"Ballbina kickt" soll Mädchen für Fußball begeistern

1.11.2016, 15:07 Uhr
Mathilde (14) hat sichtlich Spaß beim Fußballtraining.

© Thomas Correll Mathilde (14) hat sichtlich Spaß beim Fußballtraining.

Zwanzig nach Fünf im beschaulichen Wilhermsdorf im Landkreis Fürth. Zwielicht. Bis auf zwei schaukelnde Mädels regt sich nichts am Sportgelände des TSV. Die Türen sind geschlossen, die Plätze verwaist.

Ein paar Minuten später kommt Leben in die Situation. Ein Auto, fährt vor, dann ein zweites. Heraus springen Mädels zwischen fünf und zwölf Jahren – mit Stollenschuhen, Stutzen und Sport–Outfits. Spätestens als Trainer Sven Bissert mit dem Ballnetz aus der Kabine kommt, wird klar: Die Mädchen sind zum Fußballspielen gekommen. Soweit nichts besonderes.

© Thomas Correll

Nichts besonderes? Irgendwie doch. Denn trotz Erfolgen und zunehmender Popularität der Frauen-Nationalmannschaft scheint der Gedanke, dass Mädels genauso gern kicken wie Jungs, vielerorts noch immer nicht in den Köpfen angekommen zu sein. Trainer Bissert besucht oft Schulen, um Werbung für seinen Sport zu machen. Gerade Väter, berichtet er, hätten oft die Einstellung: Fußball ist nur was für Männer.

Erst seit Mai dabei

Der BFV sieht das anders. Er veranstaltet Schnuppertrainings speziell für Mädchen, die noch nicht in Vereinen angemeldet sind; er zahlt Bälle, Hütchen, Trikots; und es gibt Fortbildungen für angehende Trainer. Bei so einer Fortbildung war auch Mathilde. Die 14-Jährige spielt seit Mai dieses Jahres Fußball und hat es jetzt schon zur Co-Trainerin bei den Schnuppertrainings gebracht. Eigentlich sprang sie nur ab und zu für eine Freundin ein, mittlerweile ist sie fest dabei.

Dass Fußball nur was für Jungs sei, das hat sie auch schon gehört, aber: "Das stimmt auf keinen Fall!" Wer Lust auf Kicken hat, sollte es tun, findet Mathilde. So wie die neun Mädels, die heute zum Training gekommen sind. Zum Aufwärmen wird Stehbock-Freibock gespielt, die Bälle bleiben erstmal im Netz. Stichwort Aufwärmspiele: Da hat Mathilde bei der Fortbildung des BFV viel gelernt. Auch taktische Finessen und auf Altersgruppen zugeschnittene Übungen wurden ihr beigebracht.

Mathilde trainiert nicht nur den weiblichen Nachwuchs, sondern spielt auch bei den B-Juniorinnen des TSV Wilhermsdorf. Weil es nicht so viele Fußballerinnen gibt, umfasst dieses Team Mädchen von 12 bis 19 Jahren. Sehr zu Sven Bisserts Bedauern musste 2015 sogar zum ersten Mal seit langer Zeit die Damen-Mannschaft des TSV, die auch er trainiert, vom Spielbetrieb abgemeldet werden. Bissert hat das im Hinterkopf bei seiner ehrenamtlichen Arbeit für "Ballbina kickt": Vielleicht ist ja die ein oder andere dabei für die erste Mannschaft.

Wichtigere Hobbys

"Die erste Mannschaft ist schon ein Ziel", sagt Mathilde, und bei dem Aufwand, den sie betreibt, sollte das irgendwann drin sein. Sie kommt dreimal die Woche von Horbach, einem Ortsteil von Langenzenn, nach Wilhermsdorf. Montags, mittwochs und am Wochenende – zum Glück wohnt noch eine andere Fußballerin bei ihr um die Ecke, so können die Eltern Fahrgemeinschaften bilden.

Andere, wichtigere Hobbys sind für junge Mädchen oft der Grund, das Kicken wieder aufzugeben oder gleich ganz zu lassen, das weiß Mathilde von ihren Schulbesuchen mit Trainer Bissert. "Erstmal sind alle voll begeistert", erzählt sie, aber wie viele dann wirklich kommen, das wisse man nie.

Sie will auf jeden Fall weitermachen. Weil sie Spaß daran hat. Schließlich kann es ihr auch ganz egal sein, wenn manche Leute Fußball für einen Männersport halten. Und vielleicht sieht man ja irgendwann eines der Mädels vom TSV Wilhermsdorf im Fernsehen – wie heute Anja Mittag oder Dzsenifer Marozsán.

Keine Kommentare