Sind die Kekse wirklich schon schlecht?

1.7.2015, 10:00 Uhr
Sind die Kekse wirklich schon schlecht?

© Foto: dpa

1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden weltweit jährlich weggeworfen oder schon bei der Erzeugung oder beim Transport aufgrund von Mängeln aussortiert. Mehr als eine Milliarde Menschen sind übergewichtig. Dem gegenüber stehen 795 Millionen Menschen, die laut aktuellem Welthungerbericht der Vereinten Nationen (UN) an Hunger leiden. Und das, wo nach aktuellen Schätzungen der UN mit den derzeit in der Landwirtschaft angewendeten Verfahren und den vorhandenen natürlichen Ressourcen weltweit auch Lebensmittel für 12 Milliarden Menschen produziert werden könnten. Wie kann das sein?

Die Hauptursache liegt im Konsumdenken der westlichen Länder. Wir sind es gewohnt, jederzeit alles haben zu können. In der Konsequenz heißt das, Supermärkte und Bäckereien kaufen im Überschuss, um dem Kunden auch noch bei Ladenschluss die ganze Produktpalette anbieten zu können. Allein in Bäckereien wird oft zehn bis 20 Prozent der Tagesproduktion weggeschmissen. Das sind in Deutschland 500 000 Tonnen im Jahr. Nur für den Mülleimer.

Die Lebensmittelverschwendung wird durch Gesetze verstärkt: In den Laden kommen nur Produkte, die Normwerten und dem Schönheitsideal entsprechen. Krumme Gurken, zu kleine oder zu große Kartoffeln, Obst mit leichten Verfärbungen – all das landet von vornherein auf dem Müll. Bis zu 40 Prozent Obst und Gemüse werden schon bei der Ernte weggeworfen. Dann geht es weiter zur Verarbeitung, wo noch mal aussortiert wird. Im Handel landet in der Tonne, was nicht verkauft wurde, und auch in den privaten Haushalten wandert Essbares in den Müll. Jeder Bundesbürger ist im Durchschnitt für über 82 Kilogramm weggeschmissenes Essen verantwortlich.

Die Gesetze fördern im Moment die riesigen Mengen an Lebensmittelmüll eher, als dass sie sie verhindern. Die Hersteller legen zum Beispiel das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) fest. Je kürzer ein MHD gesetzt ist, desto früher muss der Handel die Produkte nachkaufen. Dabei steckt in dem Wort deutlich das „mindestens“! Trotzdem werden die Lebensmittel im Laden oft zwei Tage vor Ablauf des MHD aussortiert – obwohl ein Joghurt oder Käse noch viele Tage danach in Ordnung ist und gegessen werden könnte.

Sinnesorgane einsetzen!

Auch wir Konsumenten verlassen uns lieber auf das aufgedruckte Datum als auf unsere Sinnesorgane, mit deren Hilfe wir an Aussehen, Geruch und Geschmack deutlich erkennen könnten, ob ein Produkt noch genießbar ist oder nicht.

Wenn Mitarbeiter überschüssige Lebensmittel, die im Müll landen würden, mitnehmen, ist das Diebstahl und kann sie vor Gericht bringen. Dabei ließe sich dieses Problem recht einfach lösen: Müssten die Supermärkte höhere Müllgebühren zahlen, würden sie sich zweimal überlegen, ob sie wirklich so viel wegwerfen. Und wir Kunden sollten nicht so pingelig sein, wenn ein Apfel eine braune Stelle hat.

Allmählich wird auch Politikern das Problem bewusst: In Frankreich etwa müssen Supermärkte per Gesetz nicht-verkaufte Lebensmittel spenden. Bei uns machen das nur manche Läden freiwillig. Wichtig sind auch Initiativen aus der Bevölkerung. Ein gutes Projekt ist „foodsharing“: Auf einer Internetplattform kann sich jeder, also Privatpersonen, Händler oder Hersteller, anmelden und Lebensmittel, die weggeworfen würden, einstellen, damit andere sie kostenlos abholen können.

Ich finde es wichtig, dass wir Lebensmittel besser wertschätzen. Das bedeutet keinesfalls Verzicht, sondern lediglich mehr Effizienz und weniger Ressourcenverschwendung.

Keine Kommentare