Fotoapparate, die fliegen können

1.9.2015, 08:00 Uhr
Fotoapparate, die fliegen können

© Fotos: Jana Meyer

„Hier wird aber nicht spioniert!“ Das ist die erste Reaktion der Zuschauer, als Thomas Killing die Drohne auf der Baustelle des ehemaligen Chemie-Gebäudes an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg aufbaut. Killing ist Professor an der Fakultät Bauingenieurwesen und will neue Fotoaufnahmen für ein Projekt machen.

„Die Leute reagieren sehr ablehnend auf diese Flugobjekte“, ist seine Erfahrung, „das habe ich schon öfter erlebt.“ Denn viele bringen Drohnen in Verbindung mit dem Militär — und mit Spionage. Doch heutzutage werden die meisten Drohnen für zivile Zwecke eingesetzt. Auch die Fakultät Bauingenieurwesen der TH hat sich ein spezielles Exemplar einer Drohne, einen sogenannten Mulikopter gekauft.

Fotoapparate, die fliegen können

„Mit einer Kamera ausgestattete Multikopter ermöglichen es, relativ kostengünstig Luftaufnahmen zu erstellen“, erklärt Killing. „Außerdem können sie auf kleinsten Flächen starten und landen sowie an bestimmten Punkten in der Luft stehen bleiben.“ Sie sind in allen möglichen Formen, Farben und mit vielen Funktionen erhältlich oder lassen sich leicht aus Einzelteilen zusammenbauen.

Präzise Steuerung

Multikopter bestehen aus einem stabilen Rahmen mit vier, sechs oder acht Auslegern. Diese sind aus Aluminium- oder Carbonrohren. An deren Enden sind Elektromotoren angebracht, die Propeller antreiben. Mit Hilfe von Beschleunigungs- und Lagesensoren lässt sich die Drehzahl der einzelnen Motoren so steuern, dass die Drohne präzise fliegt.

Hierbei steuert Killing den Multicopter von Hand per Sender oder über ein Computerprogramm. Er und sein Kollege Hugo Rieger lassen ihre Drohne regelmäßig fliegen. Die beiden sind nebenbei Modellflieger und mit den Schwierigkeiten vertraut, ein solches Gerät zu lenken.

Fotoapparate, die fliegen können

Die Elektromotoren werden aus Lithiumpolymer-Akkus gespeist. Diese ermöglichen Flugzeiten zwischen 15 und 30 Minuten. „Viel längere Flugzeiten sind nicht möglich“, erklärt Thomas Killing. „Denn ab einem gewissen Punkt bringt ein doppeltes Akkugewicht nur noch wenige Prozent mehr Flugzeit.“

Der TH-Hexakopter hat sechs Ausleger und ein maximales Abfluggewicht von acht Kilo. Die größte mögliche Nutzlast beträgt vier Kilo.

In Zukunft wird die kleine Drohne bei verschiedenen Projekten zum Einsatz kommen. „Einsetzen wollen wir sie hauptsächlich für Vermessungskunde und Bauwerksdiagnostik“, erläutert Killing.

Die geringe Größe und die Flexibilität des Fluggeräts ermöglichen es, schwer zugängliche Stellen wie Hallendächer, Windräder oder Wasserbauwerke mit hochauflösenden Kameras zu inspizieren. „So vielfältig das Bauwesen ist, so mannigfaltig sind die Einsatzmöglichkeiten des Kopters“, sagt Killing.

Die Vorteile eines Multikopters haben sich an der Technischen Hochschule Nürnberg schon herumgesprochen. Die Fakultät Design plant ebenfalls eine Anschaffung. Die Designer wollen ihn zur Erzeugung von Videomaterial nutzen, um es dann in 3D-Form umzuwandeln und in Videospiele einzubauen.

Fotoapparate, die fliegen können

© Fotos: Jana Meyer

Selbst für den Tierschutz-Aspekt kann man Drohnen brauchen. Mit Thermografie-Kameras retteten Landwirte im Frühjahr das Leben vieler Rehkitze. Ausgestattet mit solchen Wärmekameras spürten die Drohnen Jungtiere im hohen Gras auf, damit die Bauern die Kleinen in Sicherheit bringen konnten, bevor sie mit den Mähmaschinen anrückten.

Auch im Straßenverkehr gibt es verschiedene Einsatzbereiche. So lässt sich der Verkehrsfluss an Knotenpunkten von oben beobachten und mit den theoretisch ermittelten Werten vergleichen. Forscher erproben sogar schon den Einsatz von stereoskopischen Kameras. Anhand einer Polarisationsbrille können Studenten den Flug dann als 3D-Film über einen Beamer anschauen.

Drohnen mausern sich immer mehr zum Verkaufsschlager. Die Hersteller wittern ein großes Geschäft mit den kleinen Fliegern – zumal sie einfach zu bedienen sind. Die Steuerung kann auch über Smartphones oder Tablets laufen. Selbst Anfänger brauchen nicht sonderlich lange zu üben, um mit solchen Gerätschaften zu arbeiten.

Das ist ein Grund, warum sich zum Beispiel der selbstständige Dachdecker Michael Meyer eine Drohne für seinen Betrieb angeschafft hat. Er nutzt sie vor allem für Dachkontrollen. „Mit den Aufnahmen lässt sich schnell und sicher ein Angebot für Dachreparaturen machen“, sagt Meyer. Seit er eine Drohne einsetzt, spart er sich eine Menge Zeit und Arbeit.

Ob im Baugeschäft, in der Landwirtschaft oder für den privaten Gebrauch – Drohnen etablieren sich in der Gesellschaft. Sie sollen künftig Forschern, Unternehmern und Privatleuten den Alltag erleichtern.

Verwandte Themen


Keine Kommentare