Schulalltag in einer Baustelle

28.7.2014, 06:00 Uhr
Schulalltag in einer Baustelle

© Scherer

Seit über zwei Jahren ist das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Baustelle. Bereits zuvor wurden die Verwaltungsräume saniert. Über 30 000 Kubikmeter umbauter Raum, in dem eine der größten Schulen Bayerns mit über 1400 Schülern untergebracht ist, werden generalüberholt – bei laufendem Schulbetrieb. Das schließt neben der energetischen Sanierung der Fassade die Erneuerung des Lüftungssystems sowie von Wasser- und Elektroleitungen ein. Zutage treten hinter den Verkleidungen aus der Bauzeit 1973/74 auch Dämmmaterial und Rohre, von denen bekannt ist, dass sie Asbest enthalten.

Am Mittwochabend wurden die Elternsprecher jetzt informiert, dass die Aula, deren Sanierung kurz bevor steht, über die Sommerferien hinaus Baustelle bleibt. Dann wird das Herz der Schule, das den Gymnasiasten in ihrer freien Zeit als Aufenthaltsraum dient, abschnittsweise abgesperrt. „Und während die Arbeiter an der Decke laborieren, können die Kinder im Dreck nebendran ihre Pausenbrote essen?“ Für eine Mutter ist das unfassbar: „Wieso kann man die Arbeiten nicht so organisieren, dass sie außerhalb der Unterrichtszeiten erledigt werden“, fragt sie.

„Wenn ich über 12 Millionen Euro verbaue, komme ich in 14 Wochen Ferien im Jahr nicht weit“, hält Armin Eckert, im Landratsamt verantwortlich für die Großbaustelle, dem entgegen. Und während der Ferien machten eben auch Handwerker Urlaub. Die Arbeiten an der Aula seien einfach zu umfangreich, um sie in sechs Wochen abzuwickeln. „Wir tun unser Möglichstes“, versichert der Architekt. Ausweichräume, gleich ob für Schüler oder Elternabende, ließen sich organisieren. Der über 250 Quadratmeter große Mehrzweckraum beispielsweise sei auf jeden Fall zu Schuljahresbeginn fertig saniert.

Eckert äußert Verständnis, dass nach zwei Jahren Bauzeit „Unmut entsteht“. Doch er und seine zwei Kollegen aus dem Landratsamt, die den Bau mit leiten, würden auf Klagen sofort reagieren. „Man kann jederzeit bei mir anrufen, wenn es Probleme gibt“, gerade wenn es um Sicherheitsbedenken gehe, sei er sofort da.

Währenddessen beklagen Schüler, dass Staub und Dreck zum dauerpräsenten Begleiter des Schulalltags geworden seien. Daran, dass an immer neuen Ecken im Gebäude Baustellen eingerichtet werden, an denen dann tagelang nichts passiere, „haben wir uns mehr oder weniger gewöhnt“, sagt ein Elftklässler. Ärgerlich werde es allerdings, wenn, was immer wieder passiere, Schlagbohrer, Hämmer oder Schleifer mitten im Unterricht loslegten. „Es ist auch schon vorgekommen, dass wir ein anderes Zimmer suchen mussten.“ Nicht auszuhalten etwa sei es, werde auf den Flachdächern Heiß-Bitumen für Abdichtungsarbeiten eingeschmolzen. Entsorgten Bauarbeiter dann auch noch Plastikfolien in den Schmelztiegeln, „ist das keine gute Atmosphäre für Unterricht“, findet der junge Mann. „So was darf natürlich nicht passieren“, sagt Eckert und bittet bei entsprechenden Beobachtungen, sofort informiert zu werden. „Aber wir brauchen natürlich konkrete Angaben und das zeitnah, nicht ein halbes Jahr später.“

Etwa 20 verschiedene Firmen sind derzeit zugange, deren Arbeiten aufeinander abgestimmt werden müssen. Doch jeder Zeitplan sei Makulatur, komme es zu Zwischenfällen, gleich, ob sich ein Gewerk nicht wie geplant abarbeiten lässt oder Arbeiten ausgesetzt werden müssen, weil Prüfungszeit ist. „Wir operieren quasi ständig am offenen Herzen“, doch nur so sei es überhaupt möglich, den Unterricht weiterlaufen zu lassen.

Während eine Lehrerin „generell zu wenig Rücksicht auf den Schulbetrieb“ beklagt („wir sind alle genervt“), sieht Direktor Beiersdorfer das weniger dramatisch. „Dafür, dass die Schule Baustelle ist, haben wir es ganz gut hingekriegt“, findet er. 19-fach seien die Stundenpläne seit Beginn der Arbeiten, während der blockweise immer etwa zwölf Klassenzimmer auf zwei Etagen übereinander saniert werden, neu geschrieben worden. Stünden Prüfungen an, könnten Klassen in Trakte wechseln, in die garantiert kein Lärm dringe. Dass es immer wieder passiere, dass einer von 120 Lehrern im Kollegium es versäume, das vorab zu regeln, sei menschlich. „Aber dafür können wir genau so wenig, wie wenn sich einzelne Handwerker nicht an die strikte Vorgabe halten, lärmende Arbeiten während der Unterrichtszeiten zu lassen.“

Für Pappler ist entscheidend, „dass die Kinder keinen Schaden nehmen und ungestört dem Unterricht folgen können“. Er wünscht sich generell mehr Rücksichtnahme, intensivere Reinigung und stärkere Kontrollen der Baustelle. „Was von der Bauleitung angewiesen und inwieweit es eingehalten wird, sind eben immer zwei paar Stiefel“, sagt er. Etliche der Eltern seien vom Fach und hätten ein ganz anderes Auge auf die Baustelle. Er dagegen könne nur den Aussagen der Bau- und der Schulleitung vertrauen. „Die Verunsicherung ist groß“, so Pappler. Anfragen von Eltern, ob es überhaupt noch unbedenklich sei, die Kinder in die Schule zu schicken, häufen sich bei ihm.

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