Weißenburger Kunstpreis für Ruth Bergmann und Mathias Otto

21.6.2016, 08:45 Uhr
Weißenburger Kunstpreis für Ruth Bergmann und Mathias Otto

© Robert Renner

Statt einem ersten, zweiten und dritten Preis wurden zwei erste ver­geben. „Damit ist der dritte Preis ein zweiter“, erläuterte Professor Günther Köppel, unter dessen Leitung die Jury tagte. Bekanntgegeben wurden die Preisträger bei der Finissage, zu der sich in der Kunst-Schranne gut 120 Besucher eingefunden hatten. Das ließ die Gesamtbesucherzahl für die einwöchige Ausstellung auf rund 900 klettern, freute sich Roland Ottinger vom Organisationsteam.

Besonders fielen die Vielfalt der  künstlerischen Arbeiten und deren Qualität auf. Auf diese müsse wiederum ein besonderes Augenmerk gerichtet werden, wenn der Kunstpreis, der zum zweiten Mal vergeben wurde, ernsthaft etabliert werden soll, meinte  Preisträgerin Ruth Bergmann unserer Zeitung gegenüber.
Dies sieht Jury-Vorsitzender Köppel genauso. Seiner Lesart nach wurde mit dem 2. Kunstpreis nicht nur eine „Tradition der Kunstpflege“, sondern auch eine Tradition der Qualität“ in Weißenburg begründet, die Preise nicht als Wertung zu sehen. Im Sinn des Wettbewerbs habe aber eine Reihung vorgenommen werden müssen, zu unterschiedlich seien die Werke. „Man muss Äpfel mit Birnen vergleichen“, machte Köppel die Schwierigkeit für die Jury deutlich.

Dieser gehörten neben ihm Jürgen Schröppel (Köppel über den OB: „Er versteht sogar etwas von Kunst.“), Kunstkenner und -förderer Dr. Alfred Meyerhuber, Alexander Schräpler (Vorstand im Berufsverband bildender Künstler Nürnberg-Mittelfranken), Margarete Mandl (langjährige Jurorin beim Europäischen Wettbewerb für Kunst) und Roland Ottinger (früherer Lehrbeauftragter an der Universität in Eichstätt und Kunstpädagoge an der Fachoberschule) an.
Ruth Bergmann, die von der Jury einen der ersten Preise zugesprochen bekam, hat mit ihrem Werk „Was soll ich tun?“ ein Labyrinth aus mit Schweineblut getränkten Papierbahnen in einem Quadrat auf dem Fußboden der Kunst-Schranne ausgestellt. Die Höchstädterin will damit auf das Thema Massentierhaltung und -schlachtung aufmerksam machen. Allein in Bayern werde alle sechs Sekunden ein Schwein getötet.

Weißenburger Kunstpreis für Ruth Bergmann und Mathias Otto

© Robert Renner

Acht Liter Schweineblut, so viel wie ein Tier in sich trägt – hat Bergmann in tagelanger Arbeit mit der Pipette auf zwei jeweils 20 Meter lange Papierrollen geträufelt. Die Bahnen wirken nun pergamentartig. Das Schweineblut ist – wohl je nach Tagestemperatur – unterschiedlich schnell ge­trocknet und hat dementsprechend unterschiedlich dicke Schichten gebildet.
Das Papier sei „variantenreich gefärbt“, beschrieb Köppel. „Über alle Varianten von Rot-Braun bis hin zu gelbem Ocker ist ein eigener Farbkosmos entstanden, markant und fließend zugleich.“ Blut als Farbstoff begleite den Menschen seit Urzeiten, und dass es sich in diesem Fall um Schweineblut handele, löse „nicht nur angesichts der biologischen Nähe zu unserem menschlichen Blut“ Betroffenheit aus – „von leichtem Schauer bis zu Ekel“.

Wer im ländlichen Raum aufgewachsen sei, kenne die Hausschlachtung noch, die es aber heute kaum mehr gebe. Köppel: „Für die meisten von uns bleibt dieser grausam-notwendige Tötungsakt ein Mysterium. Verdrängen wir den Tod? Vielleicht und gerade deshalb ist die Konfrontation mit diesem Umstand ein großes Anliegen, das uns an viele weitere Fragen existenzieller, moralischer, vielleicht sogar philosophischer Natur heranführt.“

Ganz anders sind die „Nachtstücke“ von Mathias Otto, an den ebenfalls ein erster Preis ging. Doch nur auf den ers­ten Blick, denn sie leben wie das Bergmannsche Labyrinth „vom Sehen, von der intensiven Auseinandersetzung mit ihrer visuellen Botschaft“, konstatierte Köppel.

Otto malt seit 20 Jahren Nachtbilder – düster auf den ersten Blick, aber enorm detailreich bei näherem ,Hinsehen. Der Nürnberger „steht mit seinen Arbeiten in der Tradition eines Kernanliegens der bildenden Kunst, nämlich abbilden zu wollen, abbilden zu können, die Wirklichkeit so realistisch wie möglich widerzugeben, stellte Köppel fest.

„Das ganz Besondere“ an den Arbeiten sei aber „ihre Farbigkeit, das vermeintliche Schwarz-Weiß, das vermeintliche Grau in Grau“, stellte Köppel fest. Wer sich die Mühe mache, näher zu treten, erkenne das „immense Spektrum einer minimalen Tonigkeit“. Letztlich sei es „dieses subtile Kolorit, das diese Arbeiten zu etwas ganz besonderem werden lassen“. meinte Köppel.
Dies zu schaffen, geht aber nur mit immensem Zeitaufwand. In Öl auf Holz arbeitet der Nürnberger und brauchte für eines seiner drei ausgestellten Werke, das eine großstädtische Nachtszene mit Mülltonnen zeigt, rund 120 Stunden – 40 davon allein für den mit großer Detailversessenheit gemalten zentralen Metallzaun.

Ganz anders ist das „Portrait“, für das Monika Lehmann den zweiten Preis erhielt. Sie habe spontan, lei-denschaftlich und „kraftvoll aus der Tiefe ihrer Gefühle“ gearbeitet. „Ich wage zu behaupten, das Bild hätte
ungeheuer viel seiner Dynamik verloren, wenn die Spuren der Vehemenz übermalt, geglättet und akademisch regelgerecht zu Ende geführt wären“, stellte Köppel fest und weiter: „Monika Lehmanns Bild ist nicht mehr und nicht weniger als eine Hymne auf die Lust am Malen. Ein wahnsinnig starkes Bild, wir danken ihr dafür.“

Den Publikumspreis erhielt Manfred Hönig für seine fotorealistischen Gemälde verfallender Bauwerke in der amerikanischen Prärie. Auf ihn entfielen 42 Stimmen gefolgt von Mathias Otto mit 37 Stimmen. Zwischen zehn und 30 Stimmen erhielt jeder Künstler. Das unterstreiche die Vielfalt der Ausstellung und die Qualität der Arbeiten, stellte Roland Ottinger fest und freute sich für die Künstler: „Keiner ist leer ausgegangen.“

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