Besuch vom Ministerpräsidenten

20.12.2011, 08:42 Uhr
Besuch vom Ministerpräsidenten

© Steiner

In den Ohren von Gunhild Riehl-Knoll dürften diese Worte eine Woche vor Weihnachten schöner als Glocken geklungen haben. Denn die Leiterin der Jugendwerkstatt treibt jedes Jahr aufs Neue eine Sorge um: Kann die Einrichtung weiter bestehen bleiben? Eine Frage, die vor allem mit der derzeit unklaren Finanzierungssituation zu tun hat, die der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente geschuldet ist.

Was das konkret heißt, brachte Klaus Umbach, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Bayern, im anschließenden Gespräch mit dem Ministerpräsidenten auf den Punkt: „Die Finanzierung der Jugendwerkstätten geht immer mehr zurück, sodass einige bereits schließen oder Personal kündigen müssen.“

Bayernweit unterstützt die Evan­gelische Jugendsozialarbeit in Bayern derzeit 16 Jugendwerkstätten und acht Facheinrichtungen. Für diesen Bereich setzt die Landeskirche mehr als 750 000 Euro jährlich ein. Weil aber die finanzielle Unterstützung der Arbeitsagenturen, Jobcenter und Kommunen immer weiter zurückgeht, stehe das „sehr erfolgreiche Förderkonzept mit seinen insgesamt rund 400 Mitarbeitern akut vor Problemen“.

Denn vom Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt könne die Zielgruppe der Jugendwerkstätten, Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf, nicht profitieren. Umbach: „Ihre Zahl bleibt trotz konjunktureller Schwankungen weitgehend stabil.“ Dies hänge vor allem damit zusammen, dass viele Jugendliche aus verschiedenen Gründen nicht ausbildungsreif seien und erst in Einrichtungen wie der Jugendwerkstatt qualifiziert werden müssten. Und das mit Erfolg: Die Quote der erfolgreichen Absolventen liegt bei rund 60 Prozent. Dass in der Jugendwerkstatt „toll gearbeitet“ werde, versicherte auch Landrat Gerhard Wägemann seinem Duzfreund. „Wenn es die Einrichtung nicht gäbe, müsste man sie schaffen.“

Persönliche Gespräche

Riehl-Knoll hatte dem Ministerpräsidenten vor dem Gespräch alle drei Bereiche der Jugendwerkstatt gezeigt: Schneiderei, Schreinerei und die erst vor einer Woche eingeweihte Waldwerkstatt. Seehofer nutzte die Gelegenheit, um mit den Jugendlichen persönlich zu sprechen und wollte zum Beispiel von Svenja Munker aus Treuchtlingen wissen: „Wie gefällt Dir die Schneiderlehre?“ Die 17-Jährige anwortete spontan und selbstbewusst: „Sehr gut.“ Nur der Lohn könne höher sein.

Insofern hatte sie auch gleich eine Antwort parat, als Seehofer sie fragte: „Was würdest Du denn ändern, wenn Du ab morgen Bundeskanzlerin wärst?“ Svenjas spontane Aussage: „Mehr Gehalt.“

Auch in der Waldwerkstatt und der Schreinerei zeigte Horst Seehofer viel Interesse für die Arbeit und die Anliegen der Auszubildenden und ließ sich im netten Plauderton erklären, welche Inhalte die Jugendlichen absolvieren müssen. Den Medien, von denen einige sogar bis aus der Landeshauptstadt angereist waren, sagte er nach dem Rundgang: „Ich haben einen sehr gu­ten Eindruck von den jungen Leuten hier, sie sind sehr motiviert.“ Als Landesvater und Politiker sei es ihm wichtig, dass er vor Ort erfahre, wie das reale Leben ist und was es noch zu verbessern gebe. Weil für ihn die Bildungspolitik die Gesellschaftspo­litik des 21. Jahrhunderts schlechthin sei, dürfe man niemanden „am Weges­rand stehen lassen“.

Dr. Günther Schauenberg, Geschäftsführer Grundsicherung der Regionaldirektion Bayern in der Bundesagentur für Arbeit, stellte der Einrichtung ein gutes Zeugnis aus: „Wir wissen, dass Jugendwerkstätten eine wichtige Einrichtung sind, um lang­fris­tig Kosten zu sparen.“ Eine Aussage, der Seehofer nicht widersprechen wollte: „Wir haben in Bayern vor, die Jugendarbeitslosigkeit ganz zu eliminieren. Wann sonst könnte das gelingen, wenn nicht jetzt?“

Im Niemandsland

Bernd Burgschneider, Leiter des Weißenburger Jobcenters, versicherte Gunhild Riehl-Knoll, dass man derzeit auf der Suche nach einer neuen Fördermöglichkeit für die Jugendwerkstatt sei und bereits ein Konzept habe. Ein Unterfangen, dass angesichts der Sonderstellung der Einrichtung nicht ganz einfach sei, wie auch Agenturleiterin Dr. Renata Häublein erklärte: „Die Jugendwerkstätten bewegen sich etwas im Niemandsland des Förder­katalogs.“ Dennoch wollte am Ende auch Schauenberg Optimismus verbreiten: „Wir schaffen das!“

Keine Kommentare