In der "Mitmach-Medien-Welt" die Zeitung mit allen Sinnen erleben

9.12.2017, 08:00 Uhr
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© Günter Distler

Paul überlegt. Bis wann kann wohl die Zeitung für den nächsten Tag noch aktualisiert werden: bis 20 oder bis 24 Uhr? Nach einigem Zögern entscheidet sich der Erstklässler für 24 Uhr und hüpft – wie in der Kinder-Quizsendung "1, 2 oder 3" – auf das entsprechende Feld. Auch Lea ändert ihre Meinung und wechselt schnell zur Mitternacht-Gruppe.

Die beiden liegen richtig. Als Beweis dient die NN-Titelseite vom 14. Juli 2014: Am Abend vorher hatte Mario Götze kurz vor 23.30 Uhr hiesiger Zeit Deutschland zum Fußball-Weltmeister geschossen; am nächsten Morgen stand es bereits in der Zeitung.

Das Quiz ist ein Bestandteil der neuen Mitmach-Medien-Welt im Pressehaus Nürnberg. Seit dieser Woche können Vor- und Grundschulkinder in 90 Minuten das Medium Zeitung kennenlernen. Aktuell warten sechs Bausteine auf die Mädchen und Jungen: Da wird anhand von Bildtafeln erklärt, wie eine Zeitung entsteht – vom Ereignis bis zum gedruckten Exemplar oder E-Paper. Da wird das Zeitungspapier genau unter die Lupe genommen. Und da schreiben die Teilnehmer einen eigenen Artikel.

Entwickelt wurde das Programm über ein Jahr hinweg von Redaktion, Vertrieb und Werbeabteilung der Nürnberger Nachrichten. Vertriebsleiter Hans Then erklärt die Motivation: "Wir dürfen als Zeitung den Kontakt mit der jungen Generation nicht verlieren. Deshalb wollen wir den Kindern die Vielfalt und Qualität unserer Arbeit zeigen." Der Weg, den der Verlag dabei einschlägt, ist ganz neu: Ein ähnliches Angebot habe keine andere deutsche Tageszeitung, sagt Then.

Deshalb holte man sich wissenschaftliche Hilfe. Prof. Frithjof Grell, Leiter des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik der Universität Bamberg, hat das Konzept mit entwickelt. "Die Zeitung kennenzulernen ist eine Form des kulturellen Lernens", sagt Grell. "Es geht darum, dass das Kind sich eine Dimension seiner kulturellen Umwelt erschließt. Und darum, dass es etwas gezeigt bekommt. Zum Lernen braucht es einen kundigen Übersetzer, der dem Kind vermittelt, was Zeitung bedeutet."

Deshalb werden die jungen Besucher von Praktikern angeleitet: Technische oder kaufmännische Auszubildende des Verlags führen ebenso durch das Programm wie Redakteure. Das Selbertun steht im Mittelpunkt: Zeitungspapier riechen, zerreißen, fliegen lassen; einen Artikel selbst formulieren; die Zeitung am Spiel-Kiosk verkaufen.

Für das Angebot wurden zwei Räume im Erdgeschoss des Pressehauses neu gestaltet: Im Erlebnisraum können die Kinder sich als Zusteller verkleiden oder eine riesige Papierrolle bestaunen. Da die im Original mit 1250 Kilogramm ähnlich schwer ist wie eine Giraffe, steht hier nur eine Nachbildung. Im Konferenzraum wird redaktionell gearbeitet.

Die Mitmach-Medien-Welt steht Kindergärten, Horten und Grundschulen offen. Gruppen oder Klassen, die an den medienpädagogischen Angeboten "Clever Kids" oder "Klasse! Kids" des Verlages teilnehmen, können sich dafür anmelden.

"Eines unserer Ziele ist, Kinder im Umgang mit Nachrichten zu schulen", sagt Vertriebsleiter Hans Then. "Bei uns finden sie seriös recherchierte und glaubwürdige Informationen."

Davon war Erstklässler Tobias zunächst nicht überzeugt. Als er einen Artikel über Strom aus Hühnerkot entdeckt, platzt er heraus: "Das kann man nicht glauben! Das ist Werbung!" Am Ende der 90 Minuten weiß er es besser.

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