Wrestling: Ordentlich kloppen als Show

12.7.2017, 08:00 Uhr
Wrestling: Ordentlich kloppen als Show

© Foto: José Pazos Fabián/dpa

Steve krallt Simon unter den Armen, hebt ihn in die Luft und wirft ihn über seine rechte Schulter. Mit dem Rücken knallt Simon auf die Matte und schreit auf. Autsch! Kurz ist Ruhe, keiner bewegt sich. Dann stehen die beiden Kontrahenten auf, grinsen sich an und geben sich die Ghettofaust. Ja, hat gut geklappt, dieser Chicken Wing Suplex.

"So läuft das beim Wrestling: Vorne wird sich gekloppt, und hinten liegen wir uns in den Armen", sagt André und lacht. Er gehört – genau wie Simon und Steve – zum Team von "German Amateuer Wrestling" (GAW), das einmal pro Woche beim ATSV Erlangen trainiert. Die GAW versteht sich als eigene Wrestling-Szene; der Kopf des Ganzen ist Timur Schatalow alias Angelo Nero. Und er stellt gleich mal klar: "Das Aufschreien ist Teil der Show, das erwarten die Leute."

Und so wird für die Show trainiert:

Die Matches sind Showkämpfe. Der Sieger steht schon vorher fest, die Abläufe werden vorab besprochen. Timur überlegt sich, wer in seiner Szene gegen wen kämpft, feilt die Choreos aus. Und übt mit den Jungs jede Woche die verschiedenen Moves: Kicks, Schläge, Würfe, Luftakrobatik. Über 1000 davon gibt es, und sie tragen so schöne Namen wie Crucifix Pin, Kopfschere oder Gorilla Breast Slam.

Wrestling: Ordentlich kloppen als Show

© Foto: GAW

"Jeder Wrestler hat sein eigenes Move Set", erklärt der Trainer. "Und eine Lieblingstechnik, mit der er seine Matches beendet." Simon arbeitet noch an seinem sogenannten Finisher. Mit 13 ist er der Jüngste im GAW-Team; die anderen sind über 20.

Wie er so jung zum Wrestling kam? Über ein Mickey-Maus-Comic. "Das enthielt Wrestling-Sammelkarten, und die haben mich total fasziniert", erzählt Simon. Acht Jahre war er damals alt, inzwischen trainiert er seit knapp einem Jahr beim ATSV.

Jeden Samstag pendelt er mit dem Zug von Postbauer-Heng nach Erlangen. Seit kurzem hat Simon gleichaltrige Unterstützung: Der 15-jährige Pietro aus Nürnberg ist zum Team gestoßen. Ihn haben die Fernsehshows der World Wrestling Entertainment (WWE) zum Sport gezogen – wie viele hier.

Trainer Timur nennt die beiden gern "unsere zwei Kleinen". Können sie überhaupt gegen die großen Muskelprotze antreten? "Klar", sagt Simon. Denn: Bei den Moves arbeiten immer beide Wrestler zusammen. Der vermeintlich Unterlegene springt mit ab, fällt absichtlich mit um.

Deshalb gehört richtiges Fallen zu den ersten Übungen im Training und wird jede Woche wiederholt. Trainer Timur betont: "Das wichtigste im Wrestling ist das Vertrauen zum Partner. Auch Stunts können wehtun. Deshalb braucht man Kraft, Athletik – und gute Absprachen."

Diese Mischung ist es, die Simon so fasziniert: "Kampfsport war schon immer mein Fall, aber ich habe auch ein Schauspieltalent. Hier kann ich beides verbinden." Zur Show gehören auch eigene Wrestling-Charaktere. Wenn Simon in den Ring steigt, nennt er sich "Phoenix". Denn er ist so unkaputtbar wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche. "Ich bin der Kleinere, werde immer wieder geschlagen. Aber ich gebe nicht auf", beschreibt Simon sein Kampf-Image.

Dazu gehört auch, dass "Phoenix" ein "Face" ist. So nennt man die guten Charaktere unter den Wrestlern – im Gegensatz zu den "Heels", den Bösewichten. "Ein Face passt besser zu mir als kleinem Jungen", hat Simon entschieden. "Und ich finde die Atmosphäre besser, wenn man vom Publikum angefeuert wird." Am Samstag will er das bei seinem "Heimspiel" in Neumarkt wieder erleben.

Am 15. Juli veranstaltet die GAW ihr Open-Air-Event "1 Night in Paradise" im G6 in Neumarkt, Am Festplatz 3. Beginn: 19.30 Uhr, Eintritt frei. Höhepunkt wird der Titelkampf zwischen Bruno Black und Angelo Nero sein.

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