Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

28.7.2011, 22:51 Uhr
Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

© Friedl Ulrich

Im Pokal-Wettbewerb kreuzten die Kontrahenten bisher dreimal die Klingen.  Ausschließlich wie jetzt in dessen Frühphase. Ausschließlich wie auch jetzt auf dem satten Grün der Bielefelder Alm. Mit Ausnahme der 2. Runde 1982/83 behielt der Club in den jeweiligen Kraftproben die Oberhand und sicherte sich so den Einzug in die nächste Runde. 

Zurück in den 80ern: Hintermaier serviert, Heidenreich dankt

Im Oktober 1981 löste Defensivspezialist Herbert Heidenreich nach rund einer Stunde das Ticket fürs Weiterkommen. In einer niveauarmen Begegnung war die Arminia zuvor feldüberlegen gewesen. Flügelflitzer Ewald Lienen, der sich nach dem letzten Liga-Kräftemessen mit dem FCN über dessen harte Gangart wortgewaltig beschwert hatte (“Totengräber des Fußballs“) und seine Mitstreiter fanden jedoch kein Mittel, um die stablile Franken-Defensive zu fordern.

Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

© Horst Linke

Nach der Pause zeigten sich die Schützlinge von Udo Klug, Nürnbergs neuem Trainer und Manager in Personalunion, im Vorwärtsgang zielstrebiger. Zumindest bei gelegentlichen Kontern. Ein schulbuchmäßig vorgetragener Angriffszug sorgte  für die Entscheidung: Der kleingewachsene, dennoch aufgerückte Heidenreich veredelte die Hereingabe des ansonsten blassen “Reini“ Hintermaier mit dem Kopf. Der Österreicher sollte die Fahrt aufnehmende Club-Pokalreise auch fortan, besonders im spektakulären Endspiel (2:4-Niederlage gegen den FC Bayern) prägen.

Positive Bielefeld-Erfahrungen hatte Nürnbergs Mittelfeld-Stratege rund ein Jahr zuvor gesammelt: Beim ersten Bundesliga-Sieg des FCN auf der Alm, den der Mann aus der Alpenrepublik mit seinen Spielkameraden im Dezember 1980 durch einen Doppelschlag bewerkstelligte.

 Zurück in den 80ern Teil zwei: Zuckerpässe auf weißem Geläuf

In dieser Partie war eine gut sortierte Abwehr inklusive Keeper Rudi Kargus Vorrausetzung dafür, dass der Club den Rückstand vermied. In den zehn Schlussminuten legten die Franken ein formidables Finish hin: Hintermaier setzte mit einem Musterpass Landsmann Oberacher gekonnt in Szene, der den FCN aus spitzem Winkel in Front brachte. Nur wenige Zeigerumdrehungen später zauberte der Club den nächsten Konter auf den schneebedeckten Bielefelder Rasen: “Schorsch“ Volkert ging mit dem Ball am Fuß spazieren und erspähte “Jogi“ Lieberwirth. Dieser münzte das perfekt getimte Zuspiel des Routiniers unter Zuhilfenahme des Innenpfostens in den den zweiten Nürnberger Treffer um.

Mitte Mai 1983 revanchierten sich die Bielefelder, indem sie dem Club eine saftige 0:3-Klatsche verpassten. Alle drei Treffer für die Ostwestfalen markierte Shootingstar Frank Pagelsdorf, der bereits in Duellen mit dem Club zuvor seine Treffsicherheit unter Beweis gestellt hatte.

Nervenstark: Weyerich besiegt den Auswärtsfluch

In seiner 111-jährigen triumph- und tränenreichen Geschichte war der FCN für so manche Schmonzette gut. Als er im September 1984 in der ersten Runde des Cup-Wettbewerbs zum klassenhöheren Deutschen Sportclub reiste, war er auswärts vor allem eines: extrem lange Zeit sieglos. 23 (!) Monate war der Club bis zu seinem Gastauftritt im Westen auf gegnerischem Feld ohne die maximale Punktausbeute geblieben. Nach einem packenden Pokal-Match, das die Nürnberger nach Verlängerung mit 3:1 zu ihren Gunsten entschieden, sah sich selbst der Stadionsprecher gemüßigt, den Gästen zu einem “historischen Moment“, dem ersten Sieg auf fremden Platz nach unvorstellbaren 692 Tagen zu gratulieren.

Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

© Günter Distler

In einem packenden Pokal-Fight überstand der Club die erste Drangphase der Arminia mit Glück und Geschick schadlos. Aufgrund eines Chancenplus – einschließlich Torgelegenheiten für den jungen Dieter Eckstein und Abwehr-Kante Horst Weyerich - hätte er zur Halbzeit führen müssen. Im zweiten Durchgang drückten indes die Ostwestfalen Richtung Nürnberger Gehäuse. Nach 90 abwechslungsreichen Minuten mussten die Akteure dann eine Extra-Schicht einlegen. In dieser brachte Bielefelds Japaner Ozaki seine Farben in Front. Die Mannen von Heinz Höher, die mit Kampfgeist und spielerischem Esprit energisch dagegenhielten, hatten vier Minuten nach dem Rückstand die passende Antwort parat: Nürnbergs Rekord-Spieler Thomas Brunner zeigte sich vom Punkt aus nervenstark. Nachdem Günter Güttler erhöht hatte, tütete der unter seiner Lockenmähne coole Horst Weyerich ebenfalls per Elfmeter den Zweitrunden-Einzug ein.

In der Liga begegneten sich die Kontrahenten mit wechselseitigem Erfolg. Dies ist kennzeichnend für die unstete Klassenzugehörigkeit der Vereine. Diese rangieren gleichauf an Spitze einer wenig schmeichelhaften Wertung. Mit jeweils sieben Auf- und Abstiegen aus der Fußball-Beletage sind der Club und die Arminia Fahrstuhlmannschaften par exellence. Während sich der FCN endlich in der 1. Liga etablieren möchte, ist das Oberhaus für die Bielefelder derzeit weit entfernt.  Eine unheilvolle Melange aus sportlicher Dauer-Talfahrt, Lizenzverstößen, Punktabzügen, Trainerwechseln und Managementfehlern mündete im Mai 2011 im Abstieg aus Liga zwei.

Von Heesen und Co. ärgern Gerlands Schmusekatzen

Nach der Saison 1995/96 hatten sich die Wege der Vereine in Liga zwei in umgekehrte Richtung getrennt. Die Arminen stiegen wiedermal auf, der Club stürzte in die Regionalliga Süd ab. Daran änderte auch das 2:2-Remis nichts, welches das Team von "Tiger" Hermann Gerland Ende März 1996 auf der Alm erzielte. Die Nürnberger Führung durch Markus Kurth beantworteten die Bielefelder um Spielmacher Thomas von Heesen nahezu postwendend. Verantwortlich für das 1:1 zeichnete sich Goalgetter Fritz Walter, der sich in dieser Saison ebenso wie Jahre für den VfB Stuttgart eine Liga höher die Torjäger-Krone erwarb. Der Kulmbacher Armin Eck sorgte nach der Pause für die Führung der Hausherren, ehe Peter Knäbel dem Club durch seinen Treffer zum 2:2 immerhin einen Zähler sicherte.

Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

© dpa

Rund vier Jahre später stand man sich erneut auf der Alm gegenüber; Goran Curko, Nürnbergs Schlussmann beim letzten Aufeinandertreffen, nun im Arminen-Kasten. Der FCN befand sich auf der Durchreise Richtung Oberhaus, aus dem die Arminia just abgestiegen war. Ex-Cluberer Christian Wück bachte die Gastgeber kurz vor dem Kabinengang ins Vordertreffen. Nach Wiederanpfiff hatte Martin Driller jedoch durch seinen siebten Treffer im siebten Spiel die prompte Reaktion parat: Der Goalgetter hämmerte die Kugel in die Maschen. Während sich die nun zusehends ideenloseren Bielefelder nachfolgend geschockt zeigten, setzten die Franken ihre Leistungssteigerung fort. Der aufgerückte Nils-Eric Johansson belohnte diese in der Schlussphase mit dem Siegtreffer zum 2:1.

Driller wird erneut zum Arminen-Schreck

Anfang November 2002, die Arminia war dem Club mittlerweile in die 1. Liga gefolgt, mutierte Martin Driller bei Nürnbergs schmeichelhaften 1:0-Auswärtserfolg erneut zum Arminen-Schreck. Die von Benno Möhlmann trainierten Ostwestfalen ließen gute Torgelegenheiten liegen oder scheiterten am glänzend aufgelegten Darius Kampa im FCN-Gehäuse. Der Club nutzte hingegen eine seiner wenigen Chancen zum Sieg. Es nutzte nichts - am Ende der Spielzeit trat der Club - wie übrigens auch die Arminia - erneut den erniedrigenden Gang in die Zweitklassigkeit an.

Als Heidenreich die Arminia rauskegelte

© NN/Rudolf Contino

In der Anschlusssaison ließen sie diese gemeinsam hinter sich. Beim 3:1-Erfolg auf der Alm dudelten Robert Vittek und Sven Müller den Ball zweimal über die Linie, ehe nicht der damalige Arminen-Stürmer Isaac Boakye, sondern Abwehrmann Petr Gabriel die Gastgeber mit dem Halbzeitpfiff auf 1:2 heranbrachte. Die Hoffnungen der Bielefelder, gegen den neunmaligen Deutschen Meister etwas Zählbares zu erreichen, erstickte der starke Jacek Krzynowek  durch seinen abgefälschten Schuss ins Glück.

Die letzten beiden Dienstreisen in die, im Sponsoren-Deutsch auch als Schüco-Arena bekannte Sportstätte waren für den Club wenig erquicklich. Anfang März 2007 führte der FCN nach einer Viertelstunde. Je ein Treffer kurz vor und kurz nach der Pause bewerkstelligten allerdings die Wende zugunsten der Arminen. Nach dem Ausgleich, den Marco Engelhardt per Drehschuss erzielte, schien es, als ob der Club immerhin einen Zähler aus Ostwestfalen entführen könnte. 

Böhme zeigt's seinem Ex-Verein

Kurz darauf sorgten jedoch ein kapitaler Reinhardt-Bock und Jörg Böhme, 1994/95 selbst im FCN-Dress aktiv, für das Bielefelder 3:2!

Ebenfalls drei Stück kassierten die Nürnberger in ihrer Abstiegssaison 2007/08. Der mittlerweile abgewanderte Ex-Kapitän Andy Wolf brachte den Club in Front. Bei Abpfiff stand eine 1:3-Auswärtsschlappe zu Buche. Die fehlenden Punkte sollten in der Endabrechnung ins Kontor schlagen: Der 1. FCN stieg ab, der DSC hielt auf Rang 15 mit drei Punkten Vorsprung die Klasse. Die Liga-Zugehörigkeiten haben sich mittlerweile massiv verändert. Im Pokal jedenfalls will der Club wie im Herbst 1981 auf der Alm, die nächste Runde klarmachen.

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