Weihnachten nervt!

13.12.2017, 18:10 Uhr
Weihnachten nervt!

Ferien = Winterschlaf

Lena Prytula (17): Für mich als Schülerin kurz vor dem Abitur ist die Vorweihnachtszeit purer Stress. Jede Woche schreibt man mindestens zwei Schulaufgaben, die meisten Stegreifaufgaben, und man bereitet sich auf gefühlt hundert Referate vor. Ich schaffe es gar nicht, auf den Christkindlesmarkt zu gehen – dabei sollte die Vorweihnachtszeit Ruhe und Besinnung bringen.

Zum Schulstress hinzu kommt noch die ganze Geschenkekauferei. Die Geschenke besorge ich meistens sehr kurzfristig und spontan, weil mir der Kopf schon vor lauter Integralen, Dramenanalysen und Begriffserklärungen schwirrt. Das einzig Gute an Weihnachten sind die lang ersehnten Ferien, die ich persönlich als Winterschlaf nutze, um die durchgelernten Nächte wieder auszugleichen.

Geschenke in letzter Minute

Carima Jekel (19): Ich muss gestehen: Ich bin ein riesen Weihnachtsfan. Ich liebe das Fest und besonders die Vorweihnachtszeit mit all den Weihnachtsmärkten, geschmückten Vorgärten und dem Plätzchennaschen.

Nur das mit den Weihnachtsgeschenken stresst mich jedes Jahr aufs Neue. Egal wie früh ich anfange, mir Gedanken darüber zu machen, eine Person gibt es immer bei der mir nichts Passendes einfällt. Passenderweise wünscht diese sich dann meist auch immer "nichts". Und so kommt es, dass ich jedes Mal doch noch zum Last-Minute-Geschenkshopper werde und verzweifelt durch die überfüllte Stadt irre, in der Hoffnung, noch das Richtige zu finden.

Gute Schauspieler gefragt

Helke Rüder (19): Aufgesetztes Lächeln, gezwungen fröhliche Stimmung, nervige Weihnachtsmusik, die eigentlich niemand mag – es ist wieder so weit. Der Höhepunkt der seit September ausgerufenen Weihnachtszeit naht: drei Tage heile Familienwelt voll mit neuestem Klatsch und Tratsch über Nachbarn, Bekannte und Verwandte.

Wie gut, dass man sich nichts mehr schenkt – sonst wäre der Stress ja programmiert. Aber so ganz ohne Bescherung geht es doch nicht, also werden in letzter Minute doch noch Kleinigkeiten besorgt, damit jeder was zum Auspacken hat. Und damit jeder seine Schauspielkünste unter Beweis stellen kann, indem er zeigt, wie sehr er sich über das tolle Geschenk freut. Wenn der Christbaum endlich wieder entschmückt und verbrannt wird, kehrt Ruhe ein – zumindest für acht Monate, bevor der Wahnsinn wieder von vorne losgeht.

Eilige Nacht statt stille Nacht

Ewan Schück (15): Ein Grund, wieso es sich für mich ausgeweihnachtet hat, sind die Hektik und Drängelei vor Weihnachten: Die Straßen werden durch Buden künstlich verschmälert, die Leute durch Einkäufe künstlich verbreitert, ich werde wie eine Flipperkugel durch die Breite Gasse geschubst. Gekauft wird, als ob es kein Morgen gäbe.

Online ist es nicht besser. Wer nur mal ahnungslos nach einem pinken Einhorn für die kleine Schwester sucht, gibt sich ein Leben lang der Lächerlichkeit der Allgemeinheit preis. Denn die Suchmaschinen – Cookie sei dank – werden auch nach Jahrzehnten immer neue Einhornprodukte vorschlagen. Auf diese Art von Christmas-Cookies kann ich verzichten!

Überhaupt, die Schenkerei wird immer schlimmer. Wem schenke ich was? Was schenke ich? Wie viel gebe ich aus? Gibt der Beschenkte auch so viel für mich aus? Muss ich eine Woche wegen Geldmangels fasten? Bekomme ich auch etwas? Wie wird meine Geschenkebilanz aussehen? Mache ich Gewinn? Habe ich jemanden vergessen? Vergisst mich jemand? Absichtlich? Schenkt man jedoch das Falsche, wird einem das ewig nachgetragen.

Fehlt nur der obligatorische Weihnachtsstreit. Dieser ist grundsätzlich grundlos und beginnt meist mit einem Scherz, den das Gegenüber falsch auffasst und zurückbellt. Bis zur zugeknallten Tür sind es dann knapp zehn Minuten, bis zur Versöhnung keine Stunde.

Denn schließlich steht noch die Weihnachtsmesse und das Essen an. Wenn man sich in der Kirche ganz hinten links an der Säule festgekrallt hat, wundert man sich doch, wo sonst im Jahr die ganzen Gläubigen sind. Aber an Weihnachten ist Gottes Haus ausverkauft, es wird gesungen, angedachtet und gespendet, was das Gewissen hergibt.

Nach dem Essen klingelt das Telefon, und die klassische Grußformel wird ausgetauscht: "Dir auch ein frohes Fest, von dir hört man ja das ganze Jahr nicht mehr." – "Hätt’st di ja selber amol rührn könner." Damit hat Weihnachten seinen Zenit überschritten, der Vater überlegt zum dritten Mal, ob der Baum nicht doch schief steht, und der Fernseher kann wieder angeschaltet werden.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass stille Nacht auch eilige Nacht ist und die Glocken auch nimmer so süß klingen wie früher. Deshalb: eine geschlossene Tür, eine heiße Schokolade, ein warmer Kamin und eine gute Packung Lebkuchen zum Teilen. Wunderschön. Mehr muss nicht sein!

Kostüme gehören verboten

Björn-Hendrik Otte (20): Ich will ja gar nicht bestreiten, dass schon ein Glühwein das Hirn teilweise ausschalten kann. Dass man in diesen Momenten eine Bratwurstsemmel für fünf Euro preiswert findet, kann auch noch sein. Für alles habe ich da Verständnis. Wer allerdings dabei ist, sich gerade ein blinkendes Rentiergeweih auf den Kopf zu setzen oder eine singende Nikolausmütze, der sollte schnell nach Hause gehen.

Ein Weihnachtsmarkt ist schließlich nicht dazu da, sich zu verkleiden. Dafür gibt es Fasching. Auch wenn eingefleischte Fasching-Fans mir wohl erklären würden, dass die Saison schon am 11. November startet. Wer es nicht erwarten kann, betrunken in lächerlichen Kostümen durch die Gegend zu laufen, der kann gerne an Silvester Brillen mit der Jahreszahl des nächsten Jahres aufsetzen. Am Christkindlesmarkt haben Kostüme aber nichts verloren. Und wer gerne ein Rentier ist, der kann ja zu den anderen Tieren in die Krippe gehen.

Keine Geschenke, bitte!

Nina Dworschak (23): Jedes Jahr ab dem ersten Advent scheint sich der Kosmos zu verschieben und meine Mitmenschen verhalten sich seltsam: Wem soll ich was schenken? Hab ich das perfekte Outfit für den Weihnachtsmarkt? Und wie bringe ich alle Weihnachtsfeiern unter einen Hut? Es fällt mir dabei immer wieder auf, dass vor allem die Geschenkefrage lebenswichtig wird.

Während des Jahres höre ich von Freunden häufig "dieses Mal schenken wir uns nichts" oder "der Austausch von Geschenken macht niemanden wirklich glücklich". Aber in der Vorweihnachtszeit wird diese Ideologie anscheinend für vier Wochen zum Urlaubmachen auf die Balearen geschickt. Ich halte mich jedes Jahr an mein Credo und schenke weder, noch erwarte ich etwas.

Und dann passiert das Unausweichliche: Ich bekomme etwas geschenkt und habe nichts zurückzugeben. Voriges Jahr passierte es auf der Weihnachtsfeier meiner ehemaligen Schulkameradinnen. Ich sehe sie einmal im Jahr, und plötzlich halte ich ein schön verpacktes Etwas in meiner Hand und fühle mich den Rest der Zeit unwohl.

Auch dieses Jahr hat mir meine beste Freundin bereits angekündigt, dass sie ein fantastisches Geschenk für mich gefunden hat. Aber das sei kein Grund, ihr ebenfalls etwas zu schenken. Das werde ich auch nicht, aber ich fühle mich dabei schlecht und weiß, dass mir ihr Geschenk keine Freude machen wird.

Mein Aufruf daher: Es ist vollkommen in Ordnung, wenn ihr gerne beschenkt werdet. Aber steht bitte dazu und respektiert die Menschen, die sich diesem Brauch entziehen.

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