Wo Studis ihren Kommilitonen auf die Sprünge helfen

23.6.2015, 10:34 Uhr
Wo Studis ihren Kommilitonen auf die Sprünge helfen

© Th

Martin Bogenreuther studiert im 2. Semester Soziale Arbeit an der TH. Zuvor hatte er bei Siemens eine Ausbildung zum Industriemechaniker absolviert. „Aber ich merkte, dass ich eigentlich eher in einem sozialen Beruf arbeiten möchte.“ Deshalb ließ Martin Siemens sausen und entschied sich gegen den Rat seiner Eltern für ein Studium. In seiner ganzen Familie ist er der Erste, der jemals den Sprung an eine Hochschule gewagt hat.

Speziell für Studienanfänger wie ihn gibt es das Programm „Mut zum Studium“ an der TH: „Gerade für solche Studienpioniere ist vieles an einer Hochschule neu, und sie wissen oft nicht, an wen sie sich mit ihren Fragen wenden können,“ erläutert die Programm-Koordinatorin Sylvia Wening: „Wir möchten diese Studierenden unterstützen, indem wir ihnen Studienbegleiter zur Seite stellen, welche die Erfahrungen vermitteln, die andere Studierende aus der Familie mitbekommen.“

Wo befinden sich Gebäude und Räume? Welche Vorlesungen sind besonders wichtig? Wie melde ich mich für Prüfungen an? Wo sammle ich Praxiserfahrung? Alles Fragen, die ein erfahrener Student beantwortet, wenn die Neulinge bei „Mut zum Studium“ aufgenommen werden.

Vorbild in Bayern

Zum Wintersemester 2014/15 hat die TH das Programm eingeführt – als eine von nur zehn deutschlandweit geförderten Hochschulen und als einzige in Bayern. Unterstützt wird „Mut zum Studium“ von der Stiftung Mercator und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Im ersten Durchlauf an der TH bekamen 65 Studienpioniere einen Studienbegleiter zur Seite gestellt.

Zum Beispiel Kerstin Schmidt. Die Chemie-Studentin kann sich noch genau an das erste Treffen mit ihrem Studienbegleiter erinnern: „Mein Tandempartner und ich bekamen einen Mensagutschein, dann durften wir uns erst mal kennenlernen. Fragen zum Studium habe ich ihm meistens persönlich oder über das Handy gestellt. Ich bin froh, dass er mir bei meinem Studienstart so gut geholfen hat.“

Unter den 65 Pionieren sind auch 21 Schüler im letzten Schuljahr, die vor der schweren Entscheidung stehen: Studium oder Ausbildung? Vor allem in Familien, bei denen noch nie einer studiert hat, geht die Tendenz klar in Richtung Ausbildung.

Viele trauen sich erst danach den Sprung an eine Hochschule zu. So wie Martin, der sich online beworben hat: „Ich habe auf der Homepage ein paar Fragen beantwortet und später noch eine Bewerbung mit Lebenslauf und Motivationsschreiben eingereicht. Nach einem Vorstellungsgespräch bekam ich dann Bescheid.“ Martin erhielt nicht nur einen Studienbegleiter, sondern zusätzlich auch ein Stipendium: monatlich 300 Euro bis zum Ende des Bachelor-Studiums.

Wenn im Herbst das Programm wieder beginnt, kann sich Kerstin gut vorstellen, selbst Studienbegleiterin zu werden. „Es gibt so viele hilfsbereite Studenten, die sich selber für ihren ersten Tag Hilfe gewünscht hätten“, sagt Koordinatorin Sylvia Wening. Und sie appelliert an Studienanfänger: „Traut euch, mich anzusprechen und eine Bewerbung einzureichen!“ Bist du mutig genug?

Illu: Alexander Pfefferle

http://tinyurl.com/ncv526f

 

Für Studierende der Uni Erlangen-Nürnberg ist es nicht immer leicht, ihr virtuelles Hochschulleben zu durchblicken: Auf der Plattform „Mein Campus“ werden Prüfungsangelegenheiten geregelt. „StudOn“ ist für Unterlagen und Kursanmeldung zuständig, „UnivIS“ für Veranstaltungsübersichten und zur Erstellung der Stundenpläne. Dazu kommen zahlreiche Facebook-Gruppen zu einzelnen Modulen oder Jahrgängen.

Wie viele Kommilitonen waren auch Benjamin Bauer (Wirtschaft), Jan Hohner (Informatik) und der Kommunikationsdesigner Andreas Wünsche von diesem digitalen Chaos genervt. Zumindest UnivIS wollten sie überflüssig machen. Deshalb erstellten sie ursprünglich die Website „KlausurenCoach“, auf der man schneller und einfacher als bisher seine Stundenpläne basteln kann.

Sie zogen das Projekt als ein Start-Up-Unternehmen auf – und nach nur wenigen Tagen wurde das Tool von über 1000 Studenten genutzt. Deshalb wollten sie ihr Angebot deutlich ausbauen. Bedingung war: „Wir wollten keinen Cent ausgeben“, erzählt Andreas, der vor allem für das Desgin der Plattform zuständig ist.

Und das hat funktioniert: „Die Werbeflyer haben wir sponsern lassen, und uns selbst brauchten wir ja nichts bezahlen. Heutzutage“, ergänzt er, „reicht generell wenig Geld aus, um ein Web-Start-up zu gründen. In den 90er Jahren konnte man für so eine Website-Programmierung schnell umgerechnet 100 000 Euro ausgeben.“

„KlausurenCoach“ heißt mittlerweile „UniCoach“ und bietet an 26 Hochschulen ein Wissensportal an, bei dem sich Studenten gegenseitig Fragen stellen können, zum Beispiel über Organisatorisches zum Studienverlauf.

Die Themen lassen sich auch über eine Suchfunktion finden, so dass sich viele Fragen – anders als in Facebook – nicht wiederholen. Wer im Netz nicht gerne persönlich sichtbar wird, kann sich auf der Plattform auch anonym zu Wort melden. Unqualifizierte Statements gab es bis jetzt trotzdem nicht.

Gerade entwickelt das Nürnberger Team eine App, die einen schnelleren Zugriff auf das Wissensportal ermöglichen soll. Vergangenes Semester startete „UniCoach“ für vier Prüfungen der Wirtschaftswissenschaften ein Tutoren-Programm.

Die Tutoren erläuterten die inhaltlichen Fragen der Studierenden ausführlich, für jede Antwort bekamen sie drei Euro, was einem durchschnittlichen Stundenlohn von 15 Euro entspricht.

Nun hat das Team noch viel vor: In Kürze will „UniCoach“ an allen bayerischen Hochschulen Tutoren unter Vertrag nehmen. In Zukunft möchten sich die Jungs außerdem als Jobbörse positionieren und verschiedene Softwareprodukte an Hochschulen verkaufen. Dafür verhandeln sie gerade mit mehreren privaten und staatlichen Interessenten.

www.unicoach.de

Verwandte Themen


Keine Kommentare