Römerboot soll Geschichte greifbar machen

28.4.2017, 14:22 Uhr
Mallen nennen die Fachleute solche Schablonen, an denen die Planken des Schiffsrumpfs angebracht werden. Diese Schablonen werden dann entfernt, wenn der Rumpf fertig ist.

© Boris Mijat Mallen nennen die Fachleute solche Schablonen, an denen die Planken des Schiffsrumpfs angebracht werden. Diese Schablonen werden dann entfernt, wenn der Rumpf fertig ist.

Noch sind die nötigen Bretter nicht gebohrt, sondern erst fertig geschnitten – wie unsere Bilder zeigen. Doch einen Namen für das Gefährt gibt es bereits: Fridericiana Alexandrina Navis (Schiff), kurz: FAN. Zur Erinnerung: Fertig sein soll sie (Schiffe sind weiblich!) bis spätestens November 2018, wenn die namensgebende Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg ihren 275. Geburtstag feiert.

Flüsse waren die Autobahnen der Römer. Als sie Germanien eroberten, gab es dort noch keine Straßen. Truppen, Waren, Nachrichten – all das konnte nur auf einem Weg in den wilden Norden transportiert werden: per Schiff. Doch wie genau waren römische Boote beschaffen? Woraus wurden sie gebaut? Mit welcher Technik wurden sie bewegt? Welche Geschwindigkeiten konnten sie erreichen und welche Strecken zurücklegen? Und wer waren die Ruderer?

Antworten auf diese Fragen finden sich zum Teil in der Literatur. "Aber wir wollen wissen: Wie hat sich das alles live angefühlt?", sagt der Althistoriker Prof. Boris Dreyer von der FAU. Deshalb will er zusammen mit Studierenden, Schülern und weiteren Freiwilligen ein römisches Boot möglichst originalgetreu nachbauen.

Als Vorlage dienen zwei Schiffswracks, die in Oberstimm bei Ingolstadt entdeckt wurden und jetzt im Kelten-Römer-Museum von Manching ausgestellt sind. Sie stammen aus der Zeit um 100 nach Christus.

Elf Kilometer pro Stunde

Die Boote waren knapp 16 Meter lang und 2,7 Meter breit; der Tiefgang betrug 70 Zentimeter. 18 bis 20 Ruderer saßen in einem Abstand von genau 89 Zentimetern hintereinander. Wenn die sich ordentlich ins Zeug legten, konnte das Boot sechs Knoten, also etwa elf Kilometer pro Stunde, schnell werden. "Mit Segel und Wind noch schneller", sagt Dreyer.

Nachbauten solcher Boote gibt es bereits. Aber der Erlanger Althistoriker möchte einen Schritt weiter gehen. "Wir haben uns vorgenommen, auch die antiken Rudertechniken zu rekonstruieren. Nur so können wir erforschen, wie viel Krafteinsatz nötig war, und auf welche Distanzen man das Boot einsetzen konnte."

Doch die FAN dient nicht nur der Forschung. Dreyer möchte, dass das gesamte Projekt "das Abenteuer Geschichte für Studierende und interessierte Schüler greifbar und erlebbar macht."

Zur theoretischen Einstimmung auf die Praxis gibt es vor Baubeginn noch zwei Vorträge (jeweils 16 Uhr, Kochstraße 4, Raum 2.058, in Erlangen): Am Mittwoch, 3. Mai, spricht Timm Weski von der archäologischen Staatssammlung München über die Rekonstruktion der Takelage für die sogenannten Oberstimmschiffe. Am Mittwoch, 10. Mai, ist dann Ronald Bockius vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz zu Gast und stellt spezielle Probleme bei der Rekonstruktion der Boote vor.

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