Schwarzer Phosphor und winzige Röhrchen aus Kohlenstoff

7.8.2018, 16:24 Uhr
Experimente im vakuumdichten Abzug: Aleksandra Mitrovic erforscht schwarzen Phosphor.

© Julia Beeck Experimente im vakuumdichten Abzug: Aleksandra Mitrovic erforscht schwarzen Phosphor.

Wie ein Schmuckstück schimmert der schwarze Phosphor in einem winzigen Glaskolben. Aleksandra Mitrovic nimmt ihn vorsichtig in die Hand und schraubt den Deckel auf. Keine einfache Angelegenheit, denn sie trägt dabei dicke Plastikhandschuhe.

Nicht etwa, weil das chemische Element besonders giftig wäre, sondern, weil es an der Luft instabil ist. Alle Experimente, die Aleksandra Mitrovic macht, finden deshalb im Vakuum eines speziellen Abzugs statt.

Schwarzer Phosphor ist eine der ungefährlichen Varianten des leichtentzündlichen und hochgiftigen weißen Phosphors. "Während die einzelnen Moleküle des Weißen Phosphors wie vierseitige Pyramiden mit dreieckigen Grundflächen aufgebaut sind, lagern sich die Phosphoratome der schwarzen Variante in übereinanderliegenden Schichten an und bilden so ein wabenförmiges, gewelltes Kristallgitter", erklärt Aleksandra Mitrovic die chemische Struktur.

Wenn man der Humboldt-Stipendiatin zuhört, scheint der schwarze Phosphor das Wundermaterial der Zukunft zu werden: "Seine Eigenschaften sind faszinierend. Er wird sicherlich für zukünftige Werkstoffe interessant sein", ist sie überzeugt.

Bis es aber so weit ist, braucht es noch viel Grundlagenforschung. So untersucht die Humboldt-Stipendiatin am Erlanger Lehrstuhl für Organische Chemie II von Prof. Andreas Hirsch, nach welchen Prinzipien der schwarze Phosphor reagiert, und versucht, neue zweidimensionale Materialien herzustellen, zu isolieren und zu charakterisieren.

Der Experte für Kohlenstoff-Nanoröhrchen und sein Schüler: Prof. Andreas Hirsch (rechts) und Lipiao Bao

Der Experte für Kohlenstoff-Nanoröhrchen und sein Schüler: Prof. Andreas Hirsch (rechts) und Lipiao Bao © Julia Beeck

Am selben Lehrstuhl ist Lipiao Bao als Humboldt-Stipendiat tätig Er erforscht Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Deren Wände bestehen aus Kohlenstoffatomen die eine wabenartige Struktur aus Sechsecken bilden.

Diese Nanoröhrchen verfügen ebenfalls über einzigartige Eigenschaften, die "zukünftig sehr interessant auch für elektronische Geräte sein werden", meint Bao. Das Material hat eine hervorragende elektrische Leitfähigkeit. Es ist außerdem sehr leicht und gleichzeitig extrem stabil.

Bao kommt aus China, wo er an der Huazhong University Materialwissenschaften studiert hat. 2016 schloss er dort seine Promotion ab. "Diese Uni ist ganz klar führend in meinem Forschungsgebiet", begründet er seine Entscheidung für die FAU.

Er freue sich daher, in der Arbeitsgruppe von Prof. Hirsch zu sein und genieße seinen Aufenthalt. "Was mir in Deutschland besonders gut gefällt: Man respektiert und achtet die Umwelt."

Soweit es seine Zeit zulässt, ist er daher viel in der Natur unterwegs. "Das tut einfach gut! Am Wochenende gehe ich mit Freunden in der Umgebung wandern, und auch unter der Woche verzichte ich meistens auf den Bus und gehe zu Fuß. Täglich kommt da sicherlich mehr als ein Stunde zusammen. Das ist gut für die Gesundheit!", sagt Bao und lacht.

Vor einigen Wochen hat er in seiner Heimat seine langjährige Freundin geheiratet. "Es war nur ein kleines Fest mit den engsten Verwandten", erzählt er. Jetzt hofft er, dass er demnächst alle Dokumente beisammen hat, damit seine Frau ihn besuchen kann. "Ich freue mich, schon ihr alles zu zeigen. Sie liebt die Natur und wird sicherlich von Nürnberg und Erlangen begeistert sein".

Baos Kollegin Aleksandra Mitrovic kommt aus Serbien. An der Uni in Belgrad studierte sie Chemie, in diesem Fach wurde sie später auch promoviert. Das Humboldt-Stipendium ist schon ihr zweiter Aufenthalt in Franken. Bereits im Jahr 2012 war sie mit einem DAAD-Stipendium hier zu Gast.

"Ich habe ebenso wie mein Humboldt Kollege Lipiao die große Ehre. in einer Arbeitsgruppe von Prof. Hirsch zu sein", erzählt sie begeistert. "Seine Bücher sind Standartwerke. Die habe ich bereits in meiner Studienzeit in Belgrad gelesen."

Gleichermaßen ist die Forscherin von ihren Kollegen angetan. "Unsere Arbeitsgruppe ist ganz international aufgestellt, die Leute kommen von überall aus der Welt." Auch die Arbeitsbedingungen sagen ihr sehr zu. "Wenn ich spezielle Substanzen für meine Experimente benötige, sind diese in der Regel am nächsten Tag da." In Serbien müsse sie teilweise Wochen, wenn nicht Monate darauf warten. "Hier fühle ich mich dagegen wie im wissenschaftlichen Himmel!".

Diesen Feuereifer braucht sie auch, um die momentane Trennung von ihrer Familie zu verschmerzen. Denn ihr Mann und ihre fünfjährige Tochter leben in Belgrad. "Mein Mann ist ebenfalls Chemiker. Er kann daher die Möglichkeiten, die ich durch das Humboldt-Stipendium an der FAU habe, sehr gut einschätzen. Er weiß um diese einzigartige Gelegenheit und unterstützt mich mit voller Kraft." Ihr Mann und die Tochter hätten sie auch schon zweimal besucht, und außerdem gibt es ja Skype.

Freizeit hat Aleksandra Mitrovic wenig. "Denn die Zeit, die ich hier habe, möchte ich optimal nutzen". Ab und zu ist sie mit Kollegen unterwegs, abends liest sie gerne. "Am liebsten die serbischen und russischen Klassiker."

Letztere aber nicht im Original, denn dafür reiche ihr Russisch nicht. "Mit den Kollegen unterhalten wir uns entweder auf Englisch oder Spanisch" Und dann diskutiert sie mit ihnen am liebsten über "ihr" Wundermaterial: den schwarzer Phosphor.

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