Schon mal ein Buch eingefangen?

13.6.2015, 10:00 Uhr
Schon mal ein Buch eingefangen?

© Illustration: Bronislav Hava/Logo: Bookcrossing

Deutschland ist nach den USA das Land mit den meisten BookCrossing-Nutzern. Ein kurzer Blick auf die deutsche Statistik zeigt außerdem, dass sowohl Nürnberg als auch Erlangen „offizielle BookCrossing-Zonen“ sind, in denen besonders viele aktive Nutzer unterwegs sind.

Kein schlechter Startpunkt für meinen Selbstversuch. Die romantischen Werbebotschaften auf der Homepage, die BookCrossing als „moderne Form der Flaschenpost“ mit etwa 1,5 Millionen Nutzern weltweit anpreisen, klingen ebenfalls vielversprechend.

Aber wie funktioniert das Ganze eigentlich? Es geht ganz klassisch mit einer Registrierung auf der Homepage www.bookcrossing.com los. Dann sucht man sich aus seinem Regal daheim ein Buch aus, das man „in die Wildnis“ entlassen möchte. Nach der Vorstellung der BookCrossing-Gründer sind es alte Lieblingsbücher, die man mit anderen teilen möchte.

Wenn wir ehrlich sind und uns die ausgesetzten Bücher anderer Nutzer so anschauen, sind es aber oft eher Bücher, die derjenige – verständlicherweise – nicht mehr haben will. Ich entscheide mich schließlich für einen Krimi, der durchschnittlich gut war, aber nicht unbedingt länger in meinem Regal stehen soll.

Erste Enttäuschung

Mit Hilfe der ISBN-Nummer wird das Buch nun registriert und erhält eine unverwechselbare BookCrossing-Identifizierungsnummer (BCID). Diese schreibt man wiederum auf einen BookCrossing-Aufkleber, der neben einer Zeile für Datum und Ort des Aussetzens auch einen kleinen Text über das Projekt enthält und den Finder darüber informiert, wie und wo er das Buch online registrieren kann.

Hier taucht die erste Enttäuschung auf: Man kann sich zwar seine eigenen Aufkleber mit persönlichem Bild und Text online zusammenstellen, diesen aber nicht einfach ausdrucken, sondern nur für einen Dollar pro Stück kaufen. Ich gebe mich daher mit dem eher langweiligen Standardaufkleber zufrieden, drucke ihn aus und klebe ihn auf die erste Seite meines ausgewählten Buches.

Als nächstes verfasse ich meine „Freilass-Info“, in der ich Datum, Ort und den ungefähren Zeitpunkt des Freilassens ankündige. Gut, das erste Buch auf einer Sitzgelegenheit im Hauptbahnhof liegenzulassen, war vielleicht nicht der klügste Schachzug von mir, da das Buch bis heute nicht registriert wurde. Nennen wir es einen Anfängerfehler.

Besonders geeignet sind natürlich Orte, an denen zwei Faktoren zusammenkommen: Die Leute müssen innehalten, um das Buch überhaupt wahrnehmen zu können, und sich auch für die Druckwerke interessieren. Äußerst beliebt sind sowohl in Nürnberg und Erlangen als auch in Fürth und Bamberg sogenannte offene Bücherschränke, auf die jeder Zugriff hat und sich entweder ein Buch mitnehmen oder eines hineinstellen kann.

Buch zwei ist frei

Was wäre für meinen nächsten Versuch also besser geeignet als ein Uni-Gebäude direkt neben der dazugehörigen Bibliothek, wo noch dazu das internetaffine junge Publikum herumläuft? Also habe ich Buch Nummer zwei dort ausgesetzt. Enttäuschenderweise ist auch dieses Buch noch nicht registriert worden.

Dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben: Ich habe das Buch einer ägyptischen Autorin extra im Bamberger Institut für Orientalistik platziert. Einmal pro Woche sehe ich nach, ob es noch daliegt. Irgendwann werde ich es aus Mitleid wohl selbst wieder mitnehmen.

Mein nächster Schritt wird nun sein, einmal selbst aktiv „auf die Jagd“ nach einem ausgesetzten Buch zu gehen. Dafür kann man gezielt nach kürzlich „freigelassenen“ Büchern in einer bestimmten Stadt suchen. Hat man eines gefunden und online registriert, erfährt man oftmals, wie der ehemalige Besitzer es fand und kann nach dem Lesen auch seinen eigenen Senf dazugeben.

Ich würde BookCrossing nicht unbedingt als „moderne Form der Flaschenpost“, sondern eher als Tagebuch für Bücher bezeichnen. Die Idee finde ich schön.

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