Fußball geht erst nach der Chorprobe

2.3.2015, 09:48 Uhr
Fußball geht erst nach der Chorprobe

© Stefan Hippel

Husten oder Kopfschmerzen sind für Samuel und Frederic ganz schlecht. Zwar dürfen die zwei dann auch mal im Bett bleiben und gehen nicht in die Schule. Etwas anderes dürfen sie aber nur im allergrößten Ausnahmefall sausen lassen: die täglichen eineinhalb Stunden Chorprobe.

Seit zweieinhalb Jahren leben die beiden Cousins im Internat und singen im berühmten Windsbacher Knabenchor. Während Frederic eine musikalische Grundschule in Schwabach besuchte und dort wegen seines Gesangstalents auffiel, kam bei seinem Cousin Samuel die Mutter auf die Idee, einen Windsbacher aus ihm zu machen. „Ich fand’s cool, zusammen mit Frederic dorthin zu gehen“, erinnert sich der 13-Jährige aus Nürnberg. Klar, am Anfang hatten beide schon oft Heimweh, die Geschwister und die Eltern fehlten. „Wir haben supernette Erzieher“, sagt Samuel, „aber die Eltern können sie eben nicht ersetzen.“

Fußball geht erst nach der Chorprobe

© Fotos: Stefan Hippel

Inzwischen haben sich die beiden Jungs prima eingelebt: Sie wohnen zusammen in einem Doppelzimmer im Internat und gehen zusammen in die 7. Klasse des Windsbacher Gymnasiums.

Große Reisen

Etwa 120 Jungen zwischen zehn und 18 Jahren zählt der Windsbacher Knabenchor aktuell, die Hälfte gehört zur Stammbesetzung und darf auch regelmäßig auf große Reisen gehen. Frederic und Samuel waren schon auf Konzertreisen in Italien und in den USA. Schulfrei gibt’s für Konzerttouren und Auftritte nicht immer, manchmal geht auch ein Teil der Ferien drauf.

So eine Reise ist auf der einen Seite aufregend: „Wir kommen an berühmte Orte, und jeden Abend geben wir ein Konzert“, erklärt Samuel, „ich finde das großartig!“ Viele Konzerte bedeuten andererseits aber auch viele Proben.

Nur an etwa ein, zwei Wochenenden pro Monat können die Jungen deshalb nach Hause fahren, und auch die Zeit nach Schulschluss ist mit Hausaufgaben und Chorproben strikt getaktet. „Früher habe ich Fechten als Sport gemacht“, sagt der 13-jährige Frederic, „das musste ich aufgeben. Jetzt spielen wir manchmal abends in der Schulturnhalle Fußball.“

Gemeinsames Reisen und Fußballspielen schweißt die Chorjungs zusammen. „Aber es gibt auch Konkurrenzkampf, denn eigentlich will auch jeder mal ein Solo singen“, räumt Samuel ein. Rein optisch darf im Chor keiner aus der Reihe tanzen: Bei einem Auftritt haben die Jungen alle weiße Hemden mit Fliege und einen dunkelblauen Anzug an. „Damit sich die Zuhörer nur auf unsere Musik konzentrieren“, erklärt Samuel.

Beim Mitmachkonzert der musikalischen Grundschulen Mittelfrankens an der Philosophischen Fakultät der Uni in Nürnberg hat das bestens geklappt: Rund 500 Mädchen und Jungen lauschten mucksmäuschenstill dem Gesang – und so manches Mädchen hat sich an diesem Vormittag sicher ein bisschen verliebt.

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