"Wir bezahlen mit unseren Daten, aber es macht uns nichts aus!"

2.7.2018, 18:01 Uhr
Nur einer liest noch Zeitung. Alle anderen glotzen auf ihr tragbares Fernsprechgerät, in Franken auch Wischkästla genannt. Diese typische Szene in der Welt von Menschen unter 25 haben die Schüler des P-Seminars am Melanchthon-Gymnasium auf ihrem – interessant geschmückten – Pausenhof nachgestellt.

© Martin Rösch Nur einer liest noch Zeitung. Alle anderen glotzen auf ihr tragbares Fernsprechgerät, in Franken auch Wischkästla genannt. Diese typische Szene in der Welt von Menschen unter 25 haben die Schüler des P-Seminars am Melanchthon-Gymnasium auf ihrem – interessant geschmückten – Pausenhof nachgestellt.

1. Online ist nicht aufzuhalten: Wir bezahlen mit unseren Daten!

"Entschuldigen Sie, welche Musik hören Sie gerne? Welche politische Einstellung haben Sie? Wie lautet Ihre E-Mail Adresse? Wie alt sind Sie? Ihre Telefonnummer lautet?" Kaum jemand würde wohl auf diese Fragen antworten, wenn sie ihm von einer unbekannten Person auf der Straße gestellt würden. Im Internet werden sie hingegen freimütig beantwortet.

Für viele moderne Online-Angebote ist heutzutage eine Anmeldung erforderlich, um sie vollumfänglich nutzen zu können. Bei diesen Anmeldungen ist es in der Regel zumindest nötig, die eigene E-Mail-Adresse anzugeben, oft auch den Vor- und Nachnamen, das Geburtsdatum und/oder eine Telefonnummer.

Und auf diese Fragen wird auch geantwortet. Gerade Jugendliche, eine Gruppe die sich sehr häufig und lange im Internet aufhält, sind meist zumindest auf ein bis zwei Seiten, tendenziell eher mehr, registriert. Jeder Klick, den sie auf diesen Seiten tätigen, wird gespeichert.

Anhand der von ihnen gewählten Inhalte wird ihnen gezielt Werbung angezeigt, die ihre Interessen anspricht. Das ist ein Verfahren, das die Betreiber auch in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen preisgeben, das aber von einigen bereits als Missbrauch der Daten bezeichnet werden könnte.

Aber Ereignisse wie die Enthüllung, dass das Unternehmen Cambridge Analytica Zugriff auf die Daten von Facebook-Nutzern hatte, zeigen: Die Daten, die man mit seiner Anmeldung und jedem Klick an die Betreiber einer Seite sendet, können auch deutlich stärker als nur für Werbung ge- beziehungsweise missbraucht werden.

Das beginnt bei der Manipulation der politischen Gesinnung durch bestimmte Wahlwerbung und endet noch lange nicht beim Verkauf der Daten an andere Unternehmen oder Organisationen. Vielen Jugendlichen ist die Möglichkeit des Missbrauches ihrer Daten durchaus bewusst.

Dennoch geben sie diese weiterhin preis. Und sie nutzen weiterhin Angebote von Betreibern, die inzwischen als Datenkraken verschrien sind, also Milliarden an Nutzerdaten sammeln.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum so viele Daten preisgegeben werden: die Unentbehrlichkeit. Gerade Suchmaschinen wie Google sind aus der modernen Welt kaum mehr wegzudenken, sie bieten den Zugriff auf eine gigantische Menge an Informationen. Es gibt kaum einen Schüler, der noch nie für ein Referat auf Google und Wikipedia zurückgegriffen hat. Aber nicht für die Wissensorganisation und -beschaffung spielen diese Webseiten eine große Rolle, sondern auch in der Unterhaltungsbranche. Gerade YouTube, das zu Google gehört, ist eine vielbesuchte Website, die bei den Jugendlichen deutlich beliebter als das etablierte Medium Fernsehen ist. Die Einstellung von vielen Jugendlichen lautet also: "Wir bezahlen mit unseren Daten, aber es macht uns nichts aus."

 

2. Online-Infos sind praktischer als die Zeitung!

In der heutigen Zeit ist es schon fast eine Seltenheit geworden: ein Jugendlicher mit einer Zeitung in der Hand. Stattdessen: Alle starren auf ihr Smartphone! Doch warum greifen immer mehr Jugendliche zum Smartphone, wenn sie sich über aktuelle Nachrichten informieren wollen?

Die Gründe dafür sind vielseitig und vielen Zeitungslesern auf den ersten Blick gar nicht bewusst. Der erste Vorteil von digitalen Nachrichten liegt jedoch auf der Hand: Alles kommt viel schneller zu uns Lesern.

Selbst bei einer täglich erscheinenden Zeitung sind die Nachrichten bestenfalls schon einen halben Tag alt, während Online-News schon wenige Minuten nach dem Ereignis verfügbar sind.

Dies hat zur Folge, dass besonders bei Katastrophen oder Ähnlichem Informationen sofort an die Bevölkerung gelangen, was äußerst nützlich ist, wenn man an den aktuellen Ereignissen in der Welt interessiert ist. Außerdem: Online sind die Nachrichten bisher kostenlos! Weshalb also dafür bezahlen?

Einen weiteren Vorteil bieten Nachrichten-Apps, die auf die individuellen Interessen der Benutzer zugeschnitten sind. Dadurch kann jeder das lesen, was ihn interessiert.

Ungewünschte Nachrichten, bei dem einen vielleicht der Kulturteil, bei anderen die Politik, entfallen. Dabei muss natürlich darauf geachtet werden, dass keine sogenannte Filterblase entsteht, denn so werden dem Leser nur noch Informationen zur eigenen Meinung preisgegeben und es würde eine Verzerrung der Wirklichkeit stattfinden.

Doch wenn eine Applikation benutzt wird, die lediglich ein paar Informationen vorsortiert, kann diese zu einer weitreichenden Erleichterung des Nachrichtenlesens führen. Unter anderem aus diesen Gründen bieten digitale Nachrichten den Printmedien gegenüber aus der Sicht von Jugendlichen viele Vorteile. Online-Infos sind praktischer als die Zeitung.

 

3. Ohne eine Zeitung fehlt doch etwas!

Montagmorgen in der U2 Richtung Nürnberg-Flughafen. Geschäftsleute sitzen in schicke Anzüge gekleidet auf ihren Plätzen und lesen gerade ihre Lieblingszeitung.

Doch während sie früher noch mit weit aufgeschlagener Zeitung dasaßen, wischen sie heute nur noch auf ihrem Handy herum und lesen die neueste Ausgabe als E-Paper.

Dass diese Digitalisierung nicht immer gut ist, scheint selbstverständlich. Doch was genau spricht eigentlich gegen diese neue Form des Zeitunglesens?

Datenmissbrauch ist bei OnlineMedien an der Tagesordnung. Internetseiten, die Nachrichten anbieten, finanzieren sich oft damit, dass sie persönliche Daten der Nutzer sammeln und diese dann anschließend auswerten und weiterverkaufen. Man muss sich immer der großen Gefahr bewusst sein, dass man auf diese Weise schnell zu einem "Gläsernen Menschen" wird.

Weiterhin ist der Faktor der Routine nicht zu unterschätzen. Das Lesen einer Zeitung am Frühstückstisch kann sehr entspannend sein, und für viele ist es sogar ein Ritual. Das bringt einen weit weg von der Hektik des Alltags, der durch die Digitalisierung nur beschleunigt wurde.

Dass diese Entspannung auch der Informationsvermittlung zuträglich ist, ist offensichtlich. Denn unser Leseverhalten unterscheidet sich bei Online-Medien signifikant von den klassischen Printmedien. Online-Leser neigen dazu, Texte zu überfliegen und nur wesentliche Schlüsselwörter aus dem Text aufzunehmen. Doch Online-Artikel haben häufig nicht nur eine schlechtere Qualität, sondern auch eine höhere Quantität. Anstatt hochqualitative Artikel zu veröffentlichen, werden heute eher mehrere Eilmeldungen versandt, die meist ungeprüfte, vorläufige Informationen beinhalten.

Damit leistet sich die Medienbranche, die lautstark öffentlich den Kampf gegen Fake News führt, selber einen Bärendienst. Außerdem: Es fehlt das planlose Stöbern in der Zeitung, bei dem man auch mal auf etwas Interessantes stößt, das man nicht ausdrücklich gesucht hat. Schade eigentlich!

 

4. Jugendliche lesen keine Zeitung mehr!

Während die Eltern am Samstag schon frühstücken und die Zeitung lesen, trottet ein verschlafener Jugendlicher die Treppe herunter. Mit dem Handy in der Hand steuert er direkt die Küche an.

Er grummelt ein leises "Morgen", wobei sein Blick auf dem Handybildschirm haften bleibt. Statt die Zeitung in die Hand zu nehmen, scrollt er sich durch die Nachrichten auf seinem Handy.

Zeitung lesen? Nein, danke! Laut einer Statistik aus dem Jahr 2017 lesen nur noch 21 Prozent der Jugendlichen im Altern von 12 bis 19 Jahren einmal oder mehrmals in der Woche die Zeitung. Vor zehn Jahren waren es noch 50 Prozent. Wie kam es zu dieser rapiden Abnahme innerhalb so kurzer Zeit? Fehlendes Interesse bei der jüngeren Generation? Oder liegt es doch an der Zeitung selbst?

"Ich habe morgens vor der Schule keine Zeit, mir die Zeitung zu kaufen und sie zu lesen. Für mich ist es einfacher, auf dem Weg zur Schule in der Straßenbahn mein Handy rauszuholen und fünf Minuten die wichtigsten Nachrichten zu checken", meint Deniz. "Am Wochenende lese ich schon die Zeitung, wenn wir beim Frühstücken sitzen. Unter der Woche kommt das allerdings fast nie vor", sagt Lea.

Ist also die fehlende Zeit der heutigen Schüler das Problem? Lässt das Schulsystem zu wenig freie Zeit, sich mit Dingen, die außerhalb des Lernens passieren, zu beschäftigen? Oder sind wir Jugendlichen einfach zu bequem für die Zeitung geworden?

Nach unserer Einschätzung ist die Annahme, dass sich junge Menschen nicht mehr für Themen wie Politik interessieren würden, falsch. Es geht vielmehr um den Komfort, den im Vergleich die digitalen Medien bieten.

Stundenlang die ganze Zeitung durchblättern zu müssen, bis man auf etwas stößt, das uns interessiert und betrifft: Das ist für heutige Jugendliche nicht mehr zeitgemäß.

Warum sollte man einen großen Packen Papier mit sich schleppen, wenn man die Nachrichten bei seinem Handypaket eh schon inklusive hat?

 

 

Keine Kommentare