Mädels am Lötkolben

12.1.2015, 10:00 Uhr
Mädels am Lötkolben

© Michael Matejka

Vorsichtig lötet Hannah kleine Widerstände auf eine Leiterplatte. Mit der Auszubildenden Sabrina fertigt die 13-Jährige ihr erstes eigenes Werkstück, einen elektrischen Adventsleuchter aus Metall. „Beim Löten dürfen keine Batzen entstehen“, erklärt Hannah professionell.

In der Nürnberger Ausbildungswerkstatt der Firma Diehl schnuppern Hannah und ihre Mitschülerinnen an diesem Tag in die Berufe Industriemechaniker und Elektroniker hinein. Typische Männerberufe, noch. Sabrina ist in ihrem Ausbildungsjahr eine von nur zwei weiblichen Azubis zur Elektronikerin. Damit sich mehr Schülerinnen für technische Berufe interessieren, haben die Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (bayme vbm) die „Girls’ Day Akademie“ auf die Beine gestellt – quasi als die ein Jahr laufende Version des seit 2001 bestehenden eintägigen Girls’ Days.

Ein Schuljahr lang können Schülerinnen der 7. bis 10. Klasse ausprobieren, ob ihnen technisches Arbeiten mit Zange, Säge, Lötkolben und Schleifmaschine liegt und verschiedene naturwissenschaftlich-technische Berufsfelder kennenlernen.

Ab in die Werkstatt

Die Heilsbronner Realschule ist eine der sieben Pilotschulen in Bayern, die das Projekt testen. Für die 14 teilnehmenden Acht- und Neuntklässlerinnen stehen beispielsweise Praxistage in der Ansbacher Maschinenbauschule und Schnupperkurse in der Werkstatt bei Bosch auf dem Programm, bei denen sie selbst werkeln dürfen, mit Auszubildenden ins Gespräch kommen und Berufe wie Mechatroniker oder Elektroniker hautnah kennenlernen. „Ohne das Programm würde ich mich bestimmt nicht trauen, mich für einen technischen Beruf zu bewerben“, meint Linda. „Ich finde es gut, dass wir die verschiedenen Berufe jetzt kennenlernen.“ Einig sind sich alle im Kurs, dass der Umgang mit Technik zwar zuerst Überwindung kostet, Mädchen den Jungs im Beruf aber sicher in nichts nachstehen.

Auch Ana Laura hat in der Zwischenzeit ihren Kerzenleuchter fast fertig gebaut. „Halt mal, drück’ mal! Drück’ das hier mal mit der Zange gerade. – Nee, da brauchst du nicht dran rütteln!“ Ana Laura pfriemelt die Kabel der LEDs durch goldene Metallhülsen, während Azubi Oliver ihr genau auf die Finger schaut.

Selbstbewusste Haudegen

Mädels am Lötkolben

© Michael Matejka

„Ich bin kein typisches Mädchen, sondern eher wild und aufgedreht“, sagt die 13-Jährige, „also will ich auch nicht in einen typischen Frauenberuf gehen.“ Die Kabel stecken, jetzt noch die Metallenden verdrillen und auf der Platine festlöten – fertig!

Jede Woche steigen die Mädchen vier Schulstunden nachmittags in die Welt der Technik ein, dazu kommen Praxistage in den Pfingstferien. „Am Anfang sind alle ganz zurückhaltend“, sagt Projektleiterin Nathalie Zimmer, „nach einem Jahr waren die Mädels dann richtige Haudegen und hatten durch das Programm enorm an Selbstbewusstsein gewonnen.“

Für die Firmen lohnt sich das Projekt ebenfalls: Sie können direkt bei der Zielgruppe um Nachwuchs werben – immerhin sind nur 20 Prozent der Beschäftigten in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie weiblich. Und sie können sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren, die schon während der Ausbildung mit guter Vergütung und Weiterbildungsmöglichkeiten punkten. Mit weiblichen Azubis bekommen die Firmen zudem gut ausgebildeten Nachwuchs mit meist besseren Noten als Jungs.

„Wir Mädchen müssen uns einfach trauen“, findet Mareike. „Und dann kriegen wir das gut hin. Jede von uns ist Ansporn für andere Mädchen, wenn wir in Männerberufe gehen.“

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