Unterricht wie vor 100 Jahren

31.7.2018, 10:00 Uhr
Unterricht wie vor 100 Jahren

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Kein Jugendlicher kennt das Gefühl von damals: Wie war es, Anfang des vergangenen Jahrhunderts zur Schule zu gehen? Deshalb unternahmen wir Schüler von der Wirtschaftsschule in Gunzenhausen zusammen mit unseren Lehrern eine Zeitreise und erlebten einen "Unterricht wie vor 100 Jahren".

Wir sollten spüren, wie sich unsere Urgroßeltern als Schüler fühlten. Zur Vorbereitung auf den Projekttag besuchten wir zunächst das Schulmuseum in Nürnberg, um einen ersten Eindruck von der damaligen Zeit zu bekommen.

Am Projekttag selbst drehten wir kurzerhand die Zeit zurück. Alle kleideten sich der damaligen Epoche entsprechend: Lehrer waren im dunklen Anzug, mit strengem Blick und Rohrstock unterwegs, Lehrerinnen hatten lange Röcke an und die Haare zu einem Dutt gebunden. Die Schülerinnen trugen weiße Blusen, Zöpfe und Röcke; die Jungen Hosen, Hemden und Hosenträger.

Der besondere Schultag begann in der Früh mit einer gemeinsamen Morgenandacht und Liedern. Danach teilten sich die Schüler in verschiedene Gruppen auf. Jede Gruppe durchwanderte den Tag nach einem vorgegebenen Zeitplan an unterschiedlichen Stationen.

Sütterlin-Schrift lernen

An einer Station durften wir mit alten Griffeln auf Schiefertafeln schreiben. Besonders war dabei, dass wir die alte Sütterlin-Schrift zu lesen und zu schreiben lernten. Das war interessant und lehrreich zugleich. In der nächsten Station stand Mathe auf dem Plan. Allerdings nicht mit unseren Taschenrechnern, sondern einem Abakus (Rechenschieber), der früher zum Rechnen genutzt wurde.

Im dritten Klassenzimmer probierten wir verschiedene Hausarbeitstätigkeiten aus: Wir lernten, mit einem alten Bügeleisen zu bügeln, Wäsche mit einem Waschbrett zu waschen, das Sockenstopfen, Häkeln und Stricken. Dabei hatten sogar die Jungs ihren Spaß, weil es mal was ganz anderes war.

Aber das Highlight des Tages war dann doch der "historische Unterricht", den wir in der letzten Station mitmachten: Mehr als 50 Schülerinnen und Schüler in einem Klassenzimmer wurden 45 Minuten lang nach den Regeln von 1918 unterrichtet. Unser Lehrer war Mathias Rösch, der Leiter des Schulmuseums in Nürnberg, der sich so kleidete und so benahm, wie es Lehrer früher eben machten: ein strenger Ton, strenge Regeln und schnelle Strafen. Wir mussten ein Gedicht sofort auswendig lernen, und er zeigte uns, wie man sich hinsetzt, hinstellt und verabschiedet – mit Knicks oder Verbeugung. Eine ganz andere Unterrichtsstunde, als wir sie normalerweise kennen!

Theaterstück in drei Szenen

Nach der Mittagspause zeigten uns Schüler unserer Theatergruppe noch ein Theaterstück zum Thema "Unterricht früher – heute – morgen". In drei Szenen wurde der Unterricht von damals, unser heutiger Unterricht, aber auch der Unterricht der Zukunft vorgespielt. Das war ein echter Kontrast. Wer weiß, vielleicht ist irgendwann der Lehrer wirklich nur noch über einen Beamer an der Leinwand zu sehen, während wir Schüler nur auf Tablets und Smartphones herumtippen?

Ganz am Ende ließen wir den Tag nochmals an unserem inneren Auge vorbeiziehen: Was ist jetzt eigentlich der Unterschied zu früher? Die strengen Lehrer, die schnellen und schweren Strafen, der respektlose Ton . . . das alles hat uns nicht gefallen. Und dabei haben wir die Prügelstrafe gar nicht am eigenen Leib erlebt.

Wir haben heute mehr Freiheiten, und auch die Lehrer sind viel lockerer – auch wenn sie immer noch ziemlich hart sein können. Aber das ist kein Vergleich zu damals. Es war eine tolle Erfahrung, diesen Unterricht wie vor 100 Jahren erlebt zu haben.

Und der Plan unserer Schulleiters Wolfgang Förtsch ist wohl auch aufgegangen. Er wollte, dass wir die Schule von heute wieder mehr schätzen sollen. Wir denken, das hat bei einigen Schülern gut geklappt. Mal schauen, wie lange das anhält.

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