Alles auf Null! Hollerbach legt beim Hamburger SV los

22.1.2018, 18:48 Uhr
Mehr Schleudersitz geht kaum: Mit Bernd Hollerbach nimmt der 15. (!) Trainer in den letzten zehn Jahren auf der Bank des Hamburger SV platz.

© dpa Mehr Schleudersitz geht kaum: Mit Bernd Hollerbach nimmt der 15. (!) Trainer in den letzten zehn Jahren auf der Bank des Hamburger SV platz.

Der neue Hoffnungsträger Bernd Hollerbach hat beim taumelnden Dino der Fußball-Bundesliga den Neustart ausgerufen und Kampfgeist wie zu seinen besten Profizeiten präsentiert. "Was vorher war, lege ich ad acta. Ich bin ein Mensch, der eher an Chancen glaubt, als ans Scheitern", sagte der 48-Jährige am Montag bei seiner Vorstellung als Coach des Tabellenvorletzten.

"Ich habe der Mannschaft gesagt, dass auf jeder Position alles wieder offen ist. Ich reagiere grundsätzlich auf das, was die Spieler mir anbieten", betonte der Nachfolger des am Sonntag beurlaubten Markus Gisdol. Es sei immer sein Ziel gewesen, irgendwann zum Hamburger SV zurückzukehren. "Ich bin stolz, wieder hier zu sein, und werde alles dafür tun, dass wir unsere Ziele erreichen", versprach der Franke. Er kann wohl auch noch mit Verstärkungen für den Kader rechnen, wie Sportchef Jens Todt andeutete: "Der Trainer ist ganz stark in die Kaderplanung involviert. Wir sondieren ganz intensiv den Markt und sind nicht untätig."

Zuvor hatte der als Retter geholte Ex-Profi mit der Vereinsmütze auf dem Kopf und einer Trillerpfeife im Mund die erste Übungseinheit seines neuen Teams geleitet. Immer mal wieder ertönte ein schriller Pfiff, damit unterbrach der einst beinharte HSV-Linksverteidiger vor 200 Fans die Übungen und korrigierte seine tief im Abstiegssumpf steckenden Kicker. Nach etwa 100 Minuten war Schluss.

Am Mittag hatte der HSV ihn offiziell als Chefcoach und Gisdol-Nachfolger bestätigt. Sein Auftrag beim Tabellen-17. ist klar und schwierig zugleich: Klassenverbleib! Sollte seine Mission scheitern, hätte er aber gleich einen neuen Auftrag: Wiederaufstieg! Sein Vertrag beim HSV läuft bis 2019 und gilt auch für die 2. Liga. Vor der offiziellen Bestätigung war der Unterfranke mit seinem schwarzen Porsche Cayenne mit Würzburger Nummer auf den Parkplatz am Volksparkstadion gerollt. Die wartenden Kiebitze spendeten spontan Applaus. Jedoch hielten sich Optimismus und Skepsis die Waage. Denn die sportliche Situation um den über 130 Jahre alten Verein ist so ernst wie nie.

Alles auf Risiko

Der Deal mit Hollerbach birgt allerdings auch Risiken. Denn der frühere HSV-Abwehrspieler, der in der Zeit von 1996 und 2004 in allen Wettbewerben 224 Spiele für den Nordclub bestritt, hat bislang keine Bundesliga-Mannschaft als verantwortlicher Coach betreut. Allerdings hat er an der Seite von Felix Magath sowohl bei Meister VfL Wolfsburg (2009) als auch bei Schalke 04 Erstliga-Erfahrungen gesammelt.

"Wir hoffen natürlich, dass der neue Coach die Verunsicherung in der Mannschaft löst und die nötigen Impulse setzt", sagte Vorstandschef Heribert Bruchhagen. Hollerbach muss die Bremse bei den Profis lösen. Auch im mentalen Bereich hat die Mannschaft Defizite. Derzeit hindert sie mangelndes Selbstbewusstsein an erfolgreichem Fußball. Bis zu seinem Einstand am Samstag bei RB Leipzig bleibt nicht viel Zeit. "Wir werden viele Gespräche führen nach den vielen Negativerlebnissen", kündigte Hollerbach an.

Vor allem die Offensive lahmt. Nur 15 Tore stehen nach 19 Spielen zu Buche. Torjäger Bobby Wood (1) ist seit Monaten auf Formsuche. Auch André Hahn und Filip Kostic (je 2) hängen durch. Einzig der 18 Jahre alte Abiturient Fiete Arp macht Mut für eine bessere Zukunft. Hollerbach war seit gut einem halben Jahr vereinslos. Nach dem Abstieg seines Heimatvereins Würzburger Kickers aus der 2. Liga löste er den Vertrag auf. Nun strotzt er wieder vor Tatendrang. Die stets harte und engagierte Spielweise erwartet "Holleraxt" auch von seinen Schützlingen. Bekannt ist sein damaliger Leitspruch: "An mir kommt entweder der Ball vorbei oder der Gegner. Aber nie beide zusammen."

Nun muss er sich als Bundesliga-Trainer beweisen. Als Wundertäter hatte ihn 2016 Würzburgs ehrenamtlicher Bürgermeister Adolf Bauer getauft. Damals feierte eine ganze Region euphorisch den Aufstieg der Kickers in die 2. Liga. Hollerbach hätte nichts dagegen, wie damals auch in Hamburg für das "Wunder von Bernd" gefeiert zu werden.

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