Absolut stilsicherer Gemischtwarenladen

4.12.2015, 14:20 Uhr
Absolut stilsicherer Gemischtwarenladen

© Foto: Arne Marenda/RudeArt

Ursprünglich war „How I Spent My Bummer Vacation“ tatsächlich nur als Demo gedacht. Eingespielt im Studio der „Homes & Spasten“-Crew („die schäbigste Gang der Stadt!“) im alten Quelle-Gebäude in Nürnberg, schickten No Fun die Aufnahmen an verschiedene Plattenfirmen, auch um erst mal den Marktwert abzuchecken.

Das renommierte Nürnberger Punkrock-Label Concrete Jungle, wo die Scheibe nun erschienen ist, war da gar nicht im Verteiler – aus Respekt. „Ich hab’ mich nicht getraut, denen was zu schicken, einfach weil ich schon als junger Bub ein Riesenfan von Labelchef Matze und seiner Band Rejected Youth war“, erzählt Bassist Jens Schmidt.

Besagter Matze kam dann von sich aus auf No Fun zu und meinte, dass er die Platte gerne machen würde – auf CD und auf Schallplatte, was das Trio sehr gefreut hat. Denn das Geld für eine amtliche Vinylproduktion hätten die drei Studenten gerade eh nicht zur Hand gehabt.

Wie klingt „How I Spent . . .“? Sehr Lo-Fi, ziemlich nach Garage und vor allem wunderbar schraddelig. Die Basis ist Punkrock mit Ausflügen in den 80er-Jahre-Hardcore auf der einen und Richtung Trash Pop auf der anderen Seite. Indie und Grunge dürfen auch mit.

Zwölf Lieder, 27 Minuten

Was nach einem schlimmen musikalischen Gemischtwarenladen klingt, kommt in diesem Fall überraschend stilsicher und sehr eigenständig auf den Punk(t). Zwölf Lieder in nicht mal 27 Minuten.

Wobei die Platte nach hinten raus noch mal so richtig stark wird und mit „Mulholland Drive“ (Bikini Kill trifft auf No Doubt!) und dem „Pizza Song“, der ultimativen Hymne für eine ausgewogene Ernährung, zwei fette Hits an Bord hat.

Über allem thront die Stimme von Andrea Wieczorek, die in allen Stimmungslagen eine prima Figur macht. Der Albumtitel ist eine Verneigung vor den Bouncing Souls, der Bandname geht auf Andrea zurück. Die Sängerin und Gitarristin war 2013, als No Fun zusammenfanden, gerade frisch von einem Austauschjahr im sonnigen Kalifornien nach Nürnberg zurückgekehrt. Tristes fränkisches Herbstwetter, wieder bei den Eltern einziehen, keine Ahnung wie es weitergehen soll – no fun halt.

Inzwischen lebt die 24-Jährige in Berlin, wo sie als Andreya Casablanca bei den vielgelobten Gurr („garage pop with a punk in the trunk”) spielt, während Jens und Schlagzeuger Sebastian Vogel weiter in Nürnberg leben. Auch wenn sie erst jetzt zusammen Musik machen, kennen sich die drei aus Schulzeiten, „da gab es nicht so viele, die Skateboard fuhren und Iggy Pop gut fanden.“

Jens und Basti zockten vorher bei King Lui van Beethoven, die vor ein paar Jahren zwei, drei Sommer lang in und um Nürnberg ganz schön Gas gegeben und Alarm gemacht hatten. Als Basti bei einer Show betrunken von der Bühne kippte, löste sich die Band von jetzt auf gleich auf.

Überhaupt ist No Fun das mit Abstand ernsthafteste Projekt, in das Jens bislang involviert war. Und der Mensch ist echt gut beschäftigt, hat mit Chimney, Jr. High und The Art noch mindestens drei weitere musikalische Baustellen, bei denen er mitmischt. „Irgendwie ist es mit No Fun aber etwas anderes, da beantworten wir sogar E-Mails“, sagt der 26-Jährige – und meint das nicht mal arrogant.

Wohin geht die Reise? „Unser Hauptinteresse ist es, so viel wie möglich live zu spielen“, sagt der Bassist. Da hat man es als Punk-Kapelle vergleichsweise einfach: Wenn der Coolnessfaktor stimmt, kann man sofort auf internationale Szenekontakte zurückgreifen. So spielten No Fun bislang mehr auswärts als in ihrer Heimat, tourten noch vor Veröffentlichung ihres Debütalbums durch Belgien und Frankreich.

Im März wird die Band erneut in Belgien auf dem „Crossbonefest“ spielen. Jüngst flatterte eine Einladung der Terrorgruppe ins Haus, bei deren Platten-Releaseparty in Berlin das Vorprogramm zu bestreiten. Zeitgleich wird schon eifrig am Nachfolgealbum geschraubt, vorher wird es noch eine Split-Single mit den drei befreundeten Bands geben. Wie es aussieht, bleibt auch weiterhin wenig Zeit, keinen Spaß zu haben.

Aktuelle CD: No Fun „How I Spent My Bummer Vacation“ (Concrete Jungle)

www.facebook.com/nofunband

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