Weißenburg will keine Faitrade Town sein

26.4.2016, 15:34 Uhr
Weißenburg will keine Faitrade Town sein

© Robert Renner

Der Antrag sei von außen gestellt worden. Wenn die Stadt es „formell auf die Spitze treiben“ wolle, müsse sich der Stadtrat mit der Sache gar nicht beschäftigen, erläuterte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel. Doch man habe nicht formalistisch sein wollen, außerdem verfolge die Kampagne sinnvolle Ziele.

Der Weltladen hatte vorgeschlagen, dass sich Weißenburg an der internationalen Kampagne beteiligt und den in Deutschland vom Verein TransFair verliehenen Titel „Fairtrade Town“ anstrebt. Dazu müssen fünf Kriterien erfüllt werden. „Ziel der Kampagne ist es, dass sich verschiedene Akteure der Stadt gemeinsam für den Fairen Handel einsetzen“, heißt es im Antrag.
Die Kampagne vernetzt Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik und fördert den Fairen Handel auf kommu­naler Ebene. Seit 2009 können sich Städte und Gemeinden um den Titel „Fairtrade Town“ bewerben.

„Vorbildfunktion“

Der Weltladen „Nueva Esperanza“ engagiert sich seit 27 Jahren, den Fairen Handel auf örtlicher Ebene „immer mehr ins Bewusstsein zu bringen“. In Deutschland wachse „allgemein zunehmend das Bewusstsein für gerechte Produktionsbedingungen sowie soziale und umweltschonende Herstellungs- und Handelsstrukturen“, heißt es im Schreiben des Weltladens. Auf kommunaler Ebene spiele der Faire Handel in allen gesellschaftlichen Bereichen eine immer wichtigere Rolle.

Eine „Fairtrade Stadt“ übernimmt dem Weltladen zufolge „soziale Verantwortung und damit Vorbildfunktion“ für die Bürger. „Für die Stadt Weißenburg bedeutet dies, sich als innovative weltoffene Stadt zu etablieren und ein positives Image zu transportieren“, ist man beim Weltladen überzeugt. Weltweit gibt es bereits über 1400 „Fairtrade Towns“ in über 24 Ländern.

Das erste zu erfüllende Kriterium auf dem Weg zur „Fairtrade Town“ ist ein Beschluss des Stadtrats, den Titel anzustreben. Außerdem muss festgelegt werden, dass bei allen Sitzungen der Ausschüsse und des Rates sowie im OB-Büro Kaffee und ein weiteres Produkt aus Fairem Handel verwendet wird. OB Schröppel zufolge wird im Rathaus bereits fair gehandelter Kaffee verwendet.

Ferner gilt es, eine lokale Steuerungsgruppe zu bilden, die auf dem Weg zur „Fairtrade Town“ die Aktivitäten vor Ort koordiniert. Das allerdings binde personelle Resourcen der Verwaltung, befürchtet der OB. Der Weltladen allerdings merkt in seinem Schreiben an: „Es wäre sinnvoll, wenn dieser Steuerungsgruppe ein Mitglied der Verwaltung angehören würde, um effektives Arbeiten zu ermöglichen. Der Weltladen wird mit ein bis zwei Personen in der Steuerungsgruppe vertreten sein.“

Drittes Kriterium ist, dass in den Einzelhandelsgeschäften sowie in Ca­fés und Restaurants Fairtrade-Produkte angeboten werden. „Aldi, Kaufland, Lidl und Marktkauf führen Fairtrade-Produkte. Damit ist die geforderte Zahl von vier Geschäften erfüllt“, merkt der Weltladen an. Beim Lehner-Bäck und im Torwart würden Fairtrade-Getränke ausgeschenkt. „Eventuell müsste mit ihnen noch über eine Erweiterung des Angebots verhandelt werden, somit hätten wir auch hier die geforderten zwei Gastronomiebetriebe“, heißt es weiter in dem Papier.

Darüber hinaus müssen in einer „Fairtrade Stadt“ in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen Fairtrade-Produkte verwendet und Bildungsaktivitäten zum The­ma „Fairer Handel“ durchgeführt werden. Durch den Weltladen, der mindestens zwei Veranstaltungen pro Jahr macht, sind in Weißenburg die katholische, die evangelische und die methodistische Gemeinde in den Fairen Handel eingebunden. Auch das Weißenburger Gymnasium ist im Bereich Fairer Handel aktiv. Nach einem passenden Verein müsse noch gesucht werden.

Letzter Punkt in der Kriterienliste ist die Berichterstattung in den lokalen Medien über die Aktivitäten auf dem Weg zur „Fairtrade Town“.

Ohne den Textilbereich

Gabi Schlör (SPD) bedauerte, dass „gewisse Bereiche, wie Textil oder Landwirtschaft“ generell ausgespart seien. Es wäre sicher ein Aushängeschild für Weißenburg, wenn es einen „Laden mit Fair gehandelten Textilien für den Tagesbedarf“ gebe.

Maximilian Hetzner (Bündnis 90/Die Grünen) erläuterte, dass die geforderten Kriterien als Minimum zu verstehen seien. Daraus sollen sich weitere Aktivitäten und Angebote entwickeln, wenn möglich natürlich auch im Textilbereich.

Für ihn stelle sich aber die Frage, ob die Stadt weiter zuwarten wolle oder ob man durch ein klares Votum, den Titel anzustreben, einen Anreiz seitens der Stadt für mehr Engagement im Fairen Handel schaffen möchte. Weil er will, dass Weißenburg zur „Fair­trade Town“ wird, lehnte Hetzner den Beschlussvorschlag ab. Der übrige Hauptausschuss stimmte dem Verwaltungsvorschlag zu, sich im Zuge des ISEK mit der Thematik auseinanderzusetzen.

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