Weißenburger Stadtrat meuchelt Krimifest

9.12.2016, 12:00 Uhr
Weißenburger Stadtrat meuchelt Krimifest

© Theisen

Freilich, der Patient war zuvor schon nicht mehr sonderlich vital. Eher konnte man von einer künstli­chen Beatmung auf der Intensivstation sprechen, angesichts dessen, dass im vergangenen September gerade einmal 189 Besucher zu sieben städtischen Veranstaltungen kamen und dafür 18000 Euro aus dem Stadtsäckel zugeschossen wurden. Trotzdem kam das Ableben nun überraschend.

Nach dem jüngsten Festival hatte es eine Manöverkritik gegeben, bei
der alle Organisatoren und Veranstalter sowie der Kulturausschuss des Stadtrats intensiv diskutiert hatten. Nach übereinstimmender Aussage verschiedener Teilnehmer war der Tenor damals: Es ist schlecht gelaufen, aber man sollte dem Festival mit veränderten Parametern nochmals eine Chance geben. Wenn es 2018 wieder nichts werde, sei die Reihe zu beenden.

Dieser Gesprächskreis konnte freilich keinen Beschluss fassen, dennoch waren etliche Beteiligte davon ausgegangen, dass sich auch bei einer Abstimmung im Kulturausschuss eine Mehrheit für das Festival finden wird.

Katrin Schramm (Bündnis 90/Die Grünen) hatte denn auch in der Sitzung argumentiert, dass man es „mit veränderten Faktoren nochmals versuchen“ solle. Würde es erneut nicht angenommen, gehe das Festival wohl an den Bürgern vorbei. Dann seien die Ausgaben auch nicht mehr angemessen.

Vor allem mit einer „überregionalen Bewerbung“ sei die Sache schon „noch mal einen Versuch wert“, schloss sich Maria Schneller von der CSU an. Ihr Fraktionsvorsitzender Klaus Drotziger sieht dies genauso und verwies darauf, dass man bei der Manöverkritik ja auch „identifizieren konnte, warum es suboptimal gelaufen ist“.

Als strikter Gegner einer Fortführung zeigte sich Wolfgang Hauber. Er vertrete zwar nur seinen Freie-Wähler-Kollegen Heinz Gruber im Kulturausschuss, doch der habe schon „klipp und klar seine Meinung gesagt“ und der könne er sich nur anschließen.

Das Krimifestival sei „zu beliebig“ und könnte in jeder anderen Stadt genauso stattfinden. Es verwachse nicht mit Weißenburg, weil es keine lokalen Anknüpfungspunkte gebe.

„Nicht vermittelbar“

Ein Minus von 18000 Euro bei 189 Besuchern spreche eine „deutliche Sprache“. Pro Besucher habe man fast 100 Euro draufgezahlt. Hauber: „Das kann man den Bürgern nicht vermitteln“. Besser angelegt sei das Geld im kulturellen Bereich beispielsweise im Bergwaldtheater oder beim Römerfest. „Das sind Dinge, die haben einen Be­zug zu Weißenburg“, sagte der Freie Wähler.

Nicht ganz so eindeutig äußerte sich Lizzy Pecoraro. Die Sozialdemokratin vertrat zunächst die Auffassung, das Krimifestival vielleicht mit einer Veranstaltung wie der Criminale in Nürnberg zu verknüpfen und „ein bisschen anders zu gestalten“. Sie fände es schade, „wenn das Krimifestival nicht mehr da“ wäre.

Ihr Parteifreund Martin Britz sprach sich eigentlich für „einen Schlussstrich unter dem Krimifestival“ aus, hätte sich aber einen weiteren Versuch 2018 „beispielsweise als Außenstelle der Criminale“ vorstellen können. Sein Fraktionskollege Harald Dösel hingegen sieht „nur geringe Chancen, das Ding nochmals zu drehen“. Vielmehr laufe man Gefahr, sich „kulturpolitisch zu verzetteln“. Er verwies auf das Bergwaldtheater, das Römerfest und das erst kürzlich gestartete Literaturprojekt des Stadtschreibers (wir berichteten). Dösel: „Es wäre natürlich schön, auch das Krimifestival zu haben. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es funktioniert.“

Krimifestival-Organisator Klaus Häffner, der der Kulturausschusssitzung beiwohnte, merkte an, dass ein Verknüpfen mit der Criminale nicht möglich ist, weil diese 2014 nur einmalig in Nürnberg lief.

Nach den SPD-Rednern sagte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel, es gebe „gute Argumente“ für einen weiteren Versuch, und er wisse, dass sich viele – auch ehrenamtlich – stark eingebracht hätten. Das Stadtoberhaupt: „Aber wir haben auch Zahlen, die wir nicht vom Tisch wischen können.“

Zwei Aspekte hätten ihn letztlich dazu bewogen, sich gegen das Krimifestival zu entscheiden: Zum einen sei der Stadtschreiber als vielversprechendes neues Projekt gestartet worden. Zum anderen seien zu der jüngs­ten Lesung mit Dirk Kruse, dem künstlerischen Leiter des Krimifestivals, vor ein paar Tagen nur rund 50 Besucher ins Kulturzentrum Karmeliterkirche gekommen. Der OB: „Dabei ist Herr Kruse schon eine Größe im Literaturbetrieb und in Weißenburg nicht unbekannt.“

Letztlich sei er „persönlich nicht dafür“, das Krimifestival fortzusetzen, sagte Schröppel. Sprach es, ließ abstimmen, und alle SPD-Ausschussmitglieder und Wolfgang Hauber schlossen sich ihm an, während die CSU und Katrin Schramm für einen weiteren Versuch 2018 votierten. Da es ein Senatsbeschluss ist, muss sich der Stadtrat mit der Thematik nicht mehr befassen.

Die Reihe war 2012 mit einem hohen Anspruch gestartet. Sie sollte das Krimifestival in Franken schlechthin werden und weit überregionale An­ziehungskraft entfalten. Anfänglich wurde sogar darüber nachgedacht,  einen Autorenwettbewerb für einen Franken-Kurzkrimi zu integrieren.

Klaus Häffner, früherer Leiter des Studios Franken des Bayerischen Rundfunks und damals neu engagierter Kulturberater der Stadt, sollte für das Festival seine Kontakte spielen lassen. Bewerben wollte man das Fes­tival „trimedial“, wie er seinerzeit sagte: im Hörfunk im Fernsehen und im Internet. Doch gerade auch an mangelnder Werbung scheiterte das Krimifestival in diesem Jahr.

Von Anfang an hatte das im zweijährigen Turnus stattfindende Festival keine überragenden Besucherzahlen. Diese gingen dann auch noch von Mal zu Mal zurück – trotz namhafter Künstler und Autoren, wie 2012 dem Tatort-Kommissar Miroslav Nemec mit seiner Band oder 2014 dem schwedischen Bestsellerautor Arne Dahl.

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