Nicht alle Brillen schützen die Augen gut genug

10.3.2015, 17:23 Uhr
Nicht alle Brillen schützen die Augen gut genug

© Foto: Stefan Hippel

Die letzte totale Sonnenfinsternis war in Deutschland am 11. August 1999 zu sehen. Damals haben sich Hans Poisel und Gerhard Reus alle möglichen Sonnensichtbrillen besorgt und in ihrem Labor getestet. Tatsächlich war eine dabei, die die Richtlinien nicht erfüllte – eine verbindliche Vorschrift gab es zu dieser Zeit noch nicht. „Wir haben die Firma kontaktiert, aber keine Reaktion bekommen. Dann sind wir an die Öffentlichkeit gegangen“, erinnert sich Poisel. Die Empörung war groß. Sogar in der Tagesschau musste der Nürnberger Professor erklären, worauf es bei einer guten Schutzbrille ankommt.

Vor dem Labor in der Fakultät für Elektrotechnik, Feinwerktechnik und Informationstechnik standen die Menschen Schlange, um ihre Brillen testen zu lassen. „Sie brachten Dias, belichtete Röntgenfilme, rußgeschwärztes Glas, Rettungsdecken und CDs mit, weil damals der Glaube herrschte, das auch diese Dinge die Augen schützen könnten.“ Zur Erinnerung und Aufklärung haben sie die Sachen in einer Kiste aufbewahrt. Wenn sich Poisel und Reus die Fotos von vor 16 Jahren anschauen, müssen sie lachen. Der Raum, in dem sie heute sitzen, ist noch derselbe. „Aber wir sehen nicht mehr ganz so jung aus“, sagt Reus.

Das nächste Mal verdunkelt der Mond die Sonne über Deutschland erst wieder am 2. September 2081 komplett. In diesem Jahr müssen sich die Wissenschaftler und der Rest der Bevölkerung hierzulande mit einer teilweisen, sogenannten hochprozentigen Sonnenfinsternis zufrieden geben. Am Freitag, 20. März, wird die Sonne über Nürnberg um 10.40 Uhr zu 70,8 Prozent verdeckt sein. In Flensburg sind es fünf Minuten später sogar 81,7 Prozent. Total dunkel wird es aber nur im Nordatlantik, auf den Färöer-Inseln und Spitzbergen.

So stark wie 4000 normale Sonnenbrillen

Der Teil der Sonne, der über Deutschland frei bleibt, reicht trotzdem aus, um die Augen bei direktem Blickkontakt nachhaltig zu schädigen. Die ultraviolette und die Infrarot-Strahlung, die der Mensch nicht sehen kann, verbrennt die Netzhaut regelrecht. „Auf die Macula lutea, den Bereich des Auges, in dem wir scharf sehen, trifft dann eine 1000 Mal höhere Energie als beispielsweise beim Eierkochen auf einer Herdplatte“, erklärt Poisel. Zum Schutz gibt es deshalb Sonnenfinsternisbrillen, kurz „Sofi-Brillen“ genannt. Sie tragen das CE-Zeichen, das erlaubt, sie in der Europäischen Union zu handeln. Doch das Symbol ist kein Prüfsiegel. „Um sicherzugehen, braucht man eine Brille, die der deutschen DIN-Norm entspricht“, sagt Poisel. „DIN EN 1836“ muss darauf stehen. Jedes Land hat andere Vorschriften, die deutsche Norm konkretisiert die Vorgaben der EU.

Wer trotzdem Bedenken hat, kann heute Nachmittag in der Hochschule vorbeikommen und seine Sofi-Brille testen lassen. Die Forscher haben dafür ein Spektralphotometer, das in wenigen Minuten misst, wie viel Strahlung durch die beschichtete Kunststofffolie hindurchgeht. Den Wert vergleicht es dann mit der Vorschrift von 0,0032 Prozent. „Für diesen Schutz müssten wir 4000 normale Sonnenbrillen aufsetzen“, sagt Reus. Der Laboringenieur testet sonst den UV-Schutz von Sonnen- und Skibrillen, Kamerafilter oder Materialien, die seine Kollegen aus den Werkstoffwissenschaften neu entwickeln. Wenn die Brille passt, ist es wichtig, sie gerade aufzusetzen. Auch eine Medizintechnikerin wird bei den Tests dabei sein und anhand eines Modellauges erklären, was die Strahlung anrichten kann. Jeder Gast bekommt die Auswertung für sein Brillenmodell ausgedruckt mit nach Hause.

Das Labor für Technische Optik bietet den Test der Schutzbrillen am heutigen Mittwoch, 18. März, von 15 bis 18 Uhr an der Technischen Hochschule Nürnberg in Raum WB.120 am Standort W in der Wassertorstraße 10 an.

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