Wir müssen reden machte Station in Weißenburg

24.7.2017, 06:02 Uhr
Wir müssen reden machte Station in Weißenburg

© Martina Bogdahn

Jedenfalls musste man den Weißenburgern keine großen Anregungen mit auf den Weg geben, über was sie denn mit den Politikern, Journalisten oder Kulturschaffenden diskutieren könnten. Die Bierfilze des BR, die auf den Tischen als Anregung für die Diskussion lagen, blieben weitestgehend unbenutzt. Auch Zundfünk-Moderator Achim Bogdahn, der kurz den Ablauf erklärte und die Gäste vorstellte, wollte während der Diskussion bewusst nicht eingreifen. „Wir wollen, dass Sie in einem intimen Rahmen ohne Öffentlichkeit reden können“, erklärte der Münchner Moderator, der sich auch im Weißenburger Land gut auskennt, weil seine Frau Martina aus Pleinfeld kommt.

Die Idee des Stammtisches: Pro Biertisch diskutiert ein Gast 15 Minuten lang mit den Stammgästen des Biertisches und wechselt danach zum nächsten Tisch. Als Diskutanten in Weißenburg kamen Oberbürgermeis­ter Jürgen Schröppel, CSU-Bundestagsabgeordneter Artur Auernhammer, Landrat Gerhard Wägemann, die Grünen-Landtagsabgeordnete Ve­rena Osgyan, Linken-Europaabgeordneter Thomas Händel, der Weißenburger SZ-Journalist Uwe Ritzer und der Stadtschreiber Franz Stefan Griebl alias Franzobel, der im Weißenburger Tagblatt einmal pro Woche mit seiner Kolumne „Stadt-Streifer“ erscheint und mit seiner Themenwahl offenbar bislang ein gutes Gespür bewies.

Wir müssen reden machte Station in Weißenburg

© Martina Bogdahn

Bei einem Weizen diskutierte der österreichische Schriftsteller angeregt mit den Weißenburgern über Einkaufsstress, die Algorithmen von Amazon oder über die Vorteile des Lebens in einer Kleinstadt: „Berlin wäre mir viel zu groß!“ Auch über sein Theaterprojekt, das 2019 im Bergwaldtheater uraufgeführt werden soll, ließ er sich Neuigkeiten entlocken. Zum Beispiel, dass er mit dem Theaterintendanten aus Würzburg in Verhandlungen sei, der die Regie führen soll. Auf die Frage „Darf man wissen, worum es in Ihrem Stück geht?“ antwortete Franzobel mit Grinsen: „Das würde ich auch gerne wissen . . .“

Die Hörnlein-Kreuzung

Am Nebentisch diskutierte Landrat Gerhard Wägemann mit Weißenburger und Dettenheimer Bürgern über Verkehrspolitik und verriet, dass die offizielle Verkehrsfreigabe der Dettenheimer Umgehung am 9. August erfolgt, die neue Strecke aber bereits ab der nächsten Woche für den Verkehr freigegeben wird. Auch bei der sogenannten Hörnlein-Kreuzung sei die Grundsatzentscheidung gefallen, die Planungen laufen, danach könne es in die Ausschreibung gehen. Wägemann rechnet aber nicht damit, dass das komplexe und kreuzungsfreie Bauwerk vor 2021 fertiggestellt werden kann: „Das wäre Zauberei.“

Weitere Themen, die an den Tischen diskutiert wurden: die Flüchtlings­situation im Landkreis, der Diesel­skandal mit all seinen Folgen für die Umwelt, die Chancen und Grenzen der Elektromobilität, Windkraft und
Solaranlagen oder die bayerische Landespolitik, die nach Ansicht einiger Diskutanten die Metropolen bevorzugt und die kleineren Kommunen auf dem Land vernachlässigt.

Nach gut eineinhalb Stunden griff dann Kabarettist Michael Altinger zum Mikrofon und trug mit einem Auszug aus seinem aktuellen Kabarettprogramm dazu bei, dass die Veranstaltung nicht zu bierernst wurde. Der Träger des Bayerischen Kabarettpreises machte sich unter anderem über „Diätschnack­seln“ und andere Alterserscheinungen lustig. Trotz gesündester Ernährung mit Stevia, Rucola, Quinoa und anderer Lebensmitteln, die gerade in Mode sind, bleibt am Ende die Erkenntnis: Auch die Gesündesten müssen einmal sterben. Genauso absurd sei es, den ganzen Tag arbeiten zu gehen, um sich eine Putzfrau leisten zu können. Selbst Putzfrauen hätten inzwischen Putzfrauen: „Meine Putzfrau, die aus Strunzenöd kommt, hat eine Putzfrau aus Rumänien, zu der kommt wiederum eine Frau aus Eritrea. Und das ist jetzt keine Diskriminierung – die arbeiten alle drei schwarz . . .“

Mit der Veranstaltung waren auch Stiftungsvorstand Ralf Nemetschek und Gastgeber Mathias Meyer überaus zufrieden, weil sie zur lebhaften Diskussion und zum Dialog beigetragen hat. Und das ist ein wesentliches Ziel der 2007 gegründeten Nemetschek-Stiftung, die die Demokratie in Deutschland stärken will.

 

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