Wohin mit Straftätern?

14.5.2011, 00:00 Uhr

Bei der Expertenanhörung vor dem Sozialausschuss des Landtags wurden die Meinungsunterschiede deutlich. Professoren wie der Tübinger Strafrechtler Jörg Kinzig oder der Münchner Psychiater Norbert Nedopil gehen davon aus, dass sich das ThUG durch das jüngste Verfassungsgerichtsurteil zur Sicherungsverwahrung erübrigt hat. Aufgrund der neuen juristischen Maßstäbe werde kein bayerischer Straftäter mehr davon erfasst, sagte Kinzig. Eine ähnliche Ansicht vertrat auch Celia Wenk-Wolff vom Verband der Bayerischen Bezirke.

Karl-Heinz Arians vom Sozialministerium und Hans-Uwe Kahl vom Justizministerium fordern vom Landtag dagegen, möglichst schnell Regeln zur Umsetzung des Bundesgesetzes auf Landesebene zu verabschieden. Dabei geht es vor allem um die Frage, wo die vom ThUG Betroffenen untergebracht werden. Die Staatsregierung möchte sie in Einrichtungen der Bezirke schicken — anfangs in das hochgesicherte Bezirkskrankenhaus (BKH) Straubing, später auch in andere BKH wie Ansbach oder Erlangen. Doch das lehnen die Bezirke ab.

Das ThUG ist seit Jahresbeginn in Kraft. Es wurde von der Bundesregierung geschaffen, um gefährliche Gewalt- und Sexualtäter, deren Unterbringung in der Sicherungsverwahrung laut dem Europäischen Gerichtshof gegen die Menschenrechte verstößt, dennoch weiter wegsperren zu können. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat allerdings vergangene Woche in einem Grundsatzurteil das komplette System der Sicherungsverwahrung gekippt. Es fordert ein umfassendes neues Konzept.

Nur für höchstgefährliche Täter

Es soll für alle Sicherungsverwahrten weit mehr Therapiemöglichkeiten bieten als bisher. Zudem sollen nur noch höchstgefährliche Täter nach dem Ende ihrer Strafe weiter weggesperrt werden dürfen. Der Gesetzgeber hat zur Entwicklung dieses Konzeptes Zeit bis Mai 2013. Nedopil plädiert gegen einen Schnellschuss: „Wir brauchen einen großen Wurf. Wenn wir den nicht machen, werden wir in fünf Jahren wieder Flickwerk haben.“

Laut Sozialministeriums-Vertreter Arians kann dagegen nicht bis zum großen Wurf gewartet werden. Es müsse Vorsorge getroffen werden, falls doch ein Landgericht entscheide, einen Gewalttäter nach ThUG unterzubringen. Er machte deutlich, dass das Ministeriums bei seinem Plan bleiben werde, die Verantwortung für die Unterbringung an die Bezirke zu übertragen.