Erkan Dinar scheiterte erneut

13.12.2010, 08:35 Uhr
Erkan Dinar scheiterte erneut

Der Weißenburger wurde bereits zum zweiten Mal Verlierer heftiger innerparteilicher Machtkämpfe bei den bayerischen Linken. Schon im Frühjahr war seine Bewerbung knapp gescheitert. Nach Ansicht vieler De­legierter und Beobachter des Parteitags hielt er die aussagekräftigere und lebendigere Bewerberrede. Zur Wahl vorgeschlagen hatte ihn der Kreis­verband Augsburg. „Erkan Dinar hat noch nicht verlernt, anderen Leuten zuzuhören, wenn es um politische ­Themen geht“, hieß es zur Begründung. Vor allem die Jugendorganisation Solid, aber auch mehrere kleinere Kreisverbände standen erkennbar geschlossen hinter dem Vorsitzenden der Linken im Kreis Ansbach-Weißenburg.

Unmittelbar vor Beginn des Parteitags hatte es noch Versuche gegeben, Dinar die Kandidatur auszureden. Und zwar zugunsten von Xaver Merk, einem 57-jährigen, hauptamtlichen Funktionär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, der in den vergangenen vier Monaten bereits kommissarisch der männliche Teil der linken Doppelspitze im Freistaat war.

Die weibliche Landessprecherin heißt Eva Mendl. Sie ist eine hauptamtliche Angestellte in einem Ab­geordnetenbüro des umstrittenen Bun­desvorsitzenden Klaus Ernst. Kritiker sehen darin ein in der deutschen Parteienlandschaft beispielloses Abhängigkeitsverhältnis zwischen einer Landes- und einem Bundesvorsitzenden.

Tumulte und Beschimpfungen

Überhaupt sind die Gräben tief im Landesverband der Linken. Sie machen sich weniger an Inhalten, sondern vielmehr an Personen fest. Seit Monaten gibt es heftigste Auseinan­dersetzungen um Ämter-Patronage, fragwürdige Finanzwirtschaft und manipulierte Mitgliederzahlen. Der Parteitag in Asbach-Bäumenheim drohte mehrmals im Chaos zu ver­sinken. Es gab über Stunden hinweg immer wieder Tumulte, Buhrufe, Pfiffe und wüste gegenseitige Beschimpfungen. Zweimal schrammten Genossen knapp an Handgreiflichkeiten vorbei. Zum Eklat kam es, als Bundesparteichef Klaus Ernst (Schweinfurt) zum Rednerpult schritt und gut ein Drittel der Genossen den Saal demonstrativ verließen. Sie hielten Schilder hoch, auf denen stand: „Weg mit den Zent­ralisten – alle Macht den Basisdemokraten.“

In der aufgeheizten Atmosphäre ­gehörte Erkan Dinar zu denen, die im Saal blieben und zuhörten. Nicht weil er dem Ernst-Lager angehört, sondern weil er seine spätere Kan­didatur als „ausgestreckte Hand“ verstanden haben wollte, wie er sagte. Die bayerische Linke müsse künftig wieder miteinander diskutieren und reden, anstatt sich intern zu bekämpfen, forderte er. „Ansonsten wird diese Partei zerfallen.“ Vor allem mit Arbeitnehmerthemen hoffte Erkan Dinar zu punkten.

In der anschließenden Aussprache wurde allerdings schnell deutlich, dass der größere Parteiflügel, der Ernst ­zugerechnet wird, den Weißenburger als Landeschef unter allen Umständen verhindern will. So warf die Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke Dinar vor, in der Vergangenheit mit einem „polarisierenden Text“ in einer linken Publikation die sechs bayerischen Abgeordneten kritisiert zu haben. Befürworter von Dinars Kandidatur kamen reihenweise nicht mehr zu Wort – die Diskussionszeit sei abgelaufen, beschied ihnen das Tagungspräsidium knapp.

Unprofessionell

Wobei man sich das Prozedere bei Abstimmungen und Wahlen bei den bayerischen Linken teilweise unprofessioneller vorstellen muss als Klassensprecherwahlen in einer Grundschule. Gleich zu Beginn des Parteitags etwa mussten die Delegierten über einen Antrag entscheiden, den Parteitag zu verschieben, da seine ­personelle Zusammensetzung auf erheblich fehlerhaften Mitgliederstatis­tiken beruht.

Es wurde abgestimmt; 77 Stimmen für und 97 gegen einen Abbruch wurden gezählt. Macht in der Summe 174. Es waren jedoch nur 169 geladene Delegierte auf dem Parteitag, die hätten abstimmen dürfen. Auf dieses offenkundige Missverhältnis angesprochen, beschied die Parteitagsleitung lapidar, man könne sich das nicht erklären, könne da aber auch irgendwie nichts machen. Der Parteitag wurde einfach fortgesetzt.