Ist das ein echtes „Gottesteilchen“?

1.10.2012, 00:00 Uhr
Ist das ein echtes „Gottesteilchen“?

© Goebel

Vor ein paar Monaten wurde es am Schweizer Cern entdeckt: das Higgs-Teilchen, benannt nach dem britischen Physiker Peter Higgs. Dieser hatte einst den Higgs-Mechanismus beschrieben. Kurz gesagt: „Ein masseloses Teilchen rast mit Lichtgeschwindigkeit durch das Higgs-Feld, wird abgebremst und erhält dadurch Masse“, erklärt Florian Bayer, der an der Uni Erlangen-Nürnberg gerade in Physik promoviert.

Doch dieses Teilchen konnte erst vor kurzem richtig nachgewiesen werden. Eine Sensation! Denn man will der Weltformel auf die Schliche kommen. Die Cern-Physiker versuchen, die Prozesse nach dem Urknall zu simulieren, indem sie Teilchen mit hoher Energie erzeugen.

Das geschieht in ihrem unterirdischen Teilchenbeschleuniger namens LHC. Unter den Dörfern rund um Genf beschleunigen die Forscher Protonenstrahlen auf einem Ring von 27 Kilometern Länge. Anfangs sorgte das bei den dort wohnenden Leuten für große Beunruhigung.

Alle hatten Angst vor dem Weltuntergang, weil sie dachten, dass die Physiker Antimaterie erzeugen wie im Kinofilm Illuminati. Darüber lachen die Forscher aber bloß!

Im LHC rast ein Protonenstrahl im Uhrzeigersinn und einer dagegen. Die Folge: Die Teilchen kreuzen und kollidieren. „Pro Sekunde gibt es etwa 800 Millionen Kollisionen. Das ist aber im Vergleich zur Teilchenanzahl nicht besonders viel“, sagt Florian Bayer. Pro Sekunde flitzt der Strahl nämlich 10000 Mal um den Ring.

Die Aufgabe der Physiker ist es nun, herauszufinden, was bei einer Kollision passiert. Jedes Teilchen hinterlässt eine andere Spur. Für die Schüler des Schwabacher Adam-Kraft-Gymnasiums haben Florian Bayer und seine Kollegin Angela Fösel Datensätze aus dem Cern mitgebracht. Diese wurden längst analysiert – von Computern.

Echte Datensätze

Nun sind die Schüler am Zug. Mit einem Computerprogramm sollen sie erst mal lernen, die verschiedenen Teilchen und deren Spuren zu identifizieren. „Wenn man weiß, worauf man achten muss, geht’s“, sagt Patrick. Stolz stellen er und Nikolai fest, dass sie 100 Prozent der Übungsaufgaben richtig gelöst haben. Nun können sich die beiden 17-Jährigen getrost auf die echten Datensätze stürzen.

Dieses Schuljahr geht es im Physikunterricht um Atom- und Kernphysik. Da passt das „Netzwerk Teilchenwelt“ gut als Einstimmung. Vor allem, weil Florian Bayer viel tiefer in die Materie einsteigt als der Lehrplan: „Die Schüler sollen sehen, womit sich Physiker in ihrem Alltag befassen und dass Teilchenphysik auch spannend ist.“

Seit zwei Jahren touren die Erlanger Vermittler des Projekts durch Schulen in der Region – und haben bereits ein paar Fans gefunden. Denn drei Schüler vom Willibald-Gluck-Gymnasium in Neumarkt sind als Teilchenbotschafter ans AKG gekommen, um die Elftklässler zu unterstützen. Ihnen winkt jetzt sogar ein Aufenthalt am Cern.

„Manche Ereignisse sind nicht so eindeutig, aber mit der Zeit hat man schon einen Blick dafür“, sagt Tilman. „Einige Schüler schauen auch nicht richtig hin“, ergänzt Timo. Gerade bei den Higgs-Teilchen glauben viele, eines gefunden zu haben. „Doch das ist schwierig, sogar für Profis“, gibt Florian Bayer zu. Der Anreiz ist aber groß! Und tatsächlich haben die Gymnasiasten drei gute Kandidaten für ein „Higgs-Ereignis“ gefunden. Nur einer ist doch keiner.

Das Lob der Physiker ist dennoch groß: Denn die AKG-Schüler haben so gut gemessen und gezählt, dass ihr Ergebnis mit dem der Forscher am Cern übereinstimmt. „Das ist fast schon wie ein Sechser im Lotto“, sagt Florian Bayer etwas ungläubig.

Ihr wollt auch mal Higgs-Teilchen finden? Das Netzwerk Teilchenwelt erreicht ihr über www.teilchenwelt.de. Weitere Angebote für Schüler gibt es auf der Homepage der Uni unter www.uni-erlangen.de – Klickt auf den Navigationspunkt „Schüler“.

 

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