Sebastian lässt die Orgelpfeifen klingen

5.7.2017, 06:00 Uhr
Sebastian lässt die Orgelpfeifen klingen

© Stefanie Goebel

Sein Vater ist neidisch auf ihn: Denn Sebastian setzt sich an die Orgel und spielt einfach drauf los – ohne Noten, ohne groß zu überlegen. Der 15-jährige Schüler habe eine besondere Begabung, sagt auch sein Lehrer Bernhard Krikkay, der in Gunzenhausen hauptamtlicher Kirchenmusiker ist. "Sebastian spielt Melodien einfach aus dem Kopf heraus."

Vorteilhaft für das Orgelspiel ist, dass der Gymnasiast bereits als Fünfjähriger das Klavierspielen lernte. Vor drei Jahren sei dann die Orgel dazugekommen, die auch sein Vater spielen kann. Allerdings, gibt dieser zu, hänge er mehr an den Noten als sein Sohn. Sebastian nämlich kann das riesige Instrument auf Zuruf mit eigenen Melodien erklingen lassen.

"Es gibt nichts Schöneres, als in einer leeren Kirche zu spielen", sagt Lehrer Krikkay, der weiß, dass einem beim Orgelspielen der Begriff "Multitasking" so richtig bewusst wird: Die Finger drücken mehrstimmig die Tasten der verschiedenen Manuale, die Füße spielen einstimmig auf den Pedalen. Das muss man erst mal hinbekommen. Beim Klavier können die Füße keine Melodien spielen.

"Das erste Mal fand ich die Koordination zwischen Händen und Füßen schwierig", sagt Sebastian. Aber innerhalb eines Dreivierteljahres hat es der Schüler geschafft, so gut zu sein, dass er seinen ersten Gottesdienst spielen durfte. "Andere brauchen dafür über ein Jahr", sagt Lehrer Bernhard Krikkay.

Anfangs sei er schon aufgeregt gewesen, gibt der 15-Jährige zu. Mittlerweile ist der Sonntagsgottesdienst zur wöchentlichen Routine geworden. Da könnte doch eigentlich der hauptamtliche Kirchenmusiker zu Hause bleiben, oder? "Nee", sagt dieser und winkt ab. "Es gibt so viele Dörfer in denen Gottesdienste stattfinden, ich bin froh, Sebastian, seinen Vater und andere Organisten zu haben. Wir haben viel Arbeit."

Die Organistentätigkeit sei außerdem nicht so gefragt, meint Bernhard Krikkay. "In der Kirche ist es kalt, und das Instrument ist nicht so ,in‘. Es gibt keine moderne Musik dafür." Wobei auf der Orgel nicht nur Kirchenmusik gespielt würde: " Es gibt auch moderne Kirchenstücke, die in Richtung Pop und Jazz gehen."

Sebastian mag dann aber doch eher die Klassiker wie Bach. Er übt jeden Tag zu Hause auf dem Klavier oder an der Orgel in der Kirche. Und an die Kälte gewöhne man sich auch, meint der 15-Jährige. "Nach dem Einspielen sind meine Finger warm." Einmal pro Woche hat er Unterricht bei Bernhard Krikkay und übt mit ihm verschiedene Stücke. Mit einem anderen Lehrer trainiert Sebastian zusätzlich noch Improvisationen.

Dazu kommen die Gottesdienste und Orgelkonzerte. Toll wäre ein Auftritt bei der Internationalen Orgelwoche in Nürnberg (ION), die momentan stattfindet. Sebastian nickt. Was nicht ist, kann noch werden. Ob er künftig einen Beruf aus seinem Hobby machen will, weiß der Gymnasiast noch nicht. Sein Lehrer findet diese Aussage vernünftig: "Als Hobby ist das Orgelspielen genauso schön!"

Dabei ist die Orgel nicht das einzige Instrument, das Sebastian beherrscht. Da sind noch Klavier, Geige, Klarinette und Saxofon, zählt er auf. "Ich spiele im Schulorchester mit", sagt er und berichtet dann von ein paar Regionalwettbewerben von "Jugend musiziert", an denen er schon erfolgreich teilgenommen habe.

Sebastian lässt die Orgelpfeifen klingen

© Stefanie Goebel

Und wenn man den Jugendlichen mal nicht an der Orgel sitzen sieht, liest er gerne. Western und Fantasy sind seine Lieblingsgenres. "Früher habe ich viel Karl May gelesen", sagt er. "Außerdem gehe ich gern schwimmen und fahre Rad."

Nach dieser Aussage haut Sebastian noch mal in die Tasten. Wir haben ihn dabei gefilmt und das kurze Video auf unseren YouTube-Kanal "Klasse Plus" hochgeladen. Oder ihr schaut es euch auf unserer Website www.nordbayern.de/szene-extra oder auf Facebook (Szene.Extra) an.

ZKennt ihr auch Jugendliche, die etwas besonders gut können und die wir hier unbedingt vorstellen sollten? Dann mailt uns!

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