Spannendes Stück über das Erwachsenwerden

9.10.2015, 08:00 Uhr
Spannendes Stück über das Erwachsenwerden

© Fotos: Hans von Draminski

Moritz hat miese Noten und ein gutes Herz, sein bester Freund Melchior kritisiert das System und eckt deshalb immer wieder an. Und das Mädchen Wendla entdeckt das andere Geschlecht, obwohl ihre Eltern in ihr gerne noch ein unschuldiges Kind sehen würden.

Was heutzutage wahrscheinlich die platte Ausgangssituation für eine nette Teeniekomödie wäre, stellte 1891, als Frank Wedekind die Bühnenvorlage für das 2005/2006 von Steven Sater (Text) und Duncan Sheik (Musik) verfasste Musical schuf, sozialkritischen Sprengstoff dar — in einer Zeit, als Schüler von ihren Lehrkräften noch regelmäßig körperlich „gezüchtigt“ wurden und über Sex nicht einmal im stillen Kämmerlein geredet werden durfte.

Fragt man „musicalCom“-Stammregisseur Tobias Bencker, dann war die Entscheidung für den auf den ersten Blick sperrigen Stoff eine gemeinschaftliche Idee des Leitungsteams. Das war nach der Produktion des „Kleinen Horrorladens“ auf der Suche nach einem für alle Zuschauerschichten geeigneten Nachfolgestück.

„Spring Awakening“ läuft erstmals im neuen Theater der „musicalCom“ in der Don-Bosco-Straße (in der Nähe der früheren „Quelle“). „Das neue Haus ist ein großer Fortschritt, denn wir müssen nach den Proben nicht alles wieder abbauen und konnten auch die Technik fest installieren“, freut sich Bencker.

Das Prinzip des „Horrorladens“, Semiprofis und talentierte Laien einzusetzen, wurde bei „Spring Awakening“ beibehalten. Soll heißen, dass das Ensemble aus vielen Musical-affinen Studenten und anderen jungen Erwachsenen besteht, die meist „richtige“ Berufe haben.

Hauptdarsteller Thomas Kroczek, der den Melchior spielt, stand vor anderthalb Jahren bei der Uni-Produktion von „Cats“ als „Rum Tum Tugger“ auf der Bühne. In „Spring Awakening“ kann Kroczek seine schauspielerischen Fähigkeiten demonstrieren und eine differenzierte Charakterstudie auf die Bühne bringen.

Ein Debüt ist die Produktion für Simon Köhler, der — auch für das Regieteam überraschend — seine Rolle mit Leben und Emotion füllt. „Unfassbar gut für jemand, der das zum ersten Mal macht“, schwärmt Tobias Bencker. Die Darstellerin der Wendla, Carina Krämer, war schon öfter bei Musical-Inszenierungen dabei und agiert mit souveräner Ruhe.

„Frühlingserwachen“ ist aus Tobias Benckers Sicht so aktuell wie zur Zeit der Entstehung — und stellt zugleich eine theatralische Zeitreise in eine Epoche dar, in der Rohrstöcke noch Erziehungsinstrumente waren und junge Menschen aufpassen mussten, nicht an den Restriktionen einer konservativen Welt zu zerbrechen.

Geprobt wird seit einem Dreivierteljahr — „weil man mit Laien anders arbeitet als mit Profis“, erklärt Bencker, der auf der anderen Seite die Spontaneität seiner Truppe schätzt: „Profi-Schauspieler machen oft nur, was man ihnen sagt. Meine Leute investieren ihre eigene Fantasie und bringen vor allem echte Gefühle in das Stück ein“, meint der Regisseur.

Dass „Spring Awakening“ oft von depressiver Schwermut geprägt ist, stellt Bencker nicht in Abrede, weiß aber, dass die fetzige Musik von Duncan Sheik der Gegenpol ist, „der es einfach reißt“.

„Spring Awakening“ hat am Freitag, 16. Oktober, 19.30 Uhr, Premiere. Insgesamt 13 Vorstellungen bis Sonntag, 29. November. Karten gibts über www.musicalcom.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen; Rabatt für ZAC-Card-Inhaber.

 

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