. Gestaltungsbeiräte gibt es auch in anderen Städten, wo sie seit Jahren erfolgreich arbeiten.

Dem Weißenburger Gestaltungsbeirat gehören die Architekten Friedrich Bär (BSS Architekten, Nürnberg), Michael Gebhard (Morpho-Logic, München) und Peter Brückner (Brückner & Brückner Architekten, Tirschenreuth) sowie Landschaftsarchitekt Professor Ludwig Schegk (Schegk Landschaftsarchitekten, Haimhausen) an. Sie sind allesamt in solchen Gremien erfahren und dabei unter anderem in Nürnberg, Erlangen und Würzburg tätig gewesen.

Außerdem kennen die meisten von ihnen Weißenburg aus anderen Projekten: Schegk beispielsweise hatte den ersten Preis beim Wettbewerb für die Marktplatzgestaltung damals vorgelegt, der dann aber nicht realisiert wurde. Bär ist der Planer des Technologie- und Studienzentrums (TSZ) im Gewerbegebiet West I. Und Gebhard arbeitet mit Ingrid Buchstaller zusammen. Ihr Büro war zweiter Preisträger beim Marktplatz-Wettbewerb. Peter Brückner wurde der Stadt empfohlen, weil er viel Erfahrung hat, Historisches und Neues zu kombinieren, erläuterte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel, der zusammen mit Stadtbaumeister Thomas Schwarz in der jüngsten Stadtratssitzung den Gestaltungsbeirat vorstellte.

Schröppel zufolge war keine Frau für das Gremium zu gewinnen. Schwarz berichtete, dass drei Planerinnen angefragt worden seien. Sie hätten alle gerne mitgearbeitet, aber ihre Terminkalender ließen dies nicht zu.

Der Stadtrat beschloss nicht nur mit 14 zu sechs Stimmen – die Gegenstimmen kamen allesamt von der CSU – die Besetzung des Gestaltungsbeirats, sondern auch dessen Statut. In dessen Präambel wird als Ziel formuliert, „die vorhandenen Qualitäten des Stadtbildes der Stadt Weißenburg i. Bay. zu sichern, funktionale und gestalterische Qualität in Städtebau, Architektur und Freiraum fortzuschreiben sowie Fehlentwicklungen zu vermeiden“. Vom Wirken des Beirats soll „ein positiver Einfluss auf das Bewusstsein für gute Architektur und Stadtgestaltung ausgehen – in der Öffentlichkeit, in der Politik und der Stadtverwaltung“.

Zunächst nicht öffentlich

Die Mitglieder dürfen ihren Wohn- und Arbeitssitz nicht in Weißenburg-Gunzenhausen haben und während ihrer Beratertätigkeit im Landkreis auch keine Entwurfsaufgaben bearbeiten. Die erste Sitzung zu einem Projekt ist in der Regel nicht öffentlich „Die nachfolgenden Beratungen (Überarbeitung des Vorhabens) finden in öffentlicher Sitzung statt, sofern Gründe des Bauherrn dem nicht entgegenstehen“, heißt es im Statut.

Die Arbeit der Beiräte wird von der Stadt in Anlehnung an die „Entschädigungsempfehlung für Preisrichter, Sachverständige und Vorprüfer“ der Bayerischen Architektenkammer vergütet. Dort werden als Halbtagessatz 450 Euro netto und als Tagessatz 900 Euro netto angegeben. Hinzu kommen Fahrtkosten.

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