„Gemeinsam können wir helfen“

29.12.2014, 10:00 Uhr
„Gemeinsam können wir helfen“

© Foto: privat

Alleine und verzweifelt steht Isabelle in der Eingangshalle ihrer Schule. Eileen, eigentlich ihre beste Freundin, lässt sie links liegen. Keiner ihrer Freunde spricht mehr ein Wort mit ihr. Noch nicht mal ihr Schwarm Felix würdigt sie eines Blickes. Isabelle wurde Opfer von Cyber-Mobbing. Irgendjemand hat ihren Facebook-Account gehackt und beschämende Fotos von ihr ins Internet gestellt.

Das ist eine Szene aus „Escape the Fate“. In dem Präventionsfilm des Weißen Rings geht es um Cyber-Mobbing, von dem vor allem Schüler betroffen sind. Das Drehbuch hat der Verein, der sich um Kriminalitätsopfer und ihre Familien kümmert, mit Hilfe von Schülern aus den drei Landkreisen Kronach, Lichtenfels und Kulmbach entworfen. Durch die Zusammenarbeit entstand auch das Modellprojekt „Medienscouts“, das vom bayerischen Kultusministerium unterstützt wird.

Von und für Schüler

„Es ist wichtig, den Schülern einen besseren Einblick in moderne Medien zu geben“, sagt Sophie, „deshalb finde ich es besser, wenn Schüler statt Lehrer mit Gleichaltrigen reden.“ Diese Vorgehensweise nennt man auch „Peer-to-peer education“, also von Schülern für Schüler. Sophie ist eine von acht Schülern des FWG, die sich als Medienscout ausbilden lässt. Sie sind damit Teil der bayernweit einmaligen Initiative des Weißen Rings.

Am FWG heißt das Stichwort Präventionsarbeit. Die Medienscouts halten zum Beispiel Workshops in den Klassen ab oder informieren am SMV-Tag die jüngeren Schüler über Handy-Nutzung in der Schule. „Ich war geschockt, als ich gesehen habe, dass schon Fünftklässler ein iPhone besitzen“, sagt Felix, „deshalb ist es wichtig, dass man schon bei den Jüngeren mit der Prävention anfängt und ihnen verständlich macht, dass sie das Handy nicht unbedingt brauchen.“

Bei bestehenden Problemen müssen die Medienscouts immer sensibel vorgehen: „In einer 5. Klasse haben die Schüler per WhatsApp einen Kettenbrief mit gruseligem Text als Sprachnachricht verschickt“, erzählt Melih. „Viele Schüler hatten Angst vor dieser Stimme und konnten nicht schlafen. Wir haben mit der Klasse gesprochen, und jetzt schicken sie den Kettenbrief nicht mehr weiter.“

In einer 6. Klasse gab es eine WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Mobbing-Opfer-der-Woche“. „Die Schüler haben sich jede Woche ein neues Opfer ausgesucht, dass dann über WhatsApp gemobbt wurde“, berichtet Theresa. „Die App ist ein Medium, mit der viele nicht umgehen können.“

Schwierig: Mittelstufe

Besonders schwierig ist es, in der Mittelstufe eine Lösung zu finden, da sich die Jugendlichen mitten in der Pubertät befinden. „Sie mobben nicht mehr aus Naivität, sondern aus Hass“, fügt Matthias Schneider, Lehrer am FWG, hinzu. „Hier erreicht das Mobbing seinen Höhepunkt.“

Die Medienscouts helfen nicht nur bei Cyber-Mobbing, sondern auch bei Frontal-Mobbing. Das bedeutet, dass man jemanden nicht über das Internet mobbt, sondern von Angesicht zu Angesicht. „Frontales Mobbing erfordert mehr Mut, da man hier kein Profil hat, hinter dem man sich verstecken kann“, erklärt Sophie. „Beim Cyber-Mobbing sind die Opfer den Attacken 24 Stunden lang ausgesetzt, und es ist viel schwieriger herauszubekommen, wer dahintersteckt.“

Beim frontalen Mobbing zu helfen, sei einfacher, sagen die Medienscouts. Denn man kenne den Täter und könne ein persönliches Gespräch mit diesem und seinem Opfer suchen.

Um in solchen Situationen helfen zu können, ließen sich insgesamt schon 70 Schüler aus 15 Schulen der drei Landkreise ein Wochenende lang zu Medienscouts ausbilden. „Als ich gefragt wurde, ob ich da mitmachen will, habe ich sofort zugesagt“, sagt Felix. Theresa findet, dass „irgendwie jeder beteiligt ist“, wenn es um Mobbing geht.

Bei dem Workshop-Wochenende in der Franken-Akademie im Schloss Schney gab es den Themenschwerpunkt „Cyber-Mobbing“. „Das Thema sollten wir selbst in Gruppen erarbeiten“, erzählt Melih. „Wir sollten uns überlegen, wie wir den Schülern das Problem am besten näherbringen können.“

Zusätzlich hielten Experten, zum Beispiel von der Kriminalpolizei, Vorträge zum Datenschutz. „Wir haben auch gelernt, wie man ein sicheres Passwort erstellt“, berichtet Theresa, „man sollte darauf achten, dass man immer mindestens zehn Zeichen hat und Zahlen mit Buchstaben mischt.“

Ausbildung in Fürth geplant

Im Februar geht die Ausbildung der 70 Medienscouts weiter. Der Themenschwerpunkt liegt diesmal auf der Handynutzung an Schulen. Und bald sind nicht nur in Oberfranken Medienscouts unterwegs: Das Helene-Lange-Gymnasium in Fürth plant, Anfang nächsten Jahres Schüler zu Medienscouts auszubilden. Leiten wird die Ausbildung wieder Alfons Hrubesch vom Weißen Ring, zusammen mit dem örtlichen Vertreter Kurt Stiermann.

Ihr wollt auch, dass an eurer Schule Medienscouts ausgebildet werden? Weitere Infos, wie ihr an dem Programm teilnehmen könnt, gibt euch Alfons Hrubesch unter Tel. 01 71/ 3 03 28 27.

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