Wem gehören dreieinhalb Kilo Marihuana?

15.6.2018, 11:28 Uhr
Wem gehören dreieinhalb Kilo Marihuana?

© Robert Maurer

Der 24-Jährige stammt ursprünglich aus Rumänien, ist aber deutscher Staatsbürger und wohnte an verschiedenen Orten in Altmühlfranken. Seine Karriere als Drogendealer betrieb er am intensivsten, als er ab dem Sommer 2016 für ein knappes Jahr in Weißenburg wohnte. Anschließend zog er nach Nürnberg, war aber weiterhin regelmäßig in Weißenburg – unter anderem, um seine Kunden zu beliefern. Das räumte er gestern vor der 1. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Claus Körner ziemlich unumwunden ein. Er habe mit dem Dealen seinen eigenen Drogenkonsum finanziert, erläuterte er.

Und der hatte es nach seinen eigenen Angaben ganz schön in sich. Mit 17 habe er angefangen Marihuana zu rauchen. Erst nur an den Wochenenden, dann täglich. „Zum Einschlafen“, berichtete er. Nachdem er zu einem Kumpel nach Weißenburg gezogen war, kamen Amphetamine und andere Drogen wie LSD, Kokain und Speed dazu. Tagsüber zog er sich Amphetamine durch die Nase, um Power zu haben, abends rauchte er Joints, um wieder ruhig zu werden.

Das klang heftig, was der junge Mann dem Gericht berichtete. Doch es wollte sich so gar nicht decken mit dem, was die Drogentests eines Erlanger Instituts nach der Festnahme ergaben. Gelegentlicher Cannabis- und Amphetamin-Konsum ja, in den vom Angeklagten geschilderten Mengen nein, lautet das knappe Fazit. Radu A.s Verteidiger Dr. Mark-Alexander Grimme versuchte die Diskrepanz damit zu erklären, dass sich sein Mandant zeitweise die Haare gebleicht habe. Dies habe möglicherweise das Ergebnis verfälscht.

Mit der Frage des Drogenkonsums wird sich das Landgericht noch beschäftigen müssen. Vermutlich werden die Gutachter, möglicherweise auch die Friseurin als Zeugen laden. Auch René M. soll noch gehört werden. Bei ihm wohnte Radu A. ein knappes Jahr in Weißenburg. Beide waren im Drogengeschäft. In unmittelbarer Nähe des Schulviertels vertickten sie aus ihrer Wohnung heraus fast alles, was illegal ist und high macht. Zum einen kamen die Kunden direkt vorbei, zum anderen bestellten sie im Darknet, wo Radu A. einen Shop betrieb. Verschickt wurden die Drogen unauffällig in eingeschweißten DVD-Hüllen.

In den dunklen Ecken des Internets besorgte sich auch Radu A. die Drogen vorwiegend, bis er Ende 2016 über einen Kumpel einen „türkischen Hintermann“ aus Nürnberg kennenlernte. Von dem war die große Menge, die sich am Tag der Festnahme in der Wohnung von Radu A. fand. Der Angeklagte schilderte die Geschichte so: René M. habe eine Lieferung von einem Kilogramm Marihuana von dem namenlosen „türkischen Hintermann“ erwartet, doch sei er zum Liefertermin in Köln gewesen und habe deshalb seinen Freund gebeten, das Paket anzunehmen. Der tat das auch.

Abgewickelt wurde das Geschäft auf offener Straße, direkt vor der Wohnung von Radu A. in Nürnberg. Ein Mittelsmann kam mit dem Auto, machte den Kofferraum auf und drückte ihm eine Supermarkt-Plastiktüte in die Hand. Radu A. bedankte sich fürs „Erledigen des Einkaufs“ und ging mit der Tüte nach oben. Erst dort habe er sich den Inhalt angesehen und festgestellt, dass es deutlich mehr war.

Daraufhin habe er den „türkischen Hintermann“, von dem er nur einen Chatnamen kennt, angeschrieben. Der habe ihn gebeten, die Ware ein, zwei Tage für ihn aufzubewahren, bis er einen Abnehmer dafür hat. Er habe sich nichts dabei gedacht, schilderte Radu A. dem Gericht. Er sah es als Gegenleistung, weil der Lieferant ihm bislang immer „guten Stoff“ geliefert habe. Als dann die Polizei ein paar Tage später zur Wohnungsdurchsuchung anrückte, lagen die 3,5 Kilogramm noch immer in der Wohnung.

Mindestens 2,5 Kilogramm Marihuana hat er selbst bei dem „türkischen Hintermann“ gekauft, räumte Radu A. vor Gericht ein. Einen Teil davon hat er selbst verbraucht und den Rest verkauft. Mit dem Weiterverkauf von Marihuana in kleinen Mengen wollen sich die Strafkammer und die Staatsanwaltschaft erst gar nicht auseinandersetzen müssen. Die entsprechenden Punkte in der Anklageschrift wurden eingestellt. Es gab ohnehin nur vage Angaben zum Umfang und anderen Daten.

Das Gericht will sich auf die großen Brocken fokussieren. Und das sind neben den 3,5 Kilogramm in der Wohnung noch knapp 100 Gramm Amphetamin, die Radu A. im Darknet bestellt hatte und die die Post aus dem Verkehr zog. Außerdem stehen noch zwei weitere Marihuana-Deals in der Anklageschrift. Dabei spielte jeweils René M. eine Rolle. Der beschuldigt Radu A., in die Verkäufe verwickelt gewesen zu sein. Der Angeklagte streitet das aber ab.

Der Prozess vor dem Landgericht Ansbach wird fortgesetzt. Bislang
gibt es noch viele Fragezeichen. Die Zeugenaussagen sollen nun Klarheit bringen.

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